Der letzte Druide (German Edition)
nicht töten...1
Die Horde rannte gegen eine unsichtbare Mauer.
Der enge Tunnel war plötzlich gesperrt für die teuflischen Trolle. Wie das Licht Motten anzieht, rannten sie immer und immer wieder gegen die mit den Augen nicht wahrnehmbare Barriere, die sie stets zurückschleuderte. Es gab kein Durchkommen für sie.
Bastian setzte mit Patzer seinen Weg zur Erdoberfläche fort. In ihm war eine solche Freude, dass er am liebsten laut jubiliert hätte. Zum einen, weil er seinen Freund wohlbehalten zurückbekommen hatte, und zum anderen, weil ENBARR ihm zum ersten Mal wirklich gehorcht und seinen Willen respektiert hatte. Damit standen plötzlich alle Möglichkeiten offen, die Dunkle Schmiede doch zu erreichen und Hilfe für Rolf und Hendrik zu finden. Große Zuversicht durchströmte den Jungen.
Wenig später erreichten sie das Tageslicht.
2. Etappe: Der Wunderwald
Nachdem sie ihrer Wiedersehensfreude Luft verschafft, ihre Kleidung notdürftig gesäubert und eine Verschnaufpause eingelegt hatten, setzten sie unbehelligt ihren Weg fort. Von den Trollen war ihnen keiner gefolgt. Bastians Befürchtung, sie könnten, einen anderen Ausgang benutzen, hatte sich nicht bewahrheitet. Vielleicht hatte ENBARR nicht nur den Tunnel, sondern die ganze Höhle abgeriegelt, sodass künftig keine Gefahr mehr von diesen fanatischen Dienern Arawns ausgehen konnte...
Patzer trug immer noch den Kompass bei sich, der nun wieder beanstandungsfrei funktionierte. Mit seiner Hilfe und etwas Glück hatten sie den tückischen Moorstreifen bald hinter sich gelassen.
Es war Mittag, als sie auf die Kräutersammlerin trafen. Eine vitale, wind- und wettergegerbte Frau, deren genaues Alter man nicht auf Anhieb einschätzen konnte. Sie war noch nicht alt, vielleicht um die Vierzig. Ihre dunkle Kleidung wirkte etwas zu leicht und dünn für die Jahreszeit, doch sie machte nicht den Eindruck, als würde sie frieren. Sie trug ein Kopftuch gegen den beständigen Wind, und auf dem Rücken hatte sie einen geflochtenen Weidenkorb befestigt, in dem allerlei Kraut und Wurzeln lagen.
Sie benutzte den gleichen Pfad wie Bastian und Patzer, nur dass sie ihnen entgegenkam, und sie wäre achtlos an ihnen vorbei, wenn Bastian sich ihr nicht in den Weg gestellt hätte.
"Ey!", fuhr sie ihn an. "Was fällt dir ein?"
Ihr poriges Gesicht drückte totale Ablehnung aus. Sie wirkte wie jemand, der sich völlig in seine innere Welt zurückgezogen hatte und nun gewaltsam darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es noch andere Menschen gab. Eine Erkenntnis, die ihr nicht gerade zu gefallen schien.
"Entschuldigen Sie..." setzte Bastian an.
"Nichts entschuldige ich!“, unterbrach ihn die Frau barsch. "Wer seid ihr überhaupt? So ein Pärchen wie euch habe ich auf meinen Wegen ja noch nie getroffen." Sie bedachte Patzer mit einem argwöhnischen Blick, der anschließend zu Bastians Schwert wanderte und in plötzlich erwachender Neugierde dort verharrte. "Wer seid ihr?“, wiederholte sie ihre Frage, aber in Wirklichkeit schien sie sagen zu wollen: "Was ist das für ein Schwert?"
"Wir suchen Saramoon", erklärte Bastian schlicht. Er versuchte so wenig Betonung wie möglich in diesen Satz zu legen. Dabei beobachtete er die Kräuterfrau genau.
"Saramoon", echote sie und verzog das Gesicht. "Ihr müsst verrückt sein!“, Daraufhin wollte sie ohne weiteren Kommentar den Weg fortsetzen.
Bastian stellte sich ihr erneut entgegen. Er nestelte an seiner Pelzjacke und brachte das von Rednek bekritzelte Rindenstück zum Vorschein.
"Was ist das?“, wollte die Sammlerin wissen.
"Unser einziges Hilfsmittel, um Saramoon zu finden. Er soll in der Dunklen Schmiede hausen. Können oder wollen Sie uns nicht sagen, ob wir auf dem rechten Weg sind und wie weit es von hier noch ist?"
Zuletzt war Bastian richtig wütend geworden, weil ihm die
offene Gleichgültigkeit der Frau missfiel. Sie waren mit Mühe dem Tod im Moor entronnen und dankbar, überhaupt jemanden in dieser Einöde zu treffen, aber dass dieser Jemand sich so wenig kooperativ zeigte, konnte nur zornig machen. Bastian sah, dass es Patzer ebenso erging. Der Zwerg mahlte knirschend mit den Zähnen; er sah richtig gefährlich aus.
"Wisst ihr denn überhaupt, wer Saramoon ist, und in wessen Dienst er steht?"
"Natürlich!“, verblüffte sie Bastian. "Er steht in Arawns Dienst. Aber wohl nicht so ganz freiwillig. Früher gehörte er zu Lirs Vertrauten."
"Früher", sinnierte die Frau, und ihr harter Mund bekam einen
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