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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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London zurückgekommen war und Sue und dieser Inspector eng umschlungen vor der Haustür gestanden und sich geküßt hatten. Wie die beiden bei ihrem Erscheinen auseinandergefahren waren! Sie lächelte in der Erinnerung daran. Es war ein häßliches Lächeln – überlegen, fast hämisch.
    Sie ging in Mr. Palmers Büro, um ihm den überarbeiteten Entwurf abzuliefern. Er war gerade beim Diktieren. Judith hatte hektische rote Flecken auf den Wangen. Sein nun wirklich gemächliches Sprechtempo schien für sie schon zu schnell zu sein. Jennifer gab ihm das Blatt. »Ich habe ein paar unwesentliche Änderungen angebracht.«
    »Vielen Dank. Ich habe das vorhin nur in aller Eile so runtergeschrieben, wie es mir gerade einfiel. Ich wollte es noch in eine bessere Form bringen, aber wie ich sehe, haben Sie mir das schon abgenommen. Vielen Dank noch mal.«
    Jennifer ging zurück ins Schreibzimmer, auf den Lippen wieder das unangenehme Lächeln, das in letzter Zeit, wenn sie sich unbeobachtet fühlte, immer häufiger auf ihrem Gesicht erschien.
     
    Die dritte Mitbewohnerin in der Charlton Road, die lebenslustige Mary, arbeitete bei dem Regionalsender Radio Oxon . Sie war dort eine Art Mädchen für alles, ohne große Aussicht auf eine irgendwie geartete Karriere. Sie hatte – wie Jennifer – schon seit einiger Zeit daran gedacht, sich beruflich zu verändern, aber das würde nicht so einfach sein. Jennifer mit ihrem guten Abitur und ihren Stenographie- und Schreibmaschinenkenntnissen hatte da sehr viel bessere Chancen. Ob sie wohl schon immer so gewesen war wie jetzt? So kühl und beherrscht und irgendwie überheblich? So wissend …? Das Zusammenleben mit ihr war unproblematisch. Allerdings – wenn sie auszöge, würde sie ihr keine Träne nachweinen.
    Da stand ihr Sue doch näher. Die mochte sie – ein nettes Mädchen. In den letzten Wochen schien sie irgendwelche Probleme zu haben, sie wirkte niedergedrückt und in sich zurückgezogen und reagierte empfindlicher als sonst. Vermutlich ein Mann. Vielleicht war sie unglücklich verliebt in diesen Inspector. Aber immer noch lieber Sues Launen als Jennifers Kälte. Launen waren menschlich …
    Nach dem Mittagessen kam einer der Toningenieure zu einem Schwatz bei ihr vorbei. Er war ein lockerer Typ, bärtig, Vater von fünf Kindern, was ihn nicht davon abhielt, immer mal wieder bei hübschen jungen Mädchen seinen Charme zu erproben. Mary verhielt sich wohlwollend neutral. Mal sehen, was daraus wurde.

Kapitel 27 – Donnerstag, 21.,
und Freitag, 22. Oktober
     
    Bernard Crowthers Zustand war nach der Auskunft der Stationsschwester zufriedenstellend , und am Donnerstag durfte er, wie vorgesehen, Besuch empfangen. Morse hatte es überraschenderweise nicht besonders eilig, an sein Krankenbett zu kommen, und darauf verzichtet, ihn gleich am ersten Tag aufzusuchen.
    Peter Newlove war erleichtert, daß es Bernard augenscheinlich wieder besserging. Sie redeten einige Minuten lang über Margaret und ihren Tod – Peter hatte das Gefühl, daß es falsch wäre, schweigend darüber hinwegzugehen, danach brachte er das Gespräch auf andere Themen, um Bernard nicht zu sehr zu belasten. Die Besuchszeit näherte sich dem Ende, und er stand auf. Doch Bernard legte ihm bittend die Hand auf den Arm, und so setzte er sich wieder.
    »Ich muß dir noch etwas sagen. Es ist wichtig.«
    Peter beugte sich nach vorn, um ihn besser verstehen zu können. Bernard holte in kurzen Abständen immer wieder Luft. »Das hat doch Zeit bis morgen, Bernard! Du darfst dich nicht so anstrengen!«
    »Bitte, bleib! Ich möchte, daß du mich anhörst. Der Mord in Woodstock …«
    Peter nickte. »Ja. Was ist damit?«
    »Ich habe das Mädchen an dem Abend, an dem es ermordet wurde, in meinem Auto mitgenommen. Sie und noch ein anderes Mädchen.« Er atmete schwer. Auf seinen Lippen lag der Anflug eines verwunderten Lächelns. »Ein merkwürdiger Zufall. Dieses andere Mädchen … sie war seit längerem meine Geliebte. Wir waren an diesem Abend miteinander verabredet und jeder für sich auf dem Weg zu unserem Treffpunkt. Eigentlich hatte sie den Bus nehmen wollen, aber als er nicht kam, sich wohl entschlossen, zusammen mit der anderen zu trampen. Und dann mußte ausgerechnet ich anhalten! Als ich sie erkannte, war mir sofort klar, in welcher unmöglichen Lage wir uns befanden. Wir durften uns auf keinen Fall etwas anmerken lassen. Ich hatte einen solchen Schrecken bekommen, daß ich den Gedanken, sie an dem Abend noch zu

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