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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Einwohner von Nord-Oxford einmal als X. Wir können davon ausgehen, daß unser Mörder ein Mann ist. Wieso wir das können? Weil, meine Damen und Herren, das Mädchen nicht nur ermordet, sondern auch vergewaltigt worden ist. Dies ist eine Tatsache, und wir werden, wenn es zum Prozeß kommt, mit einer medizinischen Kapazität aufwarten können, die in diesem Sinne gutachten wird …« Morse hatte vom vielen Reden eine trockene Kehle und stärkte sich mit einem Bier. »Wir haben also guten Grund zu der Annahme, daß der Mörder ein Mann ist, und können deshalb unsere Zahl X durch – sagen wir mal – vier teilen, denn Frauen und Kinder kommen für dieses Verbrechen nicht in Betracht. Und läßt sich die Gruppe der Männer jetzt noch weiter unterteilen? Ja. Wir können den Versuch machen, sein Alter zu schätzen. Mich auf eine exakte Zahl festzulegen, erscheint mir etwas riskant, aber ich traue mir zu, eine Spanne anzugeben. Selbst das wird Ihnen vielleicht als zu gewagt erscheinen … Also, ich würde sagen, daß er zwischen 35 und 45 ist. Ich habe für diese Annahme meine Gründe, die ich aber hier nicht näher ausführen möchte …« Morse wußte, daß es Dinge gab, die, einmal ausgesprochen, sofort an Plausibilität verloren. Er hatte das schon mehr als einmal erlebt und wollte nicht durch Zweifel behindert werden. Jetzt stand bereits die dritte Unterteilung an. Bisher war doch alles sehr logisch gewesen, oder etwa nicht? »Fahren wir also fort. Welche weitere Annahme läßt sich aufstellen? Ich gehe davon aus, daß der Mann, den wir suchen, verheiratet ist. Warum ich das tue, erscheint mir im Moment zu schwierig, Ihnen zu vermitteln.« Jetzt begab er sich in der Tat auf sehr unsicheren Boden, aber der Weg stand ihm eigentlich zunehmend deutlicher vor Augen, nicht mehr nur nebelhaft wie zu Anfang. Er faßte neuen Mut. »Diese Annahme, zusammen mit den anderen bereits von uns gemachten, bedeutet, daß wir immer engere Kreise um unseren Mann ziehen. Und von Mal zu Mal bekommt er genauere Konturen. Aber noch hat ihn unsere Kamera nicht im Focus. Ist es möglich, den Suchradius noch zu verkleinern? Ja. Ich denke, das müßte gehen. Der Gesuchte ist ein Pub-Besucher. Das scheint mir eine zulässige Schlußfolgerung und ist, glaube ich, mehr als nur eine Hypothese. Schließlich wurde die Tat im Hof eines Pubs begangen.« Morse merkte auf einmal, wie er müde wurde. Sein Fuß hatte wieder zu schmerzen begonnen, und er konnte sich nicht mehr richtig konzentrieren. Daran war sicher auch das viele Aspirin schuld. Er schloß die Augen und versuchte, sich wieder zu sammeln.
    Man durfte wohl voraussetzen, daß der Mann, was seine Intelligenz anging, sich unter den oberen 5 Prozent befand. Jennifer würde sich bestimmt nicht mit einem Trottel abgeben. Auch der Brief ließ diesen Rückschluß zu: clever und gebildet. Wenn er derjenige war, der den Brief geschrieben hatte … Wenn, wenn, wenn. Nächste Unterteilung. Was ließ sich noch über ihn sagen? Wirkt anziehend auf Frauen. Damit ließ sich allerdings nicht viel anfangen. Zu vage. Was noch? Das Auto! Beinahe hätte er das Auto vergessen, das war durchaus ein Unterscheidungskennzeichen. Nicht jeder besaß schließlich einen Wagen. Wie groß würde der Prozentsatz von Autobesitzern in Nord-Oxford sein? Egal – das hatte Zeit bis später. Weiter. Nur jetzt keine Verzögerung, gleich war er da … Nicht irgendein Auto – ein rotes Auto! Ein letztes, wesentliches Merkmal, um ihn auszusondern. Er war am Ziel. Jetzt konnte er erst einmal von ihm ablassen. Der Fuß tat schon gar nicht mehr so weh. Er fühlte sich eigentlich ganz wohl … ganz wohl …
    Gegen vier weckte ihn Lewis, der es noch nicht heraus hatte, die Tür leise aufzuschließen. Als er ins Schlafzimmer trat, hatte Morse sich schon im Bett aufgesetzt und schrieb in fieberhafter Eile, um die Gedanken, die ihm jetzt so klar waren, festzuhalten, bevor sie sich wieder verflüchtigten.
    »Setzen Sie sich, Lewis! Ich kann Sie gleich gebrauchen, es dauert nur noch einen Augenblick.« Er fuhr fort zu schreiben. Ein paar Minuten später hob er den Kopf: »Lewis, ich werde Ihnen jetzt einige Fragen stellen. Denken Sie sorgfältig nach – ich will keine übereilten Antworten! –, und dann möchte ich ein paar vernünftige Angaben von Ihnen. Sie werden zwar raten müssen, aber trotzdem – geben Sie sich Mühe.«
    Das kann ja heiter werden, dachte Lewis.
    »Sergeant, wie viele Menschen wohnen in Nord-Oxford?«
    »Was meinen

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