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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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war, daß die Blonde es übernommen hatte, sich an die Straße zu stellen. Sie hatte dunkles Haar und war, wenn ich mich recht erinnere, ein paar Zentimeter größer als die andere … Keine sehr detaillierte Beschreibung«, sagte Morse. »Aber hier muß irgendwo noch etwas stehen.« Seine Augen glitten suchend über den vor ihm liegenden Bogen. »Ich hab’s: › Das Mädchen auf dem Rücksitz verhielt sich völlig unbeteiligt. Nur einmal fragte sie, wie spät es sei. ‹ Sergeant, ich glaube, an Ihrer Idee könnte etwas dran sein.«
    Lewis fühlte sich durch die Anerkennung ermutigt. »Es paßt auch alles sehr gut, Sir. Ich habe schon oft gehört, daß, wenn ein Mann und eine Frau zusammen trampen, sie vorgeschickt wird und so eine bestimmte Pose einnimmt, damit einer anhält, und dann taucht plötzlich ihr Begleiter auf, und dem Fahrer bleibt nichts anderes übrig, als sie beide mitzunehmen.«
    »So war das hier aber nicht, Sergeant.«
    »Nein, nicht ganz, Sir. Aber immerhin hat sich die zweite Person auch zuerst im Hintergrund gehalten. Crowther schreibt doch … Moment, gleich hab ich die Stelle … Hier, er schreibt doch: Ich hatte den Eindruck, daß sie nicht u n froh darüber war, daß die Blonde es übernommen hatte, sich an die Straße zu stellen. «
    »Tja, da haben Sie recht, Lewis. Aber was ist dann aus dem Mädchen geworden, das mit Sylvia auf den Bus gewartet hat?«
    Lewis hob die Schultern. »Nach Hause gefahren.«
    »Aber nach allem, was uns Mrs. Jarman erzählt hat, hatten wir doch den Eindruck, daß es ihr sehr wichtig war, nach Woodstock zu kommen.«
    »Es ist doch gut möglich, daß sie bis zur nächsten Haltestelle gelaufen ist und doch noch den Bus genommen hat.«
    »Der Schaffner hat ausgesagt, er habe die beiden Mädchen nicht gesehen.«
    »Vielleicht sollten wir ihn noch mal fragen, ob er sich an ein Mädchen erinnert.«
    »Ja, das stimmt. Da sollten wir nachhaken.«
    »Noch etwas, Sir.« Morse stieß einen unhörbaren Seufzer aus. Er sah sein so mühsam aus vielen Hypothesen errichtetes Gedankengebäude bedroht und verglich es innerlich mit einer Sandburg, die schutzlos der langsam, aber unausweichlich näher rückenden Flut ausgesetzt ist. »Ja?«
    »Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, Sir, daß ich Sie darauf hinweise, aber in Crowthers Erklärung steht außerdem, daß die Person auf dem Rücksitz einige Zentimeter größer gewesen sei als Sylvia.«
    Morse stöhnte leise, aber Lewis fuhr mit der Unerbittlichkeit einer Naturgewalt fort: »Sylvia Kaye war ungefähr 1,73m, Sir, und wenn – wie Sie annehmen – Jennifer hinten im Wagen gesessen hat, dann müßte sie Stelzen dabeigehabt haben – die ist doch höchstens 1,68 m …«
    Morse unternahm einen halbherzigen Versuch, seine Sandburg zu verteidigen. »Aber, Lewis, begreifen Sie denn nicht? Wenn Crowther uns in die Irre führen will, dann doch mit genau so etwas. Er versucht, die Identität des anderen Mädchens zu verschleiern.«
    »Ich habe mich nur an den Wortlaut der hier vorliegenden Aussage gehalten, Sir«, sagte Lewis steif.
    Morse nickte erschöpft. Vielleicht sollte er den Beruf wechseln. Er könnte zum Beispiel Lehrer werden – Grundschullehrer am besten. Den Anforderungen, die da an ihn gestellt würden, fühlte er sich gewachsen. Lesen und Schreiben konnte er. Wieso war ihm das mit der Größe nicht selber aufgefallen? Aber eigentlich war schon klar warum. Es hatte nicht in sein Gedankengebäude hineingepaßt. Das war auf die Annahme gegründet, daß Crowther der Mörder war.
    Jetzt hatte die Flut bereits den Graben gefüllt und nagte an den Wällen. Es war schon sechs. Er durfte Lewis nicht noch länger festhalten.
     
    Er begleitete ihn humpelnd nach draußen, und die beiden standen noch einige Minuten am Wagen des Sergeant und unterhielten sich. Sah Morse sich schon fast als Schulmeister, so fühlte Lewis sich wie ein Schüler, der seinen Lehrer bei einem Fehler ertappt hat. Und über noch etwas anderes war er gestolpert. Es hatte ihn die ganzen letzten Tage beschäftigt. Natürlich wäre es eigentlich besser, es bis morgen zu lassen, aber Lewis wußte, da war nicht viel Zeit, weil Morse den Gerichtstermin hatte. Dann eben jetzt gleich.
    »Der Brief an Jennifer Coleby, Sir …«
    Morse nickte. Er kannte ihn inzwischen auswendig. »Was soll damit sein?«
    »Können wir sie nicht auffordern, uns das Original auszuhändigen? Dann könnten wir davon Fingerabdrücke nehmen lassen.«
    Morse starrte ausdruckslos ins

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