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Der letzte Beweis

Der letzte Beweis

Titel: Der letzte Beweis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Turow
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Es war noch nicht richtig Herbst, und er hatte vergessen, einen Mantel mitzunehmen. Aber ihm machte nicht nur die Kälte zu schaffen. Er hatte sich noch immer nicht von dem erholt, was Harnason gesagt hatte: dass Rusty ihm erzählt habe, er hätte Carolyn nicht umgebracht. Abgesehen von Tommys eigenem Interesse in dieser Angelegenheit brachte das Brands Theorie ins Wanken. Entweder Sabich war ein Mörder, oder er war es nicht. Entweder beide Frauen oder keine; das sagte einem die Erfahrung.
    »Die Bemerkung über den ersten Mord will mir einfach nicht aus dem Kopf«, sagte Tommy.
    »Sabich hat gelogen«, entgegnete Brand. »Bloß weil er sich bei dem Typen aus dem Fenster gelehnt hat, heißt das noch lange nicht, dass er ihm auch einen Mord gestehen würde. Außerdem gibt es da eine Möglichkeit, das eindeutig festzustellen.«
    Er sprach erneut von der DNS.
    »Noch nicht«, sagte Tommy. Dafür war es noch zu früh. »Also hilf mir auf die Sprünge. Wie hat dieser komische Vogel es noch mal geschafft, beinahe davonzukommen?«
    »Welcher Vogel, Boss? Die Auswahl ist gar reich.«
    »Harnason. Er hat seinen Freund mit Arsenik vergiftet, richtig?«
    »Richtig. Aber das ist heutzutage ein ziemlich seltenes Gift. Man kommt schwer dran, und es gehört nicht zu den Substanzen, auf die bei der routinemäßigen toxikologischen Untersuchung getestet wird.«
    Tommy blieb stehen. Brand machte nur noch einen Schritt mehr.
    »Was ist?«, fragte Brand.
    »Sabich war einer der Richter in dem Fall, nicht? Er weiß das alles. Er weiß, auf was alles bei einer normalen toxikologischen Untersuchung getestet wird und auf was nicht?«
    »Das steht definitiv in den Akten.«
    Vorsichtig, ermahnte Tommy sich selbst. Vorsichtig. Das war der Tempel des Todes. Er wusste es und stolperte trotzdem munter weiter darauf zu.
    »Volle massenspektrometrische Untersuchung von Barbaras Blut?«, fragte Brand.
    »Sprich mit dem Toxikologen.«
    »Also soll er eine machen«, sagte Brand. »Das müssen wir tun. Eigenartiges Verhalten nach ihrem Tod. Eine Affäre. Interesse an einem Giftmord. Wir machen nur unsere Arbeit, Boss. Wir müssen es machen.«
    Es hörte sich richtig an. Aber Tommy war nach wie vor aufgewühlt, von dem Gefängnis, von Harnason, der wirklich ein eigenartiger Kauz war, und von der beunruhigenden Idee, dass er Sabich tatsächlich auf der Spur war.
    Er und Jim sprachen darüber, wie sie die massenspektrometrische Untersuchung möglichst unauffällig veranlassen könnten, dann trennten sie sich. Tommy ging durch den dritten Stock des Parkhauses zu seinem Wagen. Um diese Uhrzeit war es hier drin gefährlicher als auf der Straße. Vor ein paar Jahren war mal einer der Richter hier überfallen worden, aber noch immer gab es kein Sicherheitspersonal. Der Bereich, wo tagsüber die Autos parkten, lag tief im Dunkeln, und Tommy hielt sich in der Mitte. Aber die bedrohliche Atmosphäre löste etwas in ihm aus, eine Idee drängte nach oben, in der er zum ersten Mal nicht nur das Risiko wahrnahm, sondern auch die Erregung.
    Vielleicht, so dachte Tommy plötzlich. Vielleicht hatte Rusty es ja wirklich getan.
     
    Rustys Geburtstag 19.03.2007 - Barbaras Tod 29.09.2008 - Die Wahl 04.11.2008
     

Kapitel 11
    Rusty, 2. September 2008
     
    Das Telefon in meinem Amtszimmer klingelt, und schon, als ich ihre Stimme höre, nur das erste Wort, sinke ich fast in die Knie. Es ist etwas über sechs Monate her, dass ich sie zuletzt gesehen habe, als sie vorbeikam, um mit meiner Assistentin zum Lunch zu gehen, und gut ein Jahr seit dem Ende unserer Affäre.
    »Oh«, sagt sie. »Ich hab gar nicht damit gerechnet, dass du rangehst. Ich dachte, du wärst irgendwo unterwegs und machst Wahlkampf.«
    »Bist du enttäuscht?«, frage ich. Sie lacht, wie sie immer lacht, eine herzhafte Umarmung der Freuden des Lebens. »Ich bin's, Anna«, sagt sie.
    »Ich weiß«, sage ich. Ich werde es immer wissen, aber es wäre sinnlos, die Dinge noch schwerer für sie oder mich zu machen.
    »Ich muss dich sehen. Möglichst noch heute.«
    »Irgendwas Wichtiges?«
    »Für mich? Ja.«
    »Alles in Ordnung mit dir?«
    »Ich denke, ja.«
    »Du klingst ein bisschen geheimnisvoll.«
    »Bitte nicht am Telefon.«
    »Wo sollen wir uns treffen?«
    »Ich weiß nicht. Irgendwo, wo es ruhig ist. Die Bar im Dulcimer? City View oder wie die heißt?«
    Ich lege den Hörer auf, und die einzelnen Teile des Gesprächs schwirren mir durch den Kopf. Das mit Anna war für mich nie wirklich zu Ende. Das

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