Der letzte Krieger: Roman
Tochter …«
»Denethars, des großen Helden der Trollkriege, ja, ja. Verschon mich! Wenn du wissen willst, was passiert ist, schließ dich mir an. Ich will tiefer ins einstige Grenzland Theroias vordringen, damit uns dort nichts entgeht.« Sie kannte seine Antwort – noch bevor er sie kannte. Dafür schätzte sie die Abkömmlinge Piriths. Was ihrem eigenen Volk an Tatendrang fehlte, brachten einige von ihnen im Übermaß mit. Doch was nützte es, solange jene mit den größten Begabungen ihre Zeit mit Liedern und bunten Papierdrachen verschwendeten?
Zum Herumsitzen bin ich einfach nicht geboren. Seit dem fürstlichen Frühstück aus Beeren in Honigrahm und warmem Hirsegebäck versuchte Athanor, sich mit sinnvollen Kleinigkeiten die Zeit zu vertreiben, doch allmählich gingen sie ihm aus. Was vor allem daran lag, dass der junge Elf, der ihn bediente, stets schon an alles gedacht hatte. Seine alten Stiefel standen gesäubert, poliert und neu besohlt auf der Schwelle. Die zerschnittene Hose lag auf der steinernen Bank, gewaschen und so kunstfertig geflickt, dass die Nähte kaum zu sehen waren. Sogar der abgewetzte Waffenrock hatte keine Flecken mehr, und das Kettenhemd roch nach einem fremdländischen Öl, das es vor Rost schützen sollte. Als Athanor einen brüchigen Riemen seines Gepäcks inspizierte, lief der Junge gleich mit der ganzen Tasche davon. So blieb ihm nur, seine Klingen zu schärfen, denn die Waffen rührte der Elf nicht an. Es war, als nehme er sie nicht einmal wahr. Außer um ihnen auszuweichen, wenn sie im Weg lagen.
»Nicht, dass ich Wert darauf legen würde, dich mit meinem Schwert herumspielen zu sehen, aber … Ist es dir verboten, es anzufassen?«
Der Junge sah ihn an, als hätte er gefragt, ob sich die Wurzeln eines Baums am Boden befanden. »Ich, ähm, würde nicht sagen, dass es verboten ist. Aber warum sollte ich es berühren wollen?«
»Hm, weil alle Jungen, die ich kannte, ganz versessen auf Schwerter waren. Mich selbst eingeschlossen.«
»Ihr habt damit getötet, oder nicht?«
»Natürlich. Dazu ist es da.«
»Dann ist es unrein. Der Hauch des Todes haftet ihm an. Wenn man unreine Dinge berührt, macht man das Nichts auf sich aufmerksam.«
Athanor verstand. »Ach so. Den Herrn der Schatten.«
»Wen?«
»Den … Nein, vergiss es. Nur etwas, das dieser übellaunige Davaron sagte. Aber der gibt sich ja auch mit unreinen Dingen ab.«
»Damit nimmt er ein großes Opfer auf sich«, erklärte der Junge, als müsste er den Älteren verteidigen.
»Ja, ja, schon gut.« Lobreden auf diesen Mistkerl waren das Letzte, was Athanor hören wollte. Trotz der Fenster war die Luft im Gästehaus davon stickig geworden. »Ich muss einen Spaziergang machen, sonst komme ich noch um vor Langeweile.«
Bevor der Junge etwas erwidern konnte, war Athanor schon hinausgestürmt. Kaum war er über die Schwelle getreten, hielt er jedoch abrupt wieder an. Ganz in der Nähe saß ein Elf in einer ähnlichen Rüstung, wie Elanya sie getragen hatte, unter einem Baum und sah zu ihm hinüber. Ein Wachhund. Athanor machte einen weiteren Schritt und wartete. Der bewaffnete Elf stand auf, wirkte aber nicht, als wollte er ihn um jeden Preis aufhalten. Nein, ich werde dich nicht fragen, ob ich dieses Haus verlassen darf. Wenn er ein Gefangener war, sollten die Elfen es ihm gefälligst sagen. Aber der Wächter schwieg auch, als Athanor an ihm vorbeischlenderte und ihm knapp zunickte. Anstatt den Gruß zu erwidern, folgte ihm der Elf in einigen Schritten Abstand. Glaubten diese Leute wirklich, er würde mit bloßen Händen über sie herfallen? Dass er sich aus heiterem Himmel auf sie stürzte wie ein Löwe, der aus seinem Käfig entkommen war?
Obwohl er die Blessuren des Kampfs noch spürte, fühlte er sich im Freien sofort besser. Wenn es nach den Blicken gegangen wäre, mit denen die Elfen ihn bedachten, hätte er sich allerdings vor Schmerz am Boden gewunden. Mütter riefen mit ängstlicher Miene ihre Kinder ins Haus. Verwünschungen wurden gemurmelt. Ein alter Mann hob drohend einen Stab, als könnte Athanor auf die Idee kommen, seinen Garten zu plündern. Und selbst jene, die ihn nicht argwöhnisch anblickten, sahen hochmütig und abweisend aus. Vielleicht sollte er einfach wieder gehen. Die Elfen Elfen sein lassen und seiner Wege ziehen. Wenn er nur gewusst hätte, welche seine Wege waren …
»Athanor!«
Er sah sich um und entdeckte den Jungen, der herbeieilte und ihm bedeutete, auf ihn zu warten.
»Ihr
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