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Der letzte Grieche

Der letzte Grieche

Titel: Der letzte Grieche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aris Fioretos
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hatte, auf welche Sätze das gewünschte grammatische Verhältnis zutraf, woraufhin Jannis sie mit einem Häkchen versehen hatte. Jetzt wird es jedoch Zeit, den Blick auf das zu richten, was unser Freund an diesem datumlosen Tag, so viele Träume und Albträume, nachdem er sein Heimatdorf verlassen hatte, in der Hand hielt.
    Aber. Was. Wenn wir den Unterarm hochwandern, sehen wir, dass die Finger glänzen. Der Eiswürfel, mit dem Jannis eine unvollendete Handlung in der Vergangenheit illustriert hat, ist geschmolzen. Auch gut: Anton verschwand gerade in seinem Zimmer. Der Grieche, der nicht nur Grieche war, trocknete sich an einem Handtuch ab, las sich die Hausaufgabe nochmals durch und überlegte, ob er etwas übersehen hatte.
    Kurz darauf kehrte das Kind mit einer Kugel in der Hand zurück. Jannis lachte. »Kontrolle, ja. Die rollt nicht mehr. Du meinst es so?« Er klopfte auf das Holz, toi, toi, toi, korrigierte sich und klopfte sich an die Stirn. »Griechen, sie brauchen immer Glück.«
    EIN DONNERSTAG MIT MEHR FREITAG DARIN ALS IN JEDEM ANDEREN DONNERSTAG SONSTWO UND JEMALS . An einem Novembertag bereitete Jannis seine Rückkehr vor – zu was, wusste er nicht so genau. Er hatte Windeln, Brei und Pürees, Äpfel, Saft und Knäckebrot gekauft. Sogar an schwedische Streichhölzer hatte er gedacht. Jetzt vergewisserte er sich, dass sämtliche Dokumente in Ordnung waren, packte den Koffer mit Kinderkleidung und den Koffer mit Geschenken um, schaffte es, alles neben den wellpappverkleideten Badezimmermöbeln zu verstauen – und fuhr zu Familie Florinos, um sich zu verabschieden. Nach Kaffee und Wermut trug er die Matratzen hinaus, die Lily ihm geschenkt hatte, und richtete auf der Rückbank eine stoßsichere Oase ein. Die Kinder halfen ihm. Als der Doktor aus dem Haus trat, öffnete er die Vordertür und bewunderte die Rückbank, die binnen einer Stunde eine Nummer kleiner geworden war. »Du könntest rohe Eier transportieren, ohne dass etwas passieren würde.« Seine Frau zog die Laken glatt und meinte, das Interieur sehe aus wie die Innenseite eines Kissenüberzugs. Von der Decke baumelte ein Mobile mit rosa Elefanten und grünen Affen herab, an den Vordersitzen waren aus Touristenbroschüren ausgeschnittene Bilder befestigt – ein weißer Turm, ein Kloster, etwas glitzerndes Meer. Der Außenländer war auf das Armaturenbrett montiert worden wie die Galionsfigur an einem Schiff, der Zukunft den Rücken zukehrend. Im Handschuhfach lagen Pässe unterschiedlicher Art. Jetzt fehlte nur noch der Große Europa Autoatlas , den Jannis sich von Doktor Florinos leihen zu dürfen hoffte. »Hier«, sagte Manolis und drückte ihm das Kartenwerk in die Hand. »Du musst immerhin den Weg bis Seite 144–145 finden.« Er schluckte etwas Wehmut herunter. »Und wieder zurück.«
    Am Nachmittag erwachte Jannis zu den Klängen des Transistorradios. Er war ungeduldig, er fühlte sich stark, er kratzte sich im Brusthaar. Was er vorhatte, war reiner Wahnsinn. Kein Mensch sollte mit einem zehn Monate alten Kind auf der Rückbank alleine quer durch Europa reisen. Aber jetzt war es zu spät, es sich noch einmal anders zu überlegen. Sein Brustkorb schäumte vor später Herbstsonne und Erwartung. Er spürte einen verdienten Triumph in den Gliedern. Während er die Arme streckte und eine Grimasse schnitt, sah er vor sich, wie seine Tochter aufwachen und er an den Straßenrand fahren würde, damit er sie mit dem Brei aus der Thermoskanne füttern konnte, während die Autos in einem Schleier aus Diesel und Chrom vorbeiwischten. Er sah vor sich, wie er das Fenster herunterkurbeln und Grenzpolizisten in schlecht sitzenden Uniformen die schwedischen Papiere überreichen würde, wie sie auf der Rückbank oder in billigen Pensionen übernachten und nach ein paar monotonen Tagen die gewundenen Straßen hinauffahren würden, so wie der Eisverkäufer es immer getan hatte, bis sie in eine Wolke aus Staub und Piniennadeln gehüllt ins Dorf rollten. Er sah die Kinder vor sich, die in Turnschuhen neben dem Wagen herliefen, pfiffen und auf das Dach schlugen. Er sah die älteren Dorfbewohner ihre Augen mit einer Hand beschirmen und blinzeln, ehe sie seiner Tochter durch das herabgekurbelte Fenster in die Wange kniffen. Und er sah seine Mutter mit Maja auf der Böschung stehen, noch argwöhnisch, während sie zu verstehen versuchte, wer da mit einem Zicklein auf dem Arm näher kam.
    Eine halbe Stunde später verließ der Saab Lund. Am nächsten Morgen war er

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