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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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sagte nichts. Er bezweifelte, daß Irving eine Antwort erwartete. Brockman begann zu husten und Irving schaute zu ihm hin.
    »Sind Sie in Ordnung?«
    »Ich glaube ja.«
    »Gehen Sie rüber und lassen sich von den Sanitätern untersuchen.«
    »Nein, ich bin okay.«
    »Gut, dann gehen Sie in Ihr Büro und machen Sie Pause. Ich möchte, daß jemand anders mit Bosch spricht.«
    »Ich möchte mit der Ver…«
    »Die Vernehmung ist zu Ende, Lieutenant. Sie haben es versaut.« Dann schaute er Bosch an und fügte hinzu: »Sie beide.«

33
    I rving ließ Bosch allein. Ein paar Augenblicke später trat Carmen Hinojos ins Konferenzzimmer. Sie setzte sich auf Brockmans Platz und betrachtete ihn mit einem Ausdruck, in dem sich Zorn und Enttäuschung mischten. Aber Bosch hielt ihrem Blick stand.
    »Harry, ich kann nicht glauben …«
    Er hielt einen Finger vor den Mund, um sie zum Schweigen zu bringen.
    »Was ist?«
    »Sind unsere Sitzungen immer noch vertraulich?«
    »Natürlich.«
    »Auch hier?«
    »Ja. Was ist?«
    Bosch stand auf und ging zum Telefon auf der Anrichte. Er drückte auf den Knopf für Konferenzschaltung. Dann setzte er sich wieder hin. »Ich hoffe, es ist nicht mit Absicht eingeschaltet geblieben. Ich werde mit Chief Irving darüber sprechen.«
    »Wahrscheinlich sprechen Sie jetzt gerade zu ihm. Das Telefon war zu offensichtlich. Er hat vermutlich hier überall Wanzen.«
    »Was soll das, Harry, das ist hier nicht der CIA.«
    »Nein, das ist es nicht. Manchmal ist sogar schlimmer. Ich will nur sagen, daß Irving und das DIE eventuell zuhören. Passen Sie auf, was Sie sagen.«
    Carmen Hinojos schien die Geduld mit ihm zu verlieren.
    »Ich bin nicht paranoid, Doktor. Ich weiß das aus Erfahrung.«
    »Okay, es spielt keine Rolle. Es ist mir egal, ob sie mithören oder nicht. Ich kann nicht verstehen, daß Sie so etwas tun. Ihr Verhalten macht mich traurig, Sie enttäuschen mich. Was war denn der Zweck unserer Sitzungen? Nichts? Ich sitze dort und höre, wie Sie in das gleiche gewalttätige Verhaltensschema verfallen, wegen dem Sie zu mir gekommen sind. Harry, das ist kein Gesellschaftsspiel. Das ist die Wirklichkeit. Und ich werde eine Entscheidung fällen müssen, die Ihre Zukunft entscheiden könnte. Ihr Verhalten heute macht es um so schwerer.«
    Er wartete, bis er sicher war, daß sie ausgeredet hatte.
    »Sie waren die ganze Zeit mit Irving da drinnen?«
    »Ja, er rief mich an und erklärte die Situation. Er bat mich zu kommen und zuzuhören. Ich muß sagen …«
    »Ein Moment! Bevor wir weiterreden: Haben Sie mit ihm gesprochen und ihm von unseren Sitzungen erzählt?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Okay, ich möchte formell erklären, daß ich als Patient mein Recht auf Vertraulichkeit in keiner Weise aufgebe. Sind wir uns darüber einig?«
    Zum erstenmal wandte sie ihren Blick ab. Er sah, wie sich ihr Gesicht vor Zorn dunkel färbte.
    »Ist Ihnen klar, wie beleidigend das ist? Denken Sie etwa, ich würde ihm von den Sitzungen berichten, nur weil er versucht, es mir zu befehlen?«
    »Hat er das?«
    »Sie vertrauen mir wohl gar nicht, was?«
    »Hat er?«
    »Nein.«
    »Gut.«
    »Es geht nicht nur um mich. Sie vertrauen niemandem.«
    Bosch begriff, daß er zu weit gegangen war. An ihrem Gesicht war jedoch abzulesen, daß sie eher verletzt als wütend war.
    »Es tut mir leid, Sie haben recht. Ich hätte das nicht sagen sollen. Ich bin einfach … ich weiß nicht, ich fühle mich in die Enge getrieben, Doktor. Und wenn das passiert, vergesse ich manchmal, wer auf meiner Seite steht und wer nicht.«
    »Ja, und dann werden Sie automatisch gewalttätig gegen die Leute, die Sie als Feinde betrachten. Das ist kein gutes Zeichen. Es ist sehr, sehr enttäuschend.«
    Er wandte seinen Blick von ihr ab und schaute auf die Topfpflanze. Bevor er den Raum verlassen hatte, hatte Irving sie wieder eingepflanzt und sich dabei die Hände von der schwarzen Erde schmutzig gemacht. Sie stand immer noch leicht schief.
    »Also, was tun Sie hier?« fragte er. »Was will Irving?«
    »Er wollte, daß ich in seinem Büro sitze und über die Konferenzschaltung mithöre. Er sagte, er sei daran interessiert, wie ich Ihre Antworten bewerte. Ob ich es für möglich hielte, daß Sie für den Tod von Lieutenant Pounds verantwortlich seien. Dank Ihres tätlichen Angriffs braucht er wohl kein Gutachten mehr von mir. Es ist jetzt wohl endgültig klar, daß Sie dazu neigen, gegen Kollegen gewalttätig zu werden.«
    »Das ist Schwachsinn, verdammt noch

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