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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Tisch.
    »Was ich will? Ich will, daß Sie mir versichern, daß Ihre Aktivitäten in keiner Weise etwas mit dem Schicksal von Lieutenant Pounds zu tun haben.«
    »Das kann ich nicht, Chief. Ich weiß nicht, was mit ihm passiert ist, außer daß er tot ist.«
    Irving studierte Bosch lange und überlegte sich anscheinend, ob er Bosch als gleichberechtigt behandeln und ihm die ganze Geschichte erzählen sollte.
    »Ich hatte erwartet, daß Sie es sofort von sich weisen würden. Ihre Antwort zeigt, daß Sie glauben, es gibt einen Zusammenhang. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie sehr mich das beunruhigt.«
    »Alles ist möglich, Chief. Darf ich eine Frage stellen? Sie sagten, Brockman und seine Leute gehen anderen Hinweisen nach – Sie sagten, glaube ich, Fährten. Sind diese Fährten erfolgversprechend? Ich meine, führte Pounds ein Doppelleben, oder jagen sie nur ihrem eigenen Schwanz nach?«
    »Es gibt nichts Aufsehenerregendes. Leider waren Sie unsere beste Fährte. Brockman ist immer noch der Ansicht. Er will die Theorie weiterverfolgen, daß Sie einen Killer angeheuert haben und dann nach Florida geflogen sind, um ein Alibi zu haben.«
    »Das kann er seiner Großmutter erzählen.«
    »Es ist nicht sehr glaubhaft. Ich habe ihm gesagt, er soll es fallenlassen. Für den Augenblick. Und ich rate Ihnen, Ihre Aktivitäten einzustellen. Diese Frau in Florida hört sich nett an. Sie sollten zurückfliegen und ein paar Wochen bei ihr bleiben. Wenn Sie wieder hier sind, können wir uns über Ihren Job am Mord-Tisch in Hollywood unterhalten.«
    Bosch war sich nicht sicher, ob in Irvings Vorschlag eine Drohung verborgen war. Oder wenn keine Drohung, dann vielleicht eine Bestechung.
    »Und wenn ich das nicht tue?«
    »Wenn Sie das nicht tun, sind Sie dumm. Dann verdienen Sie die Konsequenzen.«
    »Was glauben Sie, tue ich, Chief?«
    »Ich glaube nicht, ich weiß, was Sie tun. Es ist offensichtlich. Sie haben die Akte zum Mord an Ihrer Mutter ausgeliehen. Warum Sie es gerade jetzt tun, weiß ich nicht. Aber Sie führen privat Ermittlungen durch, und das stellt ein Problem für uns dar. Sie müssen aufhören, Harry. Oder ich stoppe Sie. Ich ziehe Sie aus dem Verkehr. Für immer.«
    »Wen schützen Sie?«
    Irvings Gesicht lief vor Wut dunkelrot an. Seine Augen verdunkelten sich.
    »Unterstellen Sie mir nie wieder so etwas. Ich habe mein ganzes Leben in den Dienst …«
    »Es geht um Ihre eigene Haut, nicht wahr? Sie kannten sie. Sie haben sie gefunden. Sie haben Angst, in die ganze Sache hineingezogen zu werden, wenn ich den Fall löse. Ich wette, daß Sie schon vorher alles wußten; was McKittrick Ihnen sagte.«
    »Das ist lächerlich. Ich …«
    »Wirklich? Ich glaube nicht. Ich habe schon mit einer Zeugin gesprochen, die Sie in der Zeit kannte, als Sie auf dem Boulevard Streife gingen.«
    »Welche Zeugin?«
    »Sie sagte, sie kannte Sie. Sie weiß, daß meine Mutter Sie auch kannte.«
    »Die einzige Person, die ich hier schütze, sind Sie, Bosch. Können Sie das nicht einsehen? Ich befehle Ihnen, Ihre Ermittlungen einzustellen.«
    »Das können Sie nicht. Ich arbeite nicht mehr für Sie. Haben Sie vergessen, daß ich suspendiert bin? Ich bin jetzt ein normaler Bürger und kann tun, was ich will – solange es legal ist.«
    »Ich könnte Sie wegen Besitzes gestohlener Dokumente anzeigen. Sie haben die Mordakte.«
    »Sie ist nicht gestohlen. Und wenn ich beim Ausleihen nicht ganz ehrlich war, was heißt das schon? Eine Ordnungswidrigkeit? Die lachen Sie aus in der städtischen Rechtsabteilung.«
    »Aber Sie würden Ihren Job verlieren. Das wär’ das Ende.«
    »Damit kommen Sie ein bißchen spät, Chief. Vor einer Woche wäre das für mich noch eine ernstzunehmende Drohung gewesen. Jetzt nicht mehr. Ich habe mich von diesem ganzen Scheiß befreit. Mich interessiert nur noch dieser Fall, und ich werde alles tun, was zur Aufklärung nötig ist.«
    Irving schwieg, und Bosch nahm an, daß der Assistant Chief begriff, daß er Bosch nicht mehr kontrollieren konnte. In der Vergangenheit hatte Irving über seinen Job Druck auf ihn ausüben können. Aber Bosch hatte sich jetzt davon frei gemacht. Er fuhr mit ruhiger Stimme fort:
    »Könnten Sie die Sache fallenlassen, wenn Sie an meiner Stelle wären, Chief? Meine Arbeit bei der Polizei hat keinen Sinn, wenn ich das nicht für sie … und für mich tun kann.«
    Er stand auf und steckte sein Notizbuch in die Tasche.
    »Ich gehe. Wo sind meine anderen Sachen?«
    »Nein.«
    Bosch zögerte.

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