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Der letzte lange Sommer: Island-Roman (German Edition)

Der letzte lange Sommer: Island-Roman (German Edition)

Titel: Der letzte lange Sommer: Island-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Trodler
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Gefährlich. Krankenhaus. Viele sterben daran. Rauchvergiftung. Wieder sah sie zu ihm herunter. Blass war er und seine Lippen blau. Sie erinnerte sich daran, dass blaue Lippen kein gutes Zeichen waren. Kein gutes Zeichen. Na, und jetzt???
    Elías schlug die Augen auf. »Mädchen«, hauchte er schwach. Dann fielen die Augen wieder zu. Lies sank neben ihm zu Boden. Sie war vollkommen ratlos – ratloser als damals, als sie ihn an der Jökulsá gefunden hatte, denn dort hatte er ihr sagen können, was zu tun war. Jetzt sagte er gar nichts mehr. Er starb – vielleicht starb er, hier vor ihr auf dem Boden. Die Einsamkeit, die sie auf Gunnarsstaðir lange nicht mehr empfunden hatte, überfiel sie nun von hinten und lähmte sie. Einsam – einsam – einsam. Bevor die braunen Faltenberge über ihr zusammenklappen konnten, raffte sie sich auf.
    »Elías – was mach ich mit dir?«, fragte sie mit bebender Stimme.
    »Bett«, murmelte er. »Bett.«
    Ins Bett – wohin sonst. Vor allem weg vom Brandherd, denn der stank bis zum Haus und biss in die Schleimhäute – was in aller Welt mochte da wohl brennen?! Bis zum Schlafzimmer war es trotz des Rettungsgriffes ein langer Weg. Lies machte Pausen zwischendurch, in der Diele fiel sie über die Schuhe, über Kisten, über Krempel, verfluchter Krempel, man musste ihn endlich mal aufräumen – aber immerhin war sie schon mal im Haus, denn natürlich hatte es draußen angefangen zu regnen. Elías stöhnte. Sie hatte das Gefühl, dass er in ihren Armen immer schwerer wurde.
    »Höskuldstaðir«, flüsterte er, »Höskuldstaðir. Tilli. Telefon …«
    Telefon.
    Lies starrte die Wand an. Genau das trat nun ein, worauf Jói sie damals vorbereitet hatte, als sie entdeckt hatte, dass es kein Telefon auf diesem verfluchten Hof gab. Nach Höskuldstaðir sollte sie. Hinüberreiten. Reiten . Sie konnte nicht reiten, verdammt noch mal. Sie konnte es nicht, und sie wollte auch nicht. Sie wollte zivilisiert in ein Auto steigen und zivilisiert Hilfe holen. Sie wollte überhaupt nicht wegmüssen, sondern hier, von seiner Bettkante aus, Hilfe herbeiholen, sie wollte ihr Handy benutzen, wie das jeder zivilisierte Mensch tat …
    Elías lag da wie tot, sein Atem ging schleppend. Entweder fand sie ihn lebend oder tot auf, wenn sie Hilfe holte. Dann aber würde er auch sterben, wenn sie blieb. Die Entscheidung drückte, und gleichzeitig empfand sie unglaubliche Wut über das fehlende Telefon, was für eine Schwachsinnsidee, eine scheißverfluchte Schwachsinnsidee, ein Hof ohne Telefon, was für ein mittelalterliche, verfluchte Schwachsinnsidee …
    Der Alte nahm ihre Hand und drückte sie – das erste Mal, seit sie auf Gunnarsstaðir war, dass er sie so anfasste. Ein stumme Bitte – ihr Marschbefehl.
    Stark beunruhigt verließ sie das Haus. Eine Dreiviertelstunde bis Höskuldstaðir. Auf dem Pferd. Ihre Hände zitterten. Das konnte doch nicht wahr sein – das konnte einfach nicht wahr sein!
    »Ich kann nicht reiten!!!«, brüllte sie in den Wind. »Ich kann’s verflucht noch mal nicht!!!« Den Wind interessierte das wenig, er fuhr in ihr Haar, dass es an den Wurzeln wehtat, und sie hasste ihn dafür, dass er nie still war. Scheißwind, Scheißisland, Scheiß Elías, Scheiß – überhaupt, ach – Lies kickte einen Stein hoch und schluchzte auf. Reiten. Reiten.
    Sörli stand am Zaun, neben dem offenen Tor, und sah sie aufmerksam an. Mit klopfendem Herzen schloss sie das Tor. Sie sah das Pferd nicht an. Holte einfach den Sattel und das Zaumzeug aus dem Stall. Sortierte das Zeug auf der Wiese, während der Wind sich wieder einmischte und nervte. Sie überlegte, was wie wohin gehörte... Das weiße Pferd schnaubte langgezogen. Drinnen lag der Alte und starb vielleicht. Den Sattel aufgelegt. Festgeschnallt. Zu eng? Zu locker? Keine Ahnung. Egal. Das Kopfstück angezogen, erst verkehrt herum, dann alles verdreht, der Zügel fiel herunter, das Gebiss rutschte unter den Kiefer, ihre Hände zitterten, fast verlor sie die Nerven. Sörli blieb wundersam ruhig. Lies atmete tief durch, dann fand sie endlich die Maulspalte, das Gebiss glitt hinein, und es passte irgendwie. Sörli kaute zufrieden – es kam ihr vor wie Zauberei, dass der sonst so wilde Hengst hier neben ihr stehen blieb, ihren jämmerlichen Versuchen voller Geduld begegnete und sich nicht trollte, wie es ein anderes Tier vielleicht getan hätte. Ob er wusste, was mit Elías geschehen war?
    »Sei einfach weiter nett, Pferd. Sei nett, du bekommst

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