Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Grieche

Der letzte Grieche

Titel: Der letzte Grieche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aris Fioretos
Vom Netzwerk:
Kinder, die barfuß an seiner Seite saßen, ansahen und anschließend den Kopf schüttelten.);
    3) das Geräusch seiner schnarchenden mána ;
    4) auf einem Streichholz zu kauen, bis es nach Zellulose schmeckte;
    5) Kanalisationssysteme zu entwickeln (»Du kannst werden Vizepräsident in Schwedisch-makedonischer Wassergesellschaft, Mars. Aber erst wir müssen üben, dann wir revolutionieren.«);
    6) alle Kartenspiele außer Poker, sowie
    7) schwedische Frauen, nicht unbedingt blond.
    Mit einer Ausnahme sollte Jannis letztere allerdings nur aus der Ferne lieben.
    EINE AUSNAHME . Wie war das jetzt eigentlich mit dem Kindermädchen? Ihre Frisur, einer Glocke aus gesponnenem Zucker gleich, die sie aus einer Illustrierten kopiert hatte und über die Jannis nachsann, seit er erkannt hatte, dass die Familie Florinos keinen Filmstar angestellt hatte – dieses glänzende Monument von einer Frisur hatte den gleichen roggenblonden Ton wie die Haare der Frau auf dem Plakat vor dem Odeon in Thessaloniki. Im Badezimmer bei Aga und Stig Svensson befanden sich jedoch Utensilien, die bezüglich des Ursprungs Fragen aufwarfen. Wir wollen Anton alias Mars an einem Nachmittag mit Pollen in der Luft dorthin begleiten.
    Als Florinos’ Sohn erzählte, dass sich die frisch gegründete Schwedisch-makedonische Wassergesellschaft nach Aufträgen in der näheren Umgebung umsehe, erklärte Agneta, der Mann ihrer Tante besitze eine Dampfmaschine, die er nicht mehr benutze. Sie könne an diverse Fahrzeuge angeschlossen werden, zum Beispiel Lokomotiven und Traktoren. Ob sie eventuell etwas für die Gesellschaft sei? Jetzt ging sie mit dem Jungen die Dorfstraße hinab. Nach einer Stunde mit Onkel Stig, der eine Zeitung ausgebreitet und die Mechanik erklärt hatte, während er diese mit gemächlicher Fürsorglichkeit putzte, entschuldigte sich der Junge jedoch. Er suchte das Badezimmer auf, in dem der Duschvorhang noch feucht war und der flauschige Teppich von einem prächtigen Fußabdruck geziert wurde. Die Dampfmaschine würde der Gesellschaft keine große Hilfe sein. Nachdem er sich die Hände gewaschen hatte, betrachtete er die Flaschen, die mit Etiketten wie Peroxid und Tönungsmittel auf der Fensterbank standen. Am Regler des Heizkörpers hing eine Haube aus durchsichtigem Plastik, in einer Tasse standen buschige Pinsel, eingewickelt in Stanniol und einen Gefrierbeutel. Die Pigmente auf dem Boden der Tasse sahen aus wie eine Miniatursonne und leuchteten so hartnäckig, dass auch unbedeutendere Dinge anfingen, Schatten zu werfen.
    Als der Vizepräsident dem Präsidenten am Abend erklärte, die Dampfmaschine werde ihnen bei den Vorbereitungen zur Kanalisierung Makedoniens nicht nützlich sein, erwähnte er auch seine Funde im Badezimmer. Danach konnte sein Chef folgende Schatten beobachten:
    I.  Agnetas Unterarme, vor allem, wenn sie am Küchentisch sitzend die platte Nivea-Dose öffnete und sich die Hände einrieb;
    II . Agnetas Nacken, vor allem, wenn sie den Kopf im Licht vom Fenster drehte und ein paar stoppelige Haare über dem Kragen ihrer Bluse sichtbar wurden, ehe sie wie Ameisenpfade unter dem Heuhaufen verschwanden; sowie
    III . Agnetas Achselhöhlen, vor allem, wenn sie sich in der Vorratskammer nach etwas streckte und ihr ärmelloses Kleid die geheimnisvolle Vertiefung für einen kurzen Moment in den Abdruck eines Igels verwandelte.
    Auch wenn diese Indizien keine Konsequenzen für die Wasserversorgung in Makedonien hatten, sollten sie doch entscheidende Bedeutung für die Ereignisse in Haus Seeblick bekommen. An jenem Abend, an dem der Vizepräsident von seinen Funden berichtete, schüttelte Jannis allerdings nur den Kopf: »Was ich kann sagen, Mars mou? Agneta, sie bestimmt ist Ausnahme.« Er schob das Streichholz vom einen Mundwinkel zum anderen. Dann lächelte er. »Vielleicht außen Schwedin, innen Griechin?«
    LEBENSRETTUNG EINES HELDEN . Im Juni wurde das Wasser im Rövaren so warm, dass auch die Dorfbewohner ein kühles Bad wagten – das heißt, alle bis auf einen Vollgriechen, der darüber nachdenken musste, ob er das Angebot annehmen sollte, Ortsvorsitzender im Schwedischen Komitee für die griechische Demokratie zu werden. Als Jannis seinen Landsmann auf der Veranda verließ – der Kiesweg buckelte regelmäßig unter den Holzschuhen –, entdeckte er Anton und Theo unten am Steg. Die Kinder drehten sich um, aber statt ihm zuzuwinken, schnitten sie Grimassen. »Was mit diesen Dingern ist verkehrt?«, wollte der

Weitere Kostenlose Bücher