Der letzte Krieger: Roman
sodass wir fliehen mussten. Aber die weitaus meisten sind uns in der Nekropole Nekyra begegnet.«
Ratlose Gesichter verrieten, dass viele Anwesende diesen Namen nie gehört hatten. Köpfe wurden zusammengesteckt, wo gebildetere Elfen ihren Bekannten und Freunden erklärten, wovon der Späher sprach.
Konnte es wahr sein? Mahalea hatte die Totenstadt niemals gesehen. Sie kannte sie lediglich von vergilbten Karten, denn seit dem Ende des Alten Reichs bestatteten die Menschen ihre Toten nicht mehr an fernen Plätzen, sondern zogen es vor, sie in ihrer Nähe zu behalten. Als Kundschafterin hatte sie mehrmals gesehen, wie in den Dörfern Leichen zu Grabe getragen wurden. Wie die Menschen den Ewigen Tod feiern konnten, hatte sie nie verstanden, aber es war ihr auch gleichgültig gewesen. Wer verstand schon, warum ein Hahn bei Sonnenaufgang krähte oder ein Troll nie seinen Bart kämmte? Sie wussten es eben nicht besser. Doch auch wenn die Menschen die Nekropole seit langer Zeit nicht mehr benutzten, konnte es dort noch immer viele uralte Leichen geben.
»Wie sicher seid ihr euch?«, fragte sie.
Der Späher straffte sich. »Wir sind uns sehr sicher, Kommandantin, aber natürlich wissen wir nur wenig über diese Kreaturen. Vielleicht erheben sie sich überall von selbst, und es gibt keinen Ort, an dem diese Seuche ihren Anfang nahm.«
Bevor Mahalea antworten konnte, ergriff Feareth das Wort. »Waren es nicht die Faune, die sagten, dass sich die Untoten ausgebreitet hätten?«
Mahalea gab ihm ungern recht, aber in dieser Frage hatte sie wenig Zweifel. » Alle Hinweise deuten bis jetzt darauf, dass dieses Unheil irgendwo im Herzen Theroias seinen Anfang nahm und sich von dort ausgebreitet hat. Nur so ist es zu erklären, warum immer weitere Landstriche von den Tieren verlassen wurden.«
»Dann müssen wir das Übel an der Wurzel ausreißen!«, rief jemand, und sogleich stimmten einige ein. »Räuchern wir diese Nekropole aus!«
Irgendetwas passt daran nicht, aber was?
Die Erhabene stand auf und brachte die Menge damit zum Schweigen. »Hat noch jemand eine Frage an die Kundschafter?«
Niemand meldete sich zu Wort.
»Dann sehen wir uns nun mit folgender Lage konfrontiert«, fuhr Ivanara fort. »Unser Feind ist zahlreich, und wie wir erfahren haben, ist jeder von ihnen nur durch magisches Feuer oder die schiere Kraft eines Trolls zu besiegen. Er breitet sich von einem zentralen Punkt aus, wahrscheinlich der alten Totenstadt Nekyra, aber wir wissen weder aus welchem Grund noch mit welchem Ziel.«
Mahalea erhob sich. »Ich habe Zweifel daran, dass die Nekropole der Ursprung ist.«
Mit schwer zu deutendem Blick wandte sich die Erhabene ihr zu. »Die Kommandantin der Grenzwache zweifelt das Wort ihrer Kundschafter an?«
Bei allen Astaren! Sie war nicht vor Ort gewesen und konnte diese Männer nicht der Lüge bezichtigen. »Ich stelle nicht ihre Beobachtungen infrage, sondern die Schlüsse, die sie daraus gezogen haben. Die Nekropole liegt zu weit östlich. Der Bericht der Faune und meine eigenen Spähflüge, als ich noch nicht Kommandantin war, deuten eher auf Theroia hin.«
»Bei dieser Auffassung muss ich mich der Kommandantin anschließen«, ließ sich Feareth vernehmen.
Ausgerechnet der Älteste der Abkömmlinge Piriths stimmte ihr zu? Obwohl die Späher seinem Volk angehörten?
»Ich habe mir die Lage der Totenstadt gestern Abend angesehen«, mischte sich Peredin ein. »Sie ist höchstens zwei Tagesmärsche von Theroia entfernt. Wie wollt ihr da so genau abschätzen können, von wo das Unheil ausgeht?«
»Wenn das so ist, sollten wir tatsächlich besser auf das Urteil jener vertrauen, die dort waren«, pflichtete ihm der Älteste der Abkömmlinge Ameas bei. »Wir können doch die Aussagen dieser mutigen Männer nicht einfach verwerfen, als ob sie dumme Kinder wären.«
Die Erhabene nickte. »Faune sind schlechtere Zeugen als unsere Späher, zumal sie weder in Theroia noch in Nekyra waren. Es liegt nahe, dass dieser Spuk seinen Ursprung in einer Totenstadt nahm. Ich erwäge, weitere Kundschafter dort hinzusenden, um herauszufinden, wer oder was diese Leichen zu widernatürlichem Leben erweckt.«
»Dafür ist es zu spät!«, protestierte Kavarath. »Eure Nichte sagt, dass uns höchstens noch ein halber Mond bleibt, bis die Untoten unsere Wälder erreichen. Die Hälfte der Zeit würde verstreichen, bis die Späher zurückkämen, und das Heer des Feinds hätte sich längst in Bewegung gesetzt, bevor unsere
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