Der letzte Massai
sich dafür interessiert, musste aber feststellen, dass Commissioner Eliots Bedingung, als Bewerber für Landzuweisungen im Besitz eines Vermögens von mindestens dreihundert Pfund zu sein, seine Ersparnisse bei weitem überstieg. »Ich bin zwar kein Farmer, aber ich dachte mir, wo es Farmer gibt, da gibt es auch Nutztiere. Man hat mir eine Stelle als Viehinspektor versprochen.«
»Klingt interessant«, erwiderte Lewis. »Wo postiert man Sie?«
»Ich bin mir nicht sicher. Offenbar haben die Eingeborenen große Herden, aber keine Ahnung, wie sie Viehkrankheiten behandeln sollen. Die Obrigkeit will verhindern, dass das Vieh der neuen Siedler an den gleichen Tierchen wie das Eingeborenen-Vieh erkrankt. Daher soll ich das Gebiet bereisen und Untersuchungen vornehmen. Der Vermittler in Cape Town nannte es Massai-Land.«
George Coll nahm den Kessel vom Feuer und goss das kochende Wasser in die Teekanne, fügte den Tee hinzu, wartete, bis er bis dreißig gezählt hatte, und klopfte einmal kräftig mit dem Löffel gegen die Kanne. Er nahm seinen dampfenden emaillierten Becher zu der Stelle mit, wo er seine Unterlegplane neben einem Felsbrocken ausgebreitet hatte. Er konnte die Wärme des Felsens durch sein Hemd spüren, als er sich dagegenlehnte, zufrieden seinen Tee trank und über die dunkle Landschaft hinwegblickte.
Der Mond schaute über den Kikuyu-Steilhang und überzog die Oberfläche des in der Ferne liegenden Naivasha-Sees mit schimmernden Silberstreifen. Irgendwo in der Dunkelheit brüllte ein Nilpferdbulle, der das Terrain für sich reklamierte.
Coll hatte sich lange den Kopf über der Entscheidung zerbrochen, sich um diese Stelle in Ostafrika zu bewerben. Es war so weit weg von zu Hause. Was sollte er tun, wenn er seine Meinung änderte und wieder zurückwollte? Er hatte seinen letzten Penny für die Reise hierher ausgegeben.
Aber nach vier Monaten hatte er sich gut eingewöhnt, und er vermisste seine gewohnte Umgebung längst nicht mehr so sehr wie zu Beginn.
Es gab so viel zu tun als Viehinspektor im Massai-Land, doch er hatte das Gefühl, Fortschritte zu machen. Seine regelmäßigen Berichte an Commissioner Eliot in Nairobi schienen positiv aufgenommen zu werden. Aber nicht nur das, sie zeigten auch Wirkung, und er hatte die Genehmigung erhalten, mit seinem Krankheitsbekämpfungsprogramm zu beginnen. Am Morgen würde er den Rest des Weges nach Nakuru zurücklegen, um das erste Vieh-Desinfektionsbad zu beaufsichtigen.
Coll war ein Anhänger der neuen Theorie, dass Rinderzecken die Überträger vieler Krankheiten waren, die das Vieh befielen. Es würde ein wenig Zeit in Anspruch nehmen, um die Massai von dem Nutzen des Desinfektionsbads zu überzeugen, was einer der Gründe war, warum er Maa lernte, die Sprache der Massai. Er war zuversichtlich, dass er sie schlussendlich für die modernen Methoden gewinnen würde, wenn er ihnen die Theorie in ihrer eigenen Sprache erklärte und ihren Vorbehalten widersprechen konnte.
Der Mond verschwand hinter einer dicken Wolke – eine der wenigen, die den mit Sternen übersäten Himmel behütete. Das Nilpferd brüllte erneut und erhielt dieses Mal eine angriffslustige Antwort von einem Rivalen ganz in der Nähe.
Coll nippte an seinem Tee und starrte ins Feuer. Obgleich er sich noch an die Hitze gewöhnen musste, wusste er, dass sie gegen seine Beschwerden half. Die warme, trockene Luft des Tales schien ihn von seinem hartnäckigen Husten zu befreien. Im Großen und Ganzen fühlte er sich mehr als jemals zuvor in seinem Leben heimisch und mit sich im Reinen.
»Was soll das heißen, sie wollen ihr Vieh nicht hineintreiben?«, stieß Coll entrüstet hervor.
»Wie ich schon sagte. Sie trauen dem Viehbad nicht«, erwiderte der Assistant District Commissioner.
Der ADC war ein drahtiger Ex-Wilderer, der etwas Geld mit Elfenbeinhandel gemacht hatte, bevor die Belgier strenger gegen die chaotischen Zustände in der Lado-Enklave nördlich von Uganda vorgegangen waren.
»Aber es ist doch vollkommen ungefährlich.«
Der ADC lächelte nur und kaute auf einem Priemtabak herum. Sein Verhalten war äußerst ärgerlich. Doch Coll ließ sich nicht so leicht abspeisen. »Der District Commissioner sagte mir, Sie würden dafür sorgen, dass die Massai ihr Vieh desinfizieren lassen«, beharrte er.
»Er hat mir aufgetragen, dafür zu sorgen, dass die Massai mit ihrem Vieh hier auftauchen.« Der Mann nickte zu dem guten Dutzend alter Massai-Männer und -Jungen hinüber und
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