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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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nach Woodstock zu einem dieser heimlichen Treffen unterwegs. Wir hatten uns für Viertel nach sieben neben dem Tor zur Auffahrt von Blenheim Palace verabredet. Ich parkte meinen Wagen vor dem Bear Hotel und ging den Rest zu Fuß.
    Sie wartete schon auf mich, als ich kam. Wir machten einen Spaziergang zwischen den Bäumen und gingen zum See hinunter – dieser Park ist einer der schönsten Flecken Erde, die ich kenne. Wir wußten, daß wir immer in Gefahr waren, von jemandem gesehen zu werden, der uns kannte, weil viele Leute aus Oxford hier herauskommen. Einerseits erhöhte das Risiko vermutlich den Reiz, andererseits versuchten wir, innerhalb des gegebenen Rahmens doch vorsichtig zu sein.
    Ich glaube, ich kann es damit genug sein lassen. Von dem Mord las ich Donnerstag abend in der Oxford Mail , Freitag abend sah ich dann im Fernsehen Ihren Appell. Es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, daß ich Sie gleich am selben Abend noch anrufen wollte. Ich ging sogar zu einer Telefonzelle am Ende meiner Straße. Sie war besetzt, und ich stellte mich davor, um zu warten, wie ich glaubte, fest entschlossen, Sie noch an diesem Abend zu informieren. Aber ich merke, daß ich dabei bin, mein Versäumnis zu erläutern, damit es weniger schwerwiegend erscheint. Ich weiß jedoch nur zu gut, daß es tatsächlich keine wie auch immer geartete Entschuldigung dafür gibt, und muß bekennen, was Ihnen ohnehin klar sein wird, daß ich mich auch jetzt nicht aus eigenem Antrieb gemeldet habe. Als heute morgen einer Ihrer Constables bei mir vorbeikam, wußte ich sofort, daß dies keine Routinenachforschung wegen gestohlener Autos war, sondern ein Besuch, der mir ganz persönlich galt. Meiner Frau gegenüber benutzte ich als Erklärung, warum ich heute nachmittag bei Ihnen vorsprechen wollte, die Version, die mir der Constable für sein Erscheinen gegeben hatte.
    Ich würde alles in meiner Macht stehende tun, um zu verhindern, daß die Gefühle meiner Frau gekränkt werden, doch ist es nicht unwahrscheinlich, daß dies – durch meine Schuld – bereits geschehen ist. Ich möchte an dieser Stelle die bereits oben vorgebrachte Bitte nach äußerster Diskretion, insbesondere bezüglich der Teile meiner Ausführungen, die diese Ermittlungen nur eher indirekt berühren können, noch einmal wiederholen.
    Daß es mir sehr leid tut, Ihnen durch mein Verhalten zusätzliche Schwierigkeiten gemacht und nicht unbeträchtliche Mehrarbeit verursacht zu haben, ist – so hoffe ich – durch das Vorhergehende hinreichend deutlich geworden. Für den Fall, daß ich mich diesbezüglich irren sollte, möchte ich Sie jedoch hiermit noch einmal in aller Form für mein Verhalten, das allein von egoistischen Motiven geleitet wurde, um Entschuldigung bitten.
    Mit verbindlichen Grüßen
    Ihr Bernard Michael Crowther
     
    Morse ließ sich mit dem Lesen Zeit. Als er fertig war, sah er Crowther über den Tisch hinweg an, blickte dann wieder auf die eng beschriebenen Bögen und las sie mit womöglich noch größerer Aufmerksamkeit ein zweites Mal. Danach beugte er sich etwas nach vorn, hob vorsichtig den bandagierten Fuß auf sein linkes Knie, betastete ihn einen Moment behutsam und lehnte sich dann in seinem Ledersessel zurück.
    »Ich habe mir letzten Dienstag den Fuß verletzt.«
    »Das muß sehr schmerzhaft sein, nehme ich an. Ein Freund von mir, der Arzt ist, hat mir einmal gesagt, daß Hand- und Fußverletzungen besonders weh täten, weil immer gleich so viele Nervenenden betroffen seien.«
    Morse empfand seine Art zu sprechen und auch die Stimme selbst als angenehm. Er sah ihm in die Augen. Crowther gab den Blick ruhig zurück. Morse hatte das Gefühl, einen Mann vor sich zu haben, der um Integrität bemüht war, und empfand darüber fast so etwas wie Enttäuschung. Er hatte sich bereits vor dem Ziel geglaubt und mußte jetzt erkennen, daß es für Erfolgsmeldungen noch zu früh war. »Tja«, nahm Morse den Gesprächsfaden wieder auf, »Spaziergänge im Park von Schloß Blenheim sind mir nicht möglich.«
    »Mir auch nicht mehr«, entgegnete Crowther.
    »Muß sehr aufregend sein, so ganz im verborgenen nebenbei etwas laufen zu haben.«
    »So wie Sie das sagen, klingt es nach einem billigen Abenteuer.«
    »War es das nicht?«
    »Ich habe es anders erlebt.«
    »Treffen Sie sich noch mit ihr?«
    »Nein, und ich hoffe, daß derartige Irrungen jetzt für immer hinter mir liegen.«
    »Sie haben sie seit dem Mittwochabend nicht mehr wiedergesehen?«
    »Nein. Es ist

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