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Der letzte Bissen

Der letzte Bissen

Titel: Der letzte Bissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Ard
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dass in der Asservatenkammer nur die zuverlässigsten Beamten eingesetzt wurden. Wie konnte sie die Frau dazu bringen, ihre Quelle preiszugeben?
    Sarah kam nicht dazu, sich eine Gesprächsstrategie auszudenken, denn ihr Blick fiel auf einen Mann im Rollstuhl, der sich für eine afrikanische Buschziege zu interessieren schien.
    Es war ein schwarzer Rollstuhl, der Mann trug eine dunkle Hose und ein schwarzes Sakko. The man in white hatte die Farben gewechselt.
    Als sich Sarah wieder umdrehte, war die elegante Frau verschwunden und damit auch jegliche direkte Möglichkeit für weitere Recherchen.
    Die Menschenmenge wurde unruhig. Es gab ein »Ahhh« aus hundert Mündern, als ein Pfleger ein Stück Fleisch in den Löwenkäfig warf. Gierig stürzten sich zwei der Tiere darauf. Sarah wandte sich ab. Hinter ihr stand ein alter Mann. Er schien nicht zu bemerken, dass ihm ein dünner Faden Speichel aus dem Mundwinkel rann. Angeekelt schaffte Sarah Distanz zwischen sich und den abscheulichen, geschmacklosen und perversen Rufen der Spanner vor dem Löwengehege.
     
    Günther Wollweber schaute auf seine Armbanduhr. Es war fünf Minuten nach fünf. Er hasste Unpünktlichkeit. Außerdem war es eine Unverschämtheit, ihn warten zu lassen. Noch war er die Nummer eins. Wollte ihn dieser Emporkömmling demütigen?
    War es vielleicht falsch, den Vorstoß für Verhandlungen zu machen? Hätte er auf seinen Sohn hören sollen?
    Eine weiche Männerstimme riss ihn aus seinen Gedanken. »Heißer Tag heute, nicht wahr?«
    Neben Wollweber trat ein Mann um die fünfzig. Glatze, volles Gesicht, braune Augen, die hinter einer getönten Brille versteckt waren. Der Mann trug einen eleganten Anzug.
    Wollweber nickte und musterte den Anwalt. »Ich hatte Sie mir anders vorgestellt.«
    »Ich habe meine Grubenlampe im Wagen gelassen.«
    »Woher weiß ich, dass ich mit dem Richtigen rede?«
    »Ich könnte Ihnen das Lied Der Steiger kommt Vorsingen.«
    Das fand Wollweber nicht witzig.
    Harder zuckte mit den Achseln. »Wollen Sie nun mit mir reden oder nicht?«
    Vom Löwengehege drangen ein »Ahhh« und »Ohhh« zu ihnen herüber.
    Carsten Harder blickte sich um. Für die Affen interessierten sich im Moment nur wenige Besucher. Ein Vater mit seiner Tochter, ein älterer Mann, der Nüsse in einen Käfig mit Schimpansen warf, eine attraktive schwarzhaarige Frau, Mitte dreißig, die das Schild am Paviankäfig studierte.
    Günther Wollweber dirigierte den Rollstuhl neben eine Parkbank und zog die Bremsen an. Er forderte Harder mit einer Handbewegung auf, sich auf die Bank zu setzen.
    »Danke, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind!«
    »Keine Ursache. Um was geht es?«
    Günther Wollweber wartete, bis Harder es sich bequem gemacht hatte.
    »Wenn wir uns gegenseitig das Leben schwer machen, nutzt das nur den anderen. Es wäre doch gut, wenn wir unsere Kräfte bündeln und Zusammenarbeiten würden. «
    Der Anwalt lehnte sich zurück. »Bei allem Respekt, Herr Wollweber. Ich kontrolliere mittlerweile sechzig Prozent des Marktes in Berlin. In Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg habe ich Sie ganz verdrängt, im Saarland und in Rheinland-Pfalz verlieren Sie dramatisch an Einfluss...«
    Wollweber stoppte den Redefluss des Anwalts mit einer Handbewegung. »Ich kenne die Zahlen.«
    »Dann wissen Sie, dass ein neues Zeitalter angebrochen ist- Ihres ist vorbei. Sie wollen Waffenstillstand? Sie haben nichts anzubieten, was mir nutzen könnte. So oder so werde ich Sie vom Markt verdrängen. Warum sollte ich mich mit Ihnen verständigen?«
    Wollweber richtete sich im Rollstuhl auf. »Sie wissen, Welche Gesetze die Regierung nächste Woche im Bundestag einbringen will. Die Zeiten werden härter. Nicht nur für mich, auch für Sie.«
    Der Anwalt nickte. »Ich würde diese Regierung lieber heute als morgen aus dem Amt jagen!«
    »Sie besitzen dazu nicht die Mittel und Möglichkeiten. Aber ich!« Der Alte zog eine kleine Videokamera aus seiner Jackentasche, drückte die Starttaste und reichte das Gerät an den Anwalt weiter.
    Wortlos nahm der das Teil entgegen und blickte auf den kleinen Monitor.
    Nach zwei Minuten ließ Harder die Kamera sinken. Das, was er gesehen hatte, hatte ihm genügt. Er gab Wollweber den Apparat zurück und erhob sich. »Ich bin beeindruckt. Wir sollten ein zweites Treffen vereinbaren.«
     
    Der alte Mann am Schimpansenkäfig hatte seinen Vorrat an Nüssen verfüttert und war weitergegangen. Sarah stand allein vor den Pavianen und schwenkte den

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