Der letzte Bissen
seinen Blick nicht von Boris Wollweber und seinem Gesprächspartner lassen. Der Kellner deutete mit dem Kopf auf einen Mann Ende zwanzig, der an einem Nebentisch mit dem Rücken zur Tür saß.
»Ist was mit Ihnen?« Sarah war irritiert. Sie machte Anstalten, sich umzudrehen.
»Drehen Sie sich bitte nicht um. Boris Wollweber ist gerade hereingekommen.«
»Vielleicht isst er zur Abwechslung auch mal vegetarisch.«
»Wissen Sie nicht, dass die Artischocke den Wollwebers gehört?«
An Sarahs Gesichtsausdruck war abzulesen, dass dies eine Neuigkeit für sie darstellte. Bastian genoss seinen Wissens-vorsprung.
Unauffällig folgte sein Blick Boris Wollweber und dem Kellner, die an dem Gast vorbeigingen, über den sie offensichtlich gerade noch geredet hatten. Der Mann wollte aufspringen, aber der Kellner drückte ihn zurück auf den Stuhl. Boris Wollweber verschwand hinter einem hölzernen Raumteiler, der die Sicht auf die Garderobe und die Toiletten verstellte.
Es dauerte eine lange Minute, bis der Kellner den Mann am Nebentisch von der Kette ließ. Der Mann zupfte nervös an seiner Jacke herum und verschwand ebenfalls hinter dem Raumteiler.
Der Kellner schaute sich um, Sarah und Bastian senkten ihre Blicke. Als der Narbige zum Nebentisch gerufen wurde, stand Sarah auf.
»Ich muss mal für kleine Mädchen!«
Hinter dem Raumteiler folgte sie dem Schild, das den Weg zu den Toilettenräumen wies. Die Reise endete vor drei Türen, eine führte zur Herren-, eine zur Damentoilette, eine in Privaträume.
Sarah sah sichernd zurück und lauschte an der Tür zur Herrentoilette.
Dort herrschte Stille. Sie hielt es für unwahrscheinlich, dass die beiden Männer in der Damentoilette verschwunden waren, und legte ihr Ohr daher an die Tür mit der Aufschrift: privat.
Hinter der Tür stand sich Froese die Beine in den Bauch. Boris Wollweber nahm ihn nicht zur Kenntnis, sondern telefonierte mit seinem Handy in einer für Froese unverständlichen Sprache. Froese nahm an, dass es Russisch war. Er hatte mal mit einer russischen Prostituierten gevögelt. Die Frau hatte zwar nicht viel mit ihm gesprochen, aber kräftig geflucht, als er ihr einen Zwanziger für die geleistete Zugabe verweigern wollte.
Der kleine Raum diente als Lager für das Restaurant. Froese entdeckte Tischdecken, Kerzen, Blumenvasen und Ersatzbirnen in den Regalen.
Er griff in einen Karton mit Messerbänkchen und nahm das Teil in Augenschein. Er hatte keine Ahnung, wofür man es benutzte. Kurz spürte er das Verlangen, es in seine Tasche zu stecken, um Erkundigungen einziehen zu können, aber ein Blick von Wollweber reichte als Ermahnung.
Boris beendete endlich sein Telefonat, steckte das Handy in seine Jackentasche und zog ein silbernes Etui hervor.
Schweigend musterte er den strammstehenden Froese. »Wie war nochmal Ihr Name?«
»Froese!«
»Und? Wie gehen die Geschäfte?«
Froese kratzte sich am Haaransatz. Er suchte in seinem Fundus nach einer originellen Antwort, aber der Wirtschaftsteil der FAZ gehörte nicht zu seiner bevorzugten Lektüre. »Die einen sagen so, die anderen so.«
Boris Wollweber fingerte eine Zigarette aus dem Etui und steckte sie an. »Rauchen Sie?«, fragte er Froese, der darauf brannte, seine Nachricht an den Mann zu bringen.
Froese nickte und schob die Hand vor.
Unbeeindruckt klappte Boris Wollweber das Etui zu und ließ es wieder in der Tasche seines Jacketts verschwinden. »Schlechte Angewohnheit«, sagte er und beendete damit den Smalltalk. »Was haben Sie mir auszurichten?«
»Siebzehn Uhr. Zoo, bei den Affenkäfigen!«
»Ist das alles?«
»Bodyguards bleiben am Eingang, keine Waffen.«
13.
Eine Hand legte sich auf Sarahs Schulter. Sie erschrak zu Tode und hätte aufgeschrien, wenn Bastian ihr nicht gleichzeitig seine andere Hand auf den Mund gepresst hätte. Er schaute sie fragend an, sie nickte und deutete auf das Zimmer, vor dem sie standen.
Bastian drückte sein Ohr an die Tür, hörte aber nichts. Doch er spürte, wie sich die Klinke bewegte. Zur Damentoilette war es zu weit, Bastian zerrte Sarah in die Herrentoilette und schloss die Tür.
Die beiden schauten sich um. Es gab drei Kabinen, Urinale, zwei Waschbecken und ein vergittertes Fenster.
Vom Flur vernahmen sie die Stimme von Boris Wollweber. »Nehmen Sie doch bitte wieder Platz und bestellen Sie, wonach Ihnen ist. Sie sind mein Gast!«
Schritte entfernten sich, andere kamen näher. Sie erkannten die Stimme des Kellners.
»Das Paar von
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