Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Kuss

Der letzte Kuss

Titel: Der letzte Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillips Carly
Vom Netzwerk:
bemühte sie sich auch nicht weiter.
    Zwanzig Minuten später war sie zuhause, hatte ihre Partykleidung ausgezogen und war in etwas Gemütliches geschlüpft  – ihr Lieblingsoutfit, ein weißes, ärmelloses Kleid, das bis Mitte Wade reichte und um den Saum herum eine dicke Spitzenrüsche aufwies. Ehe Beth es aufhängen oder an jemanden verkaufen konnte, hatte Charlotte es damals aus der Schachtel geschnappt. Das Kleid war eine von den wenigen
Sachen, die sie mit nach Hause nahm, anstatt sie zu verkaufen  – weil es gemütlich und doch sehr weiblich war; sie fühlte sich darin total sie selbst.
    Sie mixte sich ein Glas Eistee, griff sich ihr Lieblingsbuch, stieß das Fenster auf, das zur Feuerleiter aufging, und stieg hinaus. Eine kühle Brise strich über ihre Haut. Bei der Besichtigung dieses Apartments hatte die versteckte Feuerleiter sie am meisten gereizt – auch die Möglichkeit, einfach aus dem Bett zu schlüpfen, um die Treppe hinunter zur Arbeit zu gehen.
    Jedes Mal, wenn Charlotte hier hinauskletterte, fand sie die Einsamkeit, die sie erwartete, herrlich. Sie setzte sich hin und blätterte in dem großformatigen Buch in ihrem Schoß. Von all ihren Reisebüchern und Broschüren war ihr Zauberhafte Zufluchtsorte das liebste. Sie hatte es mit dem Geld ihres ersten Babysitter-Jobs erstanden und deshalb ausgewählt, weil es besonders Los Angeles hervorhob, mit dem riesigen Hollywoodschriftzug am Berghang. In der Stadt der Engel waren die Stars und Berühmtheiten zuhause, Leute wie ihr Vater, dachte sie, als sie noch klein genug zum Träumen war.
    Mit dem Kauf dieses Buches konnte sie sich die Orte ausmalen, wo sie ihn vermutete, die Restaurants, die er häufig aufsuchte, die Leute, die er dort traf. Sie hatte Szenarien heraufbeschworen, in denen er sie bei der Hand nahm, sie all den wunderschönen Menschen vorstellte, und ihr die exotischen Schauplätze zeigte. Später, nachdem sie erwachsen war und verstanden hatte, dass er niemals für immer zurückkommen würde, hatte sie den Traum, in dem er sie mitnahm, ersetzt durch einen, in dem sie allein reiste und diese Orte für sich entdeckte.
    Aber mit diesem Traum kam auch die schreckliche Angst,
dem Mann zu gleichen, den sie verachtete. Sie wusste tief in ihrem Herzen, dass sie es niemals wagen würde, solche Reisen zu unternehmen. Sie wollte nicht Gefahr laufen, durch die bittere Realität enttäuscht zu werden – oder selbstsüchtig zu werden wie er.
    Trotzdem brachten ihr Bücher wie dieses Ablenkung, wenn sie eine Besänftigung brauchte. Sie verbannte dann einfach ihren Vater und ihre Vergangenheit aus ihren Gedanken und genoss eine Fantasiereise mit wunderbaren neuen Schauplätzen. Jetzt atmete sie tief durch und blätterte die Seiten um, aber sie schaffte es nicht, sich darin zu verlieren. Nicht heute Abend.
    In diesem Moment hörte sie jemanden an ihre Tür hämmern. Sie rieb sich die Arme. Eine Gänsehaut überkam sie. Das Geräusch wiederholte sich, und sie stürmte hinein. Mitternacht war für Yorkshire Falls nicht die angemessene Besuchszeit.
    Hastig legte sie das Buch auf den Tisch und ging zur Tür. »Wer ist da?«
    »Roman. Mach auf.«
    Ihr drehte sich der Magen um. »Es ist spät.« Außerdem war sie nicht in der Stimmung für noch mehr körperliches Geschiebe und Gedränge.
    Erneut hämmerte er an die Tür. »Mach schon, Charlotte! Nur für fünf Minuten.« Seine Stimme war verführerisch tief.
    Sie lehnte sich gegen die Tür – selbst das Holz zwischen ihnen konnte nicht verhindern, dass eine Hitzewelle ihren Körper durchflutete. »Geh lieber.«
    »Nicht, ehe wir geredet haben.«
    »Komm morgen früh in den Laden.« Wenn Beth als Prellbock in der Nähe ist, dachte Charlotte.
    Als Antwort schlug er mit der Faust gegen die Tür.

    »Du weckst die Nachbarn!«
    »Dann lass mich rein.«
    »Ich wünschte, ich könnte es«, sagte sie, zu leise, als dass er es hätte hören können. Auf keinen Fall durfte sie ihn in ihr kleines Apartment lassen, wo er sie mit seiner Gegenwart überwältigen würde, mit seinem Geruch, seiner Ausstrahlung. Sie lehnte ihre Stirn gegen die kühle Tür, aber das brachte ihr keine Erleichterung von der inneren Hitze, die er verursachte.
    Draußen kehrte Stille ein, und obwohl sie das verlangt hatte und erleichtert sein müsste, war sie enttäuscht, dass er so schnell aufgab. Sie ging zurück zum Tisch, aber das Buch, das sie zuvor gereizt hatte, erinnerte sie jetzt nur noch an versäumte Gelegenheiten. Plötzlich von

Weitere Kostenlose Bücher