Der letzte Massai
nicht die leiseste Ahnung, wie man so ein Tier richtig zerlegt. Es war völlig zerhackt.«
Die Leute im Gerichtssaal nickten.
»Ruhe«, brummte der Richter. »Ruhe! Und ich möchte Sie daran erinnern, keine Gottlosigkeiten in meinem Gerichtssaal auszusprechen, Mr. Collins.«
»Mr. Collins«, fuhr der Ankläger fort, »Sie sagten in Ihrer eidesstattlichen Erklärung, dass Sie die Männer gefunden hatten, von denen Sie vermuteten, dass sie für den Tod Ihres Schafbocks verantwortlich waren. Darf ich fragen, was Sie dann taten?«
»Ich rief ihnen zu, stehen zu bleiben.«
»Und was war zu diesem Zeitpunkt Ihre Absicht?«
»Ich wollte diesem – verzeihen Sie, Euer Ehren – Diebespack eine Abreibung mit meiner
Kiboko
-Peitsche verpassen und sie nach Nakuru treiben, um sie wegsperren zu lassen.«
»Aber das ist nicht geschehen, nicht wahr, Mr. Collins? Die drei Männer blieben nicht stehen, sondern liefen davon. Und das hat Sie wütend gemacht.«
»Und ob mich das wütend gemacht hat.«
»Könnte man sagen, es hat Sie zur Weißglut gebracht, Mr. Collins?«
Collins starrte ihn zornig an. »Sie sind kein Farmer, nicht wahr, Mr. Wallis?«
»Beantworten Sie bitte nur die Frage«, erwiderte Wallis.
»Denn wenn Sie es wären, dann würden Sie nicht solch dumme Fragen stellen«, fügte Collins hinzu.
Im Gerichtssaal erhob sich zustimmendes Gemurmel. Wallis blickte zum Richter hinüber, doch der schien ungerührt, und unter den Geschworenen nickten einige.
»Es gibt keinen einzigen Farmer in diesem Protektorat«, fuhr Collins fort, »der nicht schon durch diebische Eingeborene zur Raserei gebracht worden ist. Und die Massai sind die schlimmsten. Niemand wird verschont. Die Leute hier in Nairobi mögen uns Siedler für einen Haufen lamentierender feiner Pinkel halten. Nun, ich kann Ihnen versichern, dass es keinen einzigen Siedler in dieser Gegend gibt, der nicht genau das Gleiche getan hätte wie ich, wenn ihm eines seiner besten Tiere von diesen … diesen diebischen Wilden auf so grausame Weise abgeschlachtet worden wäre, wie es mir widerfahren ist.«
»Sie wollen also damit sagen«, erklärte Wallis, richtete sich auf und zog seinen Bauch ein, »dass Sie um eines toten Schafes willen – eines bloßen Farmtieres – auf drei Menschen geschossen und dabei einen, nämlich den Massai Toiran, getroffen haben. Dass es aber eigentlich Ihr Ziel war, die Männer auf diese Weise von ihrem Grund und Boden zu weisen?«
»Nein, Mr. Wallis«, erwiderte Collins höhnisch grinsend. »Ich habe die Nase gründlich voll von Warnungen. Ich habe auf den Bastard geschossen, ja. Aber ich tat es in der Absicht, ihn zu töten.«
Die große, elegante, überaus ansehnliche Gestalt von Douglas Fenwick erhob sich vom Tisch der Verteidigung. Der Anwalt hielt für einen Moment inne und schaute auf seine Unterlagen hinab, als überlege er, ob er sie für seine letzte Ansprache an die Geschworenen benötigte. Er schien sich dagegen zu entscheiden, schritt stattdessen ungezwungen, die Daumen in die Taschen seiner Weste eingehakt, auf die Geschworenenbank zu und blickte dabei nachdenklich zu Boden.
Als er in der Nähe der Geschworenenbank war, hob er den Kopf und nickte den Geschworenen, die bis auf den letzten Mann aus Weißen bestanden, zu und stellte mit einem jeden Augenkontakt her, während ein freundliches Lächeln seine Lippen umspielte.
»Meine Herren«, sagte er und nickte, als teile er ein amüsantes Geheimnis mit ihnen, »meine Herren, wir alle wissen, warum wir hier in diesem Gerichtssaal sind, nicht wahr?« Er ließ seinen Blick rasch ein weiteres Mal über die zwölf Männer hinweggleiten. »Wir sind hier, weil Ihr Freund und Nachbar, Galbraith Collins, einen Dieb erwischt hat. Er hat ihn erwischt und in seiner Verzweiflung kurzerhand Recht gesprochen. Der Ankläger wird Ihnen erklären, dass Mr. Collins ein Verbrechen begangen hat, als er diesen Dieb bestrafte. Er wird Ihnen erklären, dass Mr. Collins den Verbrecher hätte stellen und ihn vor dieses Gericht schleppen müssen, hätte er sich verantwortungsvoll verhalten und das Gesetz befolgt. Mein geschätzter Kollege, Mr. Wallis« – er vollführte eine verächtliche Handbewegung in Richtung des Verteidigers, der an seinem Tisch saß – »mag sogar in der Lage sein, wortwörtlich aus dem Notizbuch irgendeines Polizisten zu zitieren, wo diese Prozeduren bis ins kleinste Detail beschrieben sind und an dessen Ende dem Verdächtigen seine Rechte erklärt
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