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Der letzte Grieche

Der letzte Grieche

Titel: Der letzte Grieche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aris Fioretos
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das sie spürte, wenn der Grieche seinen Schenkel auf ihren legte.
    Unser – und nicht mehr nur unser – Held fühlte sich seinerseits von dem zugleich Entfliehenden und Entgegenkommenden in Agneta angezogen. Es gefiel ihm, dass sie keine Geheimnisse hatte, und es gefiel ihm, dass sie doch welche zu haben schien. Es gefiel ihm, dass sie die Nase rümpfte, wenn sie erklärte, die Holzmesser seien für die Butter, oder dass schwedische Frauen ihren Männern manchmal tatsächlich Strümpfe kauften, und gelegentlich tat er etwas wider besseres Wissen, nur um sie die Nase rümpfen zu sehen. Es gefiel ihm, dass sie ihn in erlesenen Momenten »mein Supergrieche« nannte, und es gefiel ihm, dass sie seine Aussprache mit der Stimme einer Lehrerin korrigierte. Es gefiel ihm, in ihrer Gegenwart sein Waschbrett zu pflegen (ein neues Wort, dass er benutzte, wann immer er konnte, bis Agneta meinte, so viele Muskeln gebe es nun auch nicht zu polieren), und er dachte gerne und lange darüber nach, wie ihre Söhne aussehen würden (Griechen mit Waschbrettern, allesamt). Letzteres betrachtete er übrigens als seine »Mission« – aber in diesem Punkt wurden seine Hoffnungen enttäuscht.
    Wenn Jannis sich an den Wochenenden bereit machte, sein Körpergewicht zu verlagern, schob das Kindermädchen seinen kitzelnden Schenkel freundlich, aber bestimmt fort und drehte sich zum Nachttisch um. Agneta mochte es, überwältigt zu werden, keine Frage, doch dies durfte nicht ohne Schutz geschehen. Sie hatte ein Geheimnis, das sie nicht einmal ihrem Gastarbeiter anzuvertrauen gedachte: Nach allem, was sie mit Bengt durchgemacht hatte, wollte sie auf gar keinen Fall wieder schwanger werden. Deshalb streifte sie – kundig – sachlich – fast routiniert – ein öliges Gummifutteral über Jannis’ Glied. Dann spreizte sie die Beine und wartete mit genüsslicher Ungeduld darauf, überwältigt zu werden. Der Grieche seinerseits lernte mit der Zeit, die ganze Herrlichkeit in die Umhüllung zu entleeren, die er im Übrigen mit einem Lachen, das Stolz erahnen ließ, »Herrn Durex« nannte. Dabei dachte er jedesmal, dass die Schwedinnen genauso waren, wie Kauder behauptet hatte: frei und keusch. Für ihn stand fest, wenn sie erst einmal geheiratet hatten, würde Agneta nur noch ersteres sein.
    O, Jannis, o Jannis Georgiadis …
    INTERVIEW MIT DER LIEBSTEN. »Damals arbeitete ich noch bei Doktor Florinos, aber es wurde allmählich Zeit, mir etwas anderes zu suchen. Die Familie wollte bald nach Lund umziehen. Übrigens war ich schon zweiundzwanzig und hatte noch keine Berufsausbildung. Ich hatte keine Lust, von einem Mann abhängig zu sein. An den Wochenenden fuhr ich heim, nach Tollarp, um mich mit Freunden zu treffen. In Balslöv gab es nur Tante Aga, und die Kinder natürlich. Meine beste Freundin hieß Berit. Sie arbeitete noch immer im ica. Ab und zu kamen Ausländer aus der Saftfabrik herein und wollten Dinge kaufen, die es nicht gab. Wenn sie ihnen dann erklärte, dass kein Knoblauch mehr da war oder es niemals ungesäuertes Brot gegeben hatte, zog sie jedesmal eine Grimasse. Und wie sie rochen. Also, ehrlich gesagt mochte Berit die Leute nicht besonders. Bevor ich die Stelle bei der Familie Florinos antrat, dachte ich wohl wie sie: Niemals einen Gastarbeiter, niemals werde ich mit einem Gastarbeiter gehen.
    Im November hatte ich eine Woche frei. Frau Lily wollte mit den Kindern verreisen. Berit meinte, wir könnten nach Kristianstad fahren und mal wieder in den Volkspark gehen. ›Komm mit, das macht Spaß. Und die Musik ist so gut.‹ Seit meinem Geburtstag war ich nicht mehr ausgegangen. Ich wollte schon gerne mitkommen, aber ich wusste, dass Mutter Ärger machen würde. ›Da sind nur schlechte Menschen‹, sagte sie immer, sobald ich in ein Restaurant oder sonstwohin gehen wollte. ›Warum konntest du nicht bei Bengt bleiben?‹ Bengt war mein erster Verlobter. Eines Tages beschloss er, die Buchhalterin in der Spedition, in der er nach seiner Entlassung Arbeit gefunden hatte, lieber zu mögen als mich. Und das, obwohl ich ein Kind erwartete, das er haben wollte, nicht ich. Ich war also nun wirklich nicht für den Schlamassel verantwortlich. Ich weinte ziemlich viel in jenem Herbst, bevor ich bei der Familie Florinos anfing, auch wenn ich später, als ich mich für eine Abtreibung entschieden hatte, nur noch dankbar war, dass Bengt mich verlassen hatte. Er hatte nie gewusst, wer ich wirklich war. Berit machte mir den Vorschlag, bei ihr zu

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