Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation
Der Mensch muss als Tier gesehen werden, zumindest als dessen Weiterentwicklung.“
„Weiterentwicklung vom Tier? Niemals!“, entgegnete der Alchemist energisch. „Welchen wahnsinnigen Weg wird die Wissenschaft noch gehen, frage ich mich, je länger ich Ihnen allen zuhöre. Gehen Sie jetzt, meine Herren. Gehen Sie!“
„In meiner Zeit wissen die meisten Menschen“, erlaubte sich Tamas einzuwerfen, „dass sich alle Lebewesen aus ähnlich aufgebauten Zellen zusammensetzen, die alle notwendigen Funktionen als Muskel-, Knochen- oder Hirnzellen erfüllen. Das haben wir alle bereits in der Schule gelernt.“
Van Scheltinga sah ihn verblüfft an. Dann verfinsterte sich seine Miene. Doch bevor er antworten konnte, nahm Susana das Wort: „Ach Onkel Reuben, lass ihn nur. Mein Freund Tamas spinnt manchmal.“
„Ich glaube eher, dass er ziemlich verwirrt von dem ganzen Zeug ist, das er von unseren Besuchern zu hören bekommen hat. Ich sage euch, dass die Erde als Mittelpunkt der Welt mit allen Lebewesen genau so, wie sie heute ist, vor einigen Tausend Jahren geschaffen wurde. Von Gott, dem allmächtigen Schöpfer. Und alles andere ist vom Teufel!“
„Was ist vom Teufel, Reuben?“
„Hieronymus, wie tröstlich, dich zu sehen.“
Der Gast mittleren Alters, der jetzt durch eine Türe hereingekommen war, wirkte ruhig und freundlich. Sein Gesicht war faltig, seine Augen blickten intensiv, ein unergründliches Lächeln lag auf seinen Lippen. Er trug eine Kappe aus feinem schwarzem Leder. Ein halblanger Umhang, auf dem bunte Farbflecken zu sehen waren, wiesen ihn als Maler aus. „Was bedrückt dich, lieber Freund?“
„Ach, vergessen wir es, mein Freund. Susana, du kennst Meister Bosch* bereits, meinen alten Freund. Er hat in diesem Lagerhaus seine Werkstatt. Dies ist Tamas, ein Freund der Familie Nachums. Er wird für eine Zeit hier Quartier beziehen. Vielleicht gibt es etwas, das er für Euch tun kann. Susana berichtete mir, dass er gut lesen und schreiben kann.“
„Ich bin sicher, wir werden etwas finden“, sagte Bosch. „Doch nun will ich wissen, was sich hier abgespielt hat.“
„Es sind einige Gespenster aufgetaucht, Traumgestalten, die mich mit ihren Theorien teils fasziniert, teils aufgeregt und sogar geärgert haben.“
„Ich sehe niemanden. Kann es sein, dass Ihr einen berauschenden Trank zu Euch genommen habt? Oder hat Euch der Rauch des Athanor* die Sinne vernebelt? Sind in diesem Labor nicht schon oft Gespenster aus der anderen Welt aufgetaucht?“
„Ja, das ist wahr. Der Weg der alchemistischen Wissenschaft ist steinig und voller Gefahren. Doch niemand erschien bislang, dessen Worte mich derart wirr im Kopf machten. Zum Glück sind sie verschwunden wie ein Traum.“
„Was sagten deine Gespenster, das dich so beunruhigt?“
„Ein gewisser Galilei behauptete zum Beispiel, eine neue Zeit sei angebrochen.“
„Was soll daran schlecht sein? Ich wünschte, dieser Galilei hätte recht und diese heutige Zeit nähme ein Ende.“
„Aber er und andere wie ein gewisser Kopernikus, die wir hörten, äußern ketzerische Gedanken und stellen das Weltbild, das unsere Kirche und die Wissenschaft seit Jahrhunderten verkündet, infrage. Sie vertreiben die Erde aus dem Zentrum der Welt, weisen ihr, wenn ich das recht verstanden habe, einen unbedeutenden Platz neben anderen Himmelskörpern zu, die alle zusammen um die Sonne ziehen.“
„Interessant“, sagte Bosch und kratzte sich am Kinn. „Fürwahr, wenn dies unser Inquisitor Sprenger hört, wird er alle seine Schergen in Bewegung setzen, um derartige Ansichten auszurotten. Doch lasst uns, verehrter Freund Reuben, doch einmal hören, was unsere jungen Gäste zu sagen haben. Nebenbei bemerkt, könnte ich in meiner Werkstatt wirklich noch jemanden brauchen, der sich dort nützlich macht. Wenn Ihr, Herr Schreiber, wollt, so seid Ihr bei mir willkommen. Ihr könntet mich auf Reisen begleiten und dabei meine schriftlichen Angelegenheiten erledigen.“
Schreiber? Reisen? Das kam überraschend. Tamas war nicht sicher, ob er das wollte. Er wollte mit Susana zusammenbleiben und keine weiteren Abenteuerkapitel alleine erleben.
„Kann ich Bedenkzeit haben?“
„Wenn Ihr meint. Sagt mir, wenn Ihr Euch entschieden habt.“
War der Maler etwa verärgert? Tamas schien es so. Das wollte er nicht.
Pause, dachte er. RAUS!
Programmkapazität erschöpft
Tamas: „Pandora, antworte endlich! Wie oft soll ich dich noch rufen? Ich bin total fertig, aber ich muss
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