Der letzte Krieger: Roman
Ein Feind, der gefährlicher war, als es ein Heer Trolle jemals sein konnte, bedrohte die Elfenlande, und die vier Völker schickten Jäger, Heiler, Baummagier, Windformer und Zauberschmiede zu ihrer Verteidigung. Die Schwerter, die viele von ihnen trugen, täuschten Mahalea nicht. Es waren Erbstücke, ehrfürchtig weitergegeben unter den Nachfahren einstiger Helden. Kaum einer der Träger hatte je mehr als einen Schwerttanz damit vollbracht. Und das dürften noch die Erfahrensten im Umgang mit einer Klinge sein.
Doch statt zu triumphieren, schwankte sie zwischen Wut und Sarkasmus. Was sie hatten, musste genügen. Sie war dazu verdammt, sich über jeden Freiwilligen zu freuen, der überhaupt nach Anvalon kam. Mühsam würgte sie ein bitteres Lachen in ihre Kehle zurück. Die Erhabene gebot der Versammlung Schweigen. Stille legte sich über den Saal.
»Der Rat tritt heute zusammen, um Konsequenzen aus unseren neuesten Erkenntnissen über unseren Gegner zu ziehen«, verkündete Ivanara. »Die Kunde erreichte uns bereits gestern, doch heute sind die Späher selbst eingetroffen, damit wir ihnen Fragen stellen können. Es wird uns helfen, unsere Entscheidungen nach bestem Wissen zu treffen. Wer von euch wird sprechen?«, wandte sie sich an die Kundschafter, die unter den Söhnen und Töchtern Piriths saßen.
Mahalea kannte die beiden Männer nur flüchtig. Seit vielen Jahren dienten sie in Beleam und waren ihr dort und gelegentlich auch bei einem Spähflug begegnet. An ihrer Erfahrung als Kundschafter gab es keinen Zweifel. Dennoch ärgerte es Mahalea noch immer, dass sie diese wichtige Aufgabe der Besatzung Beleams hatte übertragen müssen, nur weil Uthariel durch die Rettung der Faune unterbesetzt gewesen war. Hab dich nicht so. Als Kommandantin konnte sie nicht alles selbst erledigen. Auch wenn sie es noch so gern wollte.
Der Ältere der beiden erhob sich. Gelbliche Strähnen durchzogen sein rotes Haar, und selbst seine Augen waren von einem stechenden Gelb, wie es nur unter den Abkömmlingen Piriths vorkam. »Das werde ich übernehmen«, sagte er und suchte Feareths Blick. Kavaraths Sohn nickte ihm zu.
Wozu braucht er die Erlaubnis seines Ältesten? , wunderte sich Mahalea.
»Dann erstatte uns Bericht, Wächter«, gebot die Erhabene.
Der Mann nickte. »Wir wurden ausgesandt, um mehr über unseren Feind herauszufinden. Unser Auftrag lautete zu erkunden, woher die Untoten kommen und wie viele es von ihnen gibt. Ersteres konnten wir ergründen. Letzteres lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Es scheint diesen Kreaturen nicht möglich zu sein, sich bei Tageslicht zu zeigen. Sie brauchen den Schutz der Nacht, wenn die Macht des Nichts stärker ist als die Macht des Seins. Doch in der Dunkelheit konnten wir sie nur sehen, wenn wir ihnen sehr nahe kamen, deshalb kennen wir ihre Zahl leider nicht. Aber wo immer wir im Kernland Theroias bei Nacht landeten, dauerte es nicht lange, bis wir auf Untote stießen. Wir glauben deshalb, dass sie sehr zahlreich sind.«
Unter jenen, die nicht vorab von den neuen Erkenntnissen erfahren hatten, löste die Nachricht aufgeregtes Flüstern aus. In vielen Mienen zeigte sich Angst. Alle hatten von den Weissagungen der Seherin in Ardarea gehört, und auch die Kunde vom Gemetzel unter den Faunen war längst in ganz Anvalon bekannt. Angesichts des Getuschels zögerte der Späher, weiterzusprechen, doch die Erhabene forderte ihn mit einem Wink auf, fortzufahren. Sofort erstarb das Gemurmel.
»Wir bedauern es sehr, dass wir diese Aufgabe nicht besser lösen konnten«, betonte der Späher. »Die Zeit drängte, und es …«
»Eine Entschuldigung ist nicht erforderlich«, fiel die Erhabene ihm ins Wort. »Nur die Augen einer Eule könnten den Feind bei Nacht aus der Luft entdecken. Fahr fort!«
Der Mann wirkte dennoch unsicher. Wieder suchte er den Blick seines Ältesten, der ungeduldig eine auffordernde Geste machte. »Dann wäre da also noch die Frage nach der Herkunft der Untoten«, nahm der Kundschafter seinen Faden wieder auf.
Es kam Mahalea vor, als hätte er die Worte auswendig gelernt. War er so nervös, weil er vor Publikum sprechen musste? Wie alle Grenzwächter lebte er seit Jahren im kleinen Kreis seiner Kameraden und verbrachte viel Zeit allein in der Wildnis.
»Wir sind bei Nacht an verschiedenen Stätten gewesen, die uns verdächtig schienen, Theroia selbst, die kleineren Städte entlang des Sarmandara. Überall gingen einige Untote um, die uns sofort angriffen,
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