Der letzte Druide (German Edition)
nicht gut war. Ein Gefühl und das Bild vor ihnen. Dort blinkte es silbern an tausend verschiedenen Punkten, die sich bewegten. Mondlicht traf auf Metall und reflektierte. Ab und zu klirrte es weit entfernt, wenn Eisen auf Eisen traf, aber was wirklich geschah, ließ sich nicht erkennen. Zögernd nur gewöhnten sich die Augen an das schäbige Hell. Immer wieder schloss sich die Wolkendecke und brach nach Sekunden neu auf.
Bastian blickte kurz hinter sich. Ihr Feuer war soweit niedergebrannt und lag zudem auf der anderen Seite des Hügels, sodass momentan keine Entdeckungsgefahr bestand.
Das war wichtig, denn je länger er mit zusammengekniffenen Augen hinunter starrte, desto sicherer wuchs eine Erkenntnis in ihm, die den Angstschweiß auf seine Stirn trieb.
"Ein Lager", keuchte jetzt auch Patzer an seiner Seite. "Jetzt erkenn1 ich's, es ist ein Lager!"
"Ein Heerlager", bestätigte Bastian düster und strich unbewusst über ENBARR. Das Schwert fühlte sich warm und lebendig an in dieser nächtlichen Kälte.
"Was hat das zu bedeuten?"
"Wenn ich's wüsste, würde ich dich informieren", erwiderte Bastian leicht gereizt. Seine Gedanken überschlugen sich. Er versuchte Ruhe in sie zu bringen.
Es gibt keinen Zweifel, dachte er. Dort unten sind Krieger... Hunderte von Kriegern in blinkenden Rüstungen. Der Wald ist verschwunden...
Unwillkürlich musste er sich an die nächtliche Verwandlung von Rednek und seiner Familie erinnern. Diese hatten sich in Bäume verwandelt, hier schien der umgekehrte Effekt passiert zu sein... Hatte sich der Wunderwald in ein Heer verwandelt...?
So absurd diese Idee im ersten Moment anmutete - welche andere Erklärung sollte es für das Fehlen des Waldes geben?
Bastian wusste, dass Patzer ähnliche Gedanken beschäftigten. Die nächste Bemerkung des Zwerges bestätigte dies: "Ich bin heilfroh, dass wir nicht im Wald übernachtet haben!"
Dem gab es von Bastians Seite nichts hinzuzufügen. Für ihn war längst klar, warum noch nie jemand zurückgekehrt war, der den Wunderwald aufgesucht hatte. Zumindest nachts war jeder verloren, der sich in die Reihen des Kriegsheeres wagte, das die Ebene unten bevölkerte.
Es musste Arawns Heer sein, und irgendwo in der Dunkelheit, vom Heer umlagert, musste sich die Dunkle Schmiede befinden, die tags irgendwo im Wunderwald verborgen war, und in der Saramoon sein Leben in Arawns Gefangenschaft fristete!
Soweit war alles klar für Bastian. Blieb .-die Frage, ob es überhaupt eine Möglichkeit gab, bis zur Schmiede vorzudringen und Kontakt mit Saramoon aufzunehmen. Bevor er wusste, was der Wald in Wahrheit darstellte, war seine Zuversicht groß gewesen, das Ziel zu erreichen. Nun sah es etwas anders aus.
Ein Wald aus Kriegern war ein ernstzunehmendes Hindernis . . .
"Da!“, stieß Patzer ihn an.
Schneller, als es ihre Sinne fassen konnten, kehrte sich die Verwandlung in der Ebene unter ihnen um.
"Mitternacht ist vorbei", hauchte Patzer.
Ja, dachte Bastian. Es war ganz so wie bei der Fischerfamilie. Eine Stunde hatte der Zauber gewährt. Von zwölf Uhr nachts bis ein Uhr früh - die berühmte Geisterstunde! Er brauchte keine exakt funktionierende Uhr, um sich dessen sicher zu sein. Sein Gefühl trog ihn nicht.
"Was jetzt?“, fragte Patzer.
Bastian zuckte die Achseln. "Versuch' zu schlafen. Ich übernehme die nächste Wache." Patzer entfernte sich. In der Ebene war es still geworden.
Sie näherten sich mit äußerster Vorsicht. Bastian hielt ENBARR einsatzbereit in der Rechten. Patzer hielt sich dicht hinter ihm.
Es war noch kälter als am Vortag, vielleicht zwei, drei Minusgrade. Die Bäume vor ihnen, die den Rand des Waldes säumten, waren mit Raureif überzogen, und wer sie jetzt im Licht des frühen Morgens sah, konnte einfach nicht glauben, dass sie in Wahrheit verzauberte Krieger sein sollten, die darauf harrten, von Arawn benutzt zu werden.
Bastian schauderte. Wer waren sie? Waren es Menschen, die vom Fürsten des Bösen gewaltsam in seinen Dienst gepresst worden waren, oder waren es seelenlose Schöpfungen seiner mächtigen Magie?
Ganz langsam drangen Bastian und Patzer in den Wald ein.
Die Bäume waren knorrige hohe Eichen, deren blattlose Zweige und Äste wie grüßend in den Winterhimmel erhoben waren; dazwischen wucherte wildes Gestrüpp. Kein Laut, weder von Vögeln, umher huschenden Tieren oder auch nur Insekten, war hörbar. Der Wald machte einen toten, verlassenen Eindruck, und kaum hatten sie ihn betreten, schien die
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