Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation
Oxford). Die Eroberung der Welt ist mit den Namen Columbus und Marco Polo, um nur diese beiden von vielen zu nennen, verbunden. Von ersten Uhren bis Windmühlen, von Feuerwaffen bis Schleifmaschinen – der Aufschwung in der Technik nahm immer mehr Fahrt auf. //
Fachliche Beschreibungen, Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen und die Literatur der Renaissance konnte dank der Erfindung des Johannes Gutenberg aus Mainz (Seite 283) schnell verbreitet werden. //
Das Wesen der Natur
An der Stelle, an der Galilei verschwunden war, erschien ein Mann in langem faltigem Leinengewand, das locker um seinen Körper geschlagen war. Er hob die Hand und sagte: „Die gesamte Natur, alles was belebt und unbelebt ist, setzt sich aus den Atomen zusammen. Dieses erklärte ich, Demokrit* aus Abdera, meinen Schülern bereits vor 2 000 Jahren.“
„Atomen? Noch nie gehört“, meinte van Scheltinga. „Was soll das sein?“
„Es sind die kleinsten Einheiten der Natur. Diese Bausteine sind so klein, dass wir sie nicht sehen und nicht greifen können.“
„Sie wollen sagen, sie sind unsichtbar? Und wieso sehe ich Euch dann? Und diese Gerätschaften dort? Die Tochter meines Freundes, den jungen Mann?“
„Die Atome gibt es in unendlicher Zahl und daher sind sie trotz ihrer Winzigkeit doch massiv. Kein Messer, kein Schwert, keine Axt kann sie zerteilen. So wie es unendlich viele Formen in der Natur gibt, so existieren unendliche viele Formen der kleinsten Bausteine. Die einen bilden das Wasser, Blumen, Vögel, Bäume und alle Dinge der Welt.“
„Auch die Seele?“
„Ja, die Seele auch.“
Van Scheltinga schüttelte heftig den Kopf. „Ich vermag es nicht zu glauben. Keinesfalls ist es so. Der Stein der Weisen besteht nicht aus Bausteinen, sondern aus der reinen Geistigkeit. Glaubt kein Wort, was der Quacksalber sagt“, rief er Susana und Tamas zu.
Demokrit ließ sich nicht beirren. „Die Geschichte wird mir recht geben, ich weiß es. Man hat meine Lehren schon so lange vergessen, da kommt es auf einige Hundert Jahre nicht mehr an.“
„Ob Atome oder nicht – was sie zusammenhält, das ist die entscheidende Frage. Warum fliegt nicht alles auseinander? Warum laufen wir über die Erde und stürzen nicht hinab in das endlose Nichts?“, rief van Scheltinga aus. Er war ganz rot geworden vor Eifer.
„Der Stein der Weisen, solltet Ihr ihn denn finden, was ich bezweifle, wird Euch die Antwort nicht geben“, sagte ein weiterer Gast, der nun den Platz des alten Griechen Demokrit eingenommen hatte. „Das Rätsel habe ich gelöst, indem ich die Gesetze der Schwerkraft gefunden habe, mein Herr Alchemist. Sie sind unveränderlich und von Gott gegeben.“
„Ich habe sie weiterentwickelt, Professor Newton*“, sagte der nächste Neuankömmling, ein Mann mit wirrem Haarschopf und freundlichen Augen.
„Wer seid Ihr?“
„Einstein* ist mein Name, Professor Albert Einstein. Wir Physiker, die nach Euch kamen, profitierten alle von Euren unvergleichlichen Leistungen, Sir Isaac.“ Damit verbeugte sich Einstein vor Newton.
Viele Stimmen redeten jetzt durcheinander. Tamas schwirrte der Kopf. Er war müde geworden, spürte Susanas Hand, die jetzt seine hielt. Van Scheltinga wurde mit der Zeit immer ungeduldiger. Um den Athanor*, den Ofen des Alchemisten, drängten sich mehrere Simulationen.
„Alle die Modelle zur Erklärung der stofflichen Welt stellen mich in keiner Weise zufrieden“, sagte der Alchemist nun sehr bestimmt. „Stundenlang können die größten Köpfe aus vergangenen oder kommenden Jahrhunderten ihre Theorien ausbreiten, letzten Endes werde ich dadurch über den wahren und tiefen Gehalt des Lebens und seinen Sinn, über das Wirken des allmächtigen Gottes nicht mehr wissen! Daher möchte ich mich nun wieder meiner eigenen Wissenschaft zuwenden. Ich bitte Sie nunmehr zu gehen, meine Herren.“
„Erlauben Sie mir doch noch ein Wort“, sagte ein Gast, den man zuvor noch nicht bemerkt hatte, weil er sich ganz im Hintergrund aufgehalten hatte. Der alte Mann ging gebeugt in schwarzem Gehrock, ein mächtiger weißer Bart umrahmte sein Gesicht.
„Nun gut, ein letztes Wort. Wie ist Ihr Name?“
„Charles Darwin*, Herr Alchemist. Ich gebe Ihnen recht, dass unser Wissen letztlich sehr beschränkt ist. Doch meine langjährigen Forschungen haben mich zu der Überzeugung gebracht, dass der Mensch keineswegs fix und fertig als Krone der Schöpfung von einer uns alle und das Universum lenkenden Macht geschaffen wurde.
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