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Der letzte Kuss

Der letzte Kuss

Titel: Der letzte Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillips Carly
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oberhalb ihres Bauches auf die Bettdecke. Sie hatten sich einen gesunden Appetit geholt, und sie schämte sich nicht, das zuzugeben.
    Worüber sie sich schämte war, zu tief in ihr eigenes Herz zu schauen, weil sie nicht mehr dieselbe Frau war, die diesen Gasthof betreten hatte. Ihr kam es zu einfach vor, mit diesem charmanten Mann zusammenzusein, der ebenso leicht Ehrlichkeit versprach, wie er garantierte, aus der Tür zu spazieren.
    Er griff sich die grüne, ledergebundene Mappe vom Nachttisch und überprüfte das Angebot an Mitternachtsnacks.
    »Was habe ich für eine Wahl?«, fragte sie.
    »Nicht so überwältigend, du wirst es nicht glauben. Es gibt einen Keksteller, dazu verschiedene Teesorten, eine Gemüseplatte mit Honigsenf oder Schimmelkäse-Dip und eine Auswahl an Cola. Es gibt auch noch frische Früchte der Saison. Ich kann mir nicht vorstellen, was das zu dieser Jahreszeit sein soll, aber eins ist klar: Wir kriegen nichts Warmes oder Hausgemachtes.« Er lachte. »Soll ich dir also das Gemüse bestellen?«
    Sie zog eine Augenbraue hoch, überrascht, dass er das Falsche genannt hatte. »Ich schätze, du kennst mich doch nicht so gut, wie du glaubst.«

    »Na, das ist eine Herausforderung. Du willst also das Obst?«
    Sie rümpfte die Nase. »Roman Chandler, mit was für Frauen hängst du herum?« Sie schüttelte den Kopf. »Vergiss sofort, dass ich das gefragt habe.«
    Er ließ sich neben ihr nieder. »Tut mir Leid, das kann ich nicht.« Er nahm ihre Hand und begann, langsam und stetig ihren Handteller zu massieren. Seine Berührung war genauso verführerisch, wie seine Augen faszinierend und blau waren. »Der Ruf der Chandlers wird ganz gewaltig überschätzt.«
    »Ach, wirklich? Es ist also nicht so, dass ihr Brüder Frauen sammelt?«
    »Ich sage ja nicht, dass sie nicht Schlange stehen.« Sein freches Grinsen zeigte ihr, dass er scherzte. »Aber ich weise sie auf jeden Fall ab. Ich werde zu alt für die Drehtür.«
    Trotz seines neckenden Gesichtsausdrucks warf sie ein Kissen nach ihm. »Ich wüsste gern etwas über deinen Vater – ich erinnere mich nicht mehr so richtig an ihn. Hatte er denselben Ruf eines Frauentyps? Eifert ihr drei ihm nach?«
    Er schüttelte den Kopf. »Die einzige Frau, an der mein Vater Interesse hatte, war mein Mutter, und umgekehrt.«
    »Wenn mein Vater nur die Gefühle meiner Mutter genauso erwidert hätte wie deiner.«
    Nachdenklich lehnte er seinen Kopf zurück. »Weißt du was, unsere Mütter sind eigentlich gar nicht so verschieden.«
    Charlotte musste einfach lachen. »Das ist ja wohl nicht dein Ernst.«
    »Doch. Vergiss für einen Moment deinen unbeirrbaren Groll auf deinen Vater und betrachte einmal Folgendes. Er verschwand, und deine Mutter sitzt seitdem da und wartet, stimmt’s?«

    »Ja«, gab sie zurück, wusste aber überhaupt nicht, worauf er hinaus wollte.
    »Und mein Vater starb, und meine Mutter hat nie mehr etwas mit einem anderen Mann zu tun gehabt. Bis zu dieser Woche, aber das ist eine andere Geschichte.« Dieser verdammt einfühlsame Blick hielt ihren fest. »Da ist nichts so besonders unterschiedlich. Sie haben beide ihr Leben auf Eis gelegt.«
    »Ich glaube, da hast du nicht ganz Unrecht.« Sie blinzelte, völlig erstaunt, dass ihnen beiden etwas so Grundlegendes gemeinsam war.
    Trotzdem hatte sich nichts für sie beide geändert – selbst wenn sie ihm jetzt gefühlsmäßig stärker verbunden war. Verdammt. Ihre langfristigen Ziele waren immer noch grundverschieden und unvereinbar. Sie durfte das während ihrer gemeinsamen Zeit nicht vergessen, warnte sie sich.
    In Romans Kopf hallten seine eigenen Worte nach. Seine Mutter hatte ihr Leben, wie es schien, für immer auf Eis gelegt. Weil sie so sehr einen Teil des Lebens seines Vaters dargestellt hatte, war sie ohne ihn verloren gewesen. Bis eben, als er diese Schlussfolgerung laut ausgesprochen hatte, war ihm nie bewusst geworden, dass seine Mutter sich nicht mehr weiterentwickelt hatte.
    »Wenigstens hat Raina eine Version von ›glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende‹ erlebt«, unterbrach Charlottes Stimme seine Überlegungen.
    Ihre Worte gaben ihm zu denken. War dieses Märchenende, das so viele Frauen sich wünschten, noch etwas wert, wenn sie den Rest ihres Lebens dann in einem unglücklichen Schwebezustand verbrachten? Bei seiner Mutter also kurzfristiges Glück auf Kosten langfristiger Erfüllung? In der Situation von Charlottes Mutter die Jagd nach einem Traum,
der nie wahr werden

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