Der letzte Massai
Ochsenschwanzsuppe an. »Satt?«, fragte sie, als er den Kopf schüttelte.
»Mehr als satt … wie gewöhnlich«, sagte er und setzte sich ein wenig aufrechter auf ihrem besten Sofa hin. »Danke.« Er musste zwischen den Worten immer wieder keuchend Luft holen.
»Da ist noch mehr auf dem Herd.«
»Da bin ich mir sicher«, erwiderte er lächelnd. »Es wäre nicht Katherine Wallace’ Küche ohne einen großen Topf guter Suppe auf dem Feuer.«
»Ich muss wohl etwas geahnt haben«, sagte sie, als sie sich neben ihn setzte. »Ich habe schon lange keine Suppe oder ein anderes Gericht in größeren Mengen zubereitet. Ich bekomme nicht mehr viel Besuch.«
»Das tut mir leid, Katherine.«
»Oh, das war nicht auf dich gemünzt, George. Ich meinte meine Nachbarn. Sie nehmen mir übel, dass ich mich für die Ziele der ANPA eingesetzt habe, auch wenn ich mich nicht mehr dort engagiere, seit sie sich entschlossen haben, den Kampf um die Rechte der Asiaten in den Vordergrund zu rücken und über die Ungerechtigkeiten gegenüber den Eingeborenen hinwegzusehen.«
»Es tut mit dennoch leid, Katherine … Ich hätte mich nicht einfach ohne jede Erklärung zurückziehen dürfen.«
Sie zuckte mit den Schultern. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, das jedoch nicht ihre Augen erreichte.
»Es war falsch von mir. Und töricht.« Er blickte sie eindringlich an. »Mir war gar nicht bewusst, wie töricht, bis ich dort oben auf dem Mau begann, über dich und andere Dinge nachzudenken.«
»Ist schon gut, George. Du musst mir das nicht erklären.«
»Doch, das muss ich, Katherine.«
Ihr Nicken machte deutlich, dass sie es verstand.
»Dort oben habe ich etwas über mich selbst herausgefunden. Vielleicht lag es an der Höhe oder an dem Fieber …« Er holte keuchend Luft. »Auf jeden Fall habe ich darüber nachgedacht, warum ich so … so besessen bin von dieser Krankheit. Sie hat mein Leben mehr beeinflusst, als mir bewusst war. Dort draußen in der Kälte und dem Wind habe ich erkannt, dass ich einer Täuschung erlegen bin … weil ich keine allzu große Nähe zu einem Menschen zulassen wollte, aus Angst, dass sich meine Erkrankung verschlechtern könnte. Es ist TB , musst du wissen. Tuberkulose.«
Katherine nickte.
George blickte sie einen Moment lang forschend an. »Ich … ich habe mir immer geschworen, dass ich niemanden sonst in diese misslichen Umstände involvieren würde … Ich habe es sogar geschafft, mich davon zu überzeugen, dass … dass ich mich damals in Schottland von der Frau getrennt habe, die ich liebte, damit … nun ja, du weißt schon … wenn ich sterbe …« Er schluckte mühsam und unterdrückte ein Husten. »Das Eigenartige dabei ist, dass ich mich getäuscht habe. Ich habe meine Beziehung zu Jennie nicht beendet, um ihr den Schmerz zu ersparen. Es war ihre Idee. Sie hat mir gesagt, dass sie sich nicht an einen Mann binden könnte, um dessen Zukunft es so schlecht bestellt war. Sie hat mich gefragt, was geschehen würde, wenn wir eine Familie hätten. Wie sie allein überleben sollte.«
Er verstummte, hing seinen Erinnerungen an diesen Tag nach.
»Vielleicht hat dich Jennie doch nicht geliebt, George.«
Coll nickte. »Möglicherweise hast du recht.«
Katherine schenkte ihm ein beruhigendes Lächeln. »Nun, es ist gut, dass es dir gelungen ist, dich mit der Wahrheit auseinanderzusetzen.«
Coll nickte wieder. »Doch abgesehen von meiner Dummheit, mir all die Jahre selbst etwas vorzumachen … meine noble Geste, Jennie zu beschützen … was denkst du darüber, Katherine? Findest du nicht, dass es richtig gewesen ist, es ihr zu sagen? War es nicht verantwortungsbewusst? Hatte ich nicht recht, als ich mir um ihretwillen mein eigenes Glück versagt habe?«
Katherine holte tief Luft. »Ja, es war richtig, ihr zu erzählen, wie es um dich steht. Aber zuzulassen, dass sich Jennies Zurückweisung darauf auswirkt, wie du den Rest deines Lebens verbringst, das war töricht.«
»Aber wie kommst du denn darauf? Ich habe doch gar nicht …«
»Du hast deinen Zustand für dich behalten. Du hast dir versagt, ein glückliches Leben zu führen – egal, wie kurz es deiner Ansicht nach auch hätte sein mögen. Und das tut weder dir gut noch der Frau, die bereit wäre, dir ihre Liebe zu schenken. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass du dir unglaubliche Freiheiten herausgenommen und Entscheidungen für sie getroffen hast. Du hast Gott gespielt! Wie kannst du es wagen, zu entscheiden, was
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