Der letzte Bissen
hier. Ich glaube, wir haben ein Problem.«
Das Problem saß in Bastians Lieblingskneipe und spülte den Frust mit Gin Tonic hinunter. Auf dem Weg zur Bar hatten Bastian und Sarah gestritten, ob es richtig gewesen war, ihren Chef einzuschalten. Sarah hatte von Anfang an Bedenken gehabt, aber Bastian war die Rückendeckung durch ihren neuen Chef wichtig gewesen. Wenn er gewusst hätte, dass sie einen Tritt in den Arsch bekommen würden, hätte er besser geschwiegen. Das Kapitel war nach dem dritten Gin Tonic durch.
»Warum bist du eigentlich Polizist geworden?«, fragte Sarah.
Bastian tischte ihr die hundertmal erzählte Legende von den spannenden Aufgaben, der Freude am Umgang mit Menschen, vom faszinierenden Blick in das Innenleben von Opfern und Tätern auf.
Warum sollte er ihr erzählen, dass die Beschäftigung mit den Problemen anderer Leute ihm so gut in den Kram passte) weil er sich dann nicht mit seinen eigenen Schwächen und Problemen rumschlagen musste?
Sarah hing ihren eigenen Sorgen nach und ihr Nachfragen war nicht besonders engagiert. So plapperte er weiter und mit jedem Gin wurde seine Zunge schwerer.
»Und warum bist du solo?«
Mit einem Mal war Bastian hellwach. Jetzt durfte er nichts Falsches sagen. »Du kennst doch unseren Job!«
»Scheißantwort.«
»Okay, ich will ja nicht sagen, dass immer und nur der Job schuld ist, wenn eine Beziehung in die Brüche geht, aber es hat schon was mit dem Stress und den unmöglichen Arbeitszeiten zu tun.«
»Tausende Polizisten sind glücklich verheiratet.«
»Vielleicht liegt es dann daran, dass ich Einzelkind bin. Unfähig zur Kommunikation.«
»Ach, komm!«
»Was willst du denn hören?«
»Was war mit deiner letzten Beziehung?«
»Das ist zwei Jahre her. Sie hieß Hanna und war Lyrikerin. Kennst du das Gedicht über die irische Frühlingskartoffel? Hat letztes Jahr den Lyrikpreis gewonnen.«
»Kenn ich. Das ist von deiner Verflossenen?«
»Ja. Aber ein Bulle und eine Lyrikerin, das konnte nicht gut gehen. Wir haben in verschiedenen Welten gelebt.«
»Was ist mit One-Night-Stands?«
»Das wird mir langsam zu intim. Ich frag ja auch nicht, ob dein Imogen gut im Bett ist und du schreist, wenn du kommst.«
»Sorry.«
Sarah trank ihr Glas aus. »Das geht mich wirklich nichts an. Ich rede dummes Zeug. Ich bin einfach nur gefrustet.«
»Noch einen Gin?«
»Danke, ich hab genug.« Sie zog einen Zehn-Euro-Schein aus ihrem Portmonee und legte ihn neben das Glas. »Wir sehen uns morgen!«
»Gute Nacht, Schatz!«
Sarah schenkte ihrem Kollegen ein gequältes Lächeln und verließ die Kneipe.
Bastian starrte auf ihren Hintern und dachte an Hanna, die ihn morgens mit Gedichten geweckt hatte, die sie in schlaflosen Nächten gereimt hatte.
>Verschiedene Welten< war eine nette Umschreibung für den Umstand, dass ihn die Rohköstlerin Hanna wegen seines Fleischkonsums verlassen hatte. Sie hatte ihn bei der Zubereitung einer Lammkeule im Käsemantel überrascht und sofort ihre Sachen gepackt. Als sie den Preis gewann, hatte er sie besucht und einen Strauß Blumen mitgebracht. Sie hatte ihn lächelnd entgegengenommen, gesagt, dass die Blumen Wasser brauchten, und sie ins Klo geworfen.
16.
Sarah war nervös. Sie rieb die Finger aneinander und bemerkte, dass sie schweißnasse Hände hatte. Sie zog ein weißes Taschentuch aus ihrer Umhängetasche und trocknete sich den Schweiß ab. Heute Morgen hatte sie eine halbe Stunde im Bad zugebracht und eine weitere halbe Stunde vor dem Kleiderschrank. Zuerst hatte sie ein figurbetontes Kostüm ausgewählt, sich dann aber darin overdressed gefühlt. Ihre Entscheidung war auf eine Jeans und eine weiße Bluse gefallen, über der sie eine elegante Jacke trug. Sie hatte sich dezent geschminkt und nach dem Frühstück fünf Minuten die Zähne geputzt.
Es war ihr ganz recht gewesen, dass Imogen im Bett geblieben war, um seinen Rausch auszuschlafen. Er war erst spät zurückgekommen, offenbar von einem Geschäftsessen. Sarah war sich darüber klar geworden, dass ihre Beziehung mit Imogen an einem Tiefpunkt angelangt war. Sie war weit davon entfernt, allein Imogen die Schuld für die erkalteten Gefühle zu geben, aber seine wachsende Überheblichkeit, seine zunehmende Arroganz und Selbstgefälligkeit gingen ihr gehörig auf den Wecker. Sie konnte es nicht ertragen, wenn Imogen auf der heimischen Couch über die »blutarme Kanzlerin und ihre vegetarische Mission« herzog, in der Öffentlichkeit jedoch ihre Fahnen
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