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Der letzte Grieche

Der letzte Grieche

Titel: Der letzte Grieche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aris Fioretos
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allmählich alt und bringen alles durcheinander. Und Ariadne ist schwerkrank, seit sie in Tirana mit Bleisatz gearbeitet hat. Im Grunde bin ich als Einzige übrig, seit Hélène in Marseille behauptet, sie fühle sich wie eine Französin. Wer soll die Arbeit weiterführen, wenn meine Kräfte schwinden? Wer soll die letzten Griechen retten? Ihre Eltern sind in dem Land verwurzelt, in dem Sie geboren wurden. Aber Sie, Konstantin Kezdoglou (*1. 4. 1940 in Neochóri), Sie haben nicht nur junges Blut, sondern sind darüber hinaus ein Auslandsgrieche geworden. Sie verstehen etwas davon, Dinge zu vermissen. Sie wissen, wie man mit Dieser Jämmerlichen Sache umgeht. Denken Sie an den Wintermantel Ihrer Großmutter! Verleiht er Ihrer Sehnsucht keine Flügel?«
    Athanassia Osborn erklärte, sie könne sich keinen geeigneteren Nachfolger als ihn vorstellen – aber nur, wenn Kostas sich an die Regeln halte: Ausschließlich belegbare Fakten durften Eingang in das Werk finden. Die Dichtung war wie eh und je Gift für die Griechen. Sie wusste, dass er seiner Großmutter geholfen hatte, als er noch zur Schule ging – ein Exkurs hier, eine Änderung da –, und nun bat sie ihn, seine musischen Talente zu zähmen, damit sie in den Dienst Clios gestellt werden könnten. Warum nicht einen Traktat darüber verfassen, wie die junge Generation den Auslandsgriechen sah? »Sie haben einen ungewöhnlichen Blickwinkel, an dem wir gern Anteil nehmen würden. Sicher haben Sie auch Freunde, die ihnen zur Hand gehen können.« Da die Eltern von den kühnen Träumen erzählt hatten, die Kostas hegte, ahnte Osborn jedoch, dass die Chancen nicht eben glänzend standen. Falls er Bedenkzeit benötige, könne er dann in der Zwischenzeit vielleicht eine Firma finden, die bereit wäre, den neuen Band gegen ein geringes Entgelt zu drucken? »Nehmen Sie den Inhalt dieser Postsendung als Zeichen meines Gottvertrauens. Wer in die Vergangenheit schaut, wird eines Tages feststellen, dass sie den Blick erwidert.«
    »Ein klarer Fall von Erpressung«, murmelte Kezdoglou und hielt den rostigen Rückspiegel hoch, der in dem Paket gelegen hatte. »Großmutter wird ja wohl kaum zurückwinken, nur weil ich in dieses Ding schaue, nicht wahr? Souvenirs, das sind nur Souvenirs. Ich blicke lieber nach vorn.« Jannis seufzte. »Kostas, jeder Autofahrer weiß, dass man zurückschauen muss, wenn man vorwärts kommen will. Im Übrigen: Hier gibt es niemanden, der sich an uns erinnert. Niemanden, niemanden.« Als Jannis die zweifelnde Miene seines Freundes sah, wurde seine Stimme heiser. »Du denkst, dass alle genauso gut ohne die Vergangenheit auskommen wie du. Aber es gibt Menschen, die das nicht können. Es gibt Menschen, die von der Straße abkommen würden.«
    Jannis griff nach dem Manuskript des zwölften Teils der Enzyklopädie , das mitgeschickt worden war. Noch fiel es ihm leichter, lateinische Schriftzeichen zu dechiffrieren als griechische, die mit ihren Punkten und Strichen Orientierungsprobleme schufen, wenn er versuchte, die Zeitungen eines seiner Arbeitskollegen zu lesen. Aber in den meisten Fällen gelang es ihm, bis zum Ende eines Satzes zu gelangen, woraufhin er überwältigter Zeuge wurde, wie sich eine neue, aber dennoch vertraute Welt aus den Buchstaben erhob und Jasmin und Eselkot ausdünstete. Mit einem frischen Streichholz im Mund setzte er sich ins Wohnzimmer. »Dann wollen wir mal sehen, welche Auslandsgriechen die Gehilfinnen diesmal retten möchten.« Kostas, der noch nichts von den Fortschritten seines Freundes wusste, brummte. Er ahnte, dass der Wintermantel Jannis trotz seiner Muskeln besser stehen würde als ihm selbst.
    Während Efi das Geschirr spülte, versuchte sie zu verstehen, was die Männer sagten. Ab und zu schnappte sie ein paar Äußerungen auf, vor allem von ihrem Bruder, aber das Porzellan klirrte, und mit der Zeit begann sie, über anderes nachzudenken. Zum Beispiel, ob sie sich eine Stelle in Tollarp suchen konnte, ohne sich zum Gespött der Leute zu machen. Zum Beispiel, ob sie Jannis erzählen sollte, dass er trotz allem doch nicht der einzige Grieche war, weil es da einen griechischen Mann aus Serres gab, der in der Fabrik arbeitete. Zum Beispiel, dass dieser Kollege erst gestern versuchte hatte, sie einzuladen. Nachdem sie ihren Lippenstift nachgezogen hatte, kehrte sie mit Kaffee und Gebäck zurück. Sie spürte die Veränderung sofort: Trotz Zentralheizung herrschten nur noch wenige Plusgrade. Jannis las so konzentriert,

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