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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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war, wurde durch einen Ausbruch von Geheul unterbrochen, das seinesgleichen noch nicht gefunden hatte. Das eine, so sehr niedergeschlagene Schlachtopfer blieb regungslos stehen, der andere aber sprang bei dem Geschrei mit der Geschwindigkeit und Gewandtheit eines Hirsches davon. Statt durch die feindlichen Linien, wie man erwartet hatte, zu stürzen, hatte der Gefangene kaum die gefährliche Enge erreicht, als er sich wandte, und ehe ein Streich gegen ihn geführt werden konnte, setzte er über die Köpfe einer Reihe Kinder und gewann mit einem Mal die äußere, sicherere Seite der furchtbaren Kriegerreihe. Dieser List folgten hundertstimmige Verwünschungen: Die ganze aufgeregte Menge stob auseinander und zerstreute sich in wilder Verwirrung über den Platz.
    Ein Dutzend Haufen brennenden Gestrüpps ergossen ihr rötliches Licht über den Platz, der einer unheimlichen, geisterhaften Kampfstätte glich, wo böse Dämonen sich versammelt hatten, ein blutiges, ruchloses Werk zu beginnen. Die Gestalten im Hintergrunde glichen überirdischen Wesen, während sie vor dem Auge vorbeiglitten und die Lüfte mit tollen und sinnlosen Bewegungen durchschnitten: Die wilden Leidenschaften solcher aber, die an der Flamme vorüber kamen, erschienen furchtbar deutlich in dem Lichte, das über ihre wutsprühenden Züge lief.
    Es lässt sich leicht denken, dass unter solch einem Getümmel rachedürstender Feinde der Flüchtling nicht zu Atem kommen konnte. Einen einzigen Augenblick schien es, als ob er den Wald erreichen würde; aber der ganze Schwarm der Sieger warf sich ihm entgegen und trieb ihn in die Mitte einer erbarmungslosen Verfolgung zurück. Sich umwendend wie ein eingeholter Hirsch, schoss er pfeilschnell über ein hoch aufloderndes Feuer, durchdrang die ganze Menge ungefährdet und erschien wieder auf der entgegengesetzten Seite der Lichtung. Aber auch hier traf er auf einige der älteren und schlaueren Huronen, die ihn abermals zurücktrieben. Noch einmal warf er sich in das Gedränge, als ob er in der allgemeinen Verwirrung Sicherheit suchte, und dann vergingen einige Augenblicke, während welcher Duncan den gewandten und mutigen jungen Fremdling verloren glauben musste.
    Man konnte nichts unterscheiden in der dunklen Masse menschlicher Gestalten, welche sich in einem verworrenen Getümmel stießen und durcheinander drängten. Arme, blitzende Messer und furchtbare Keulen ließen sich erkennen, aber die Streiche wurden augenscheinlich nur aufs Geratewohl geführt. Der furchtbare Eindruck dieser Szene ward noch erhöht durch das durchdringende Geschrei der Weiber und das wilde Geheul der Krieger. Hier und da fiel ein flüchtiger Lichtschein auf eine leichte Gestalt, welche in verzweifeltem Sprunge durch die Luft schoss, und ließ Duncan mehr hoffen als glauben, der Gefangene sei immer noch Herr seiner bewundernswürdigen Stärke und Gewandtheit. Plötzlich warf sich die Menge zurück nach der Stelle, wo er selber stand: Die schwerfällige Masse der Verfolger drängte die Weiber und Kinder im Vordergrunde und warf einige zu Boden. Der Fremde ward in der Verwirrung wieder sichtbar. Menschliche Kräfte aber mussten einer so fürchterlichen Probe erliegen. Dies schien der Gefangene zu fühlen: Die augenblickliche Öffnung benutzend, brach er aus der Mitte der Krieger hervor und machte einen verzweifelten und, wie es Duncan schien, letzten Versuch, den Wald zu gewinnen. Gleich als wüsste er, dass ihm von dem jungen Soldaten keine Gefahr drohe, berührte er ihn beinahe auf seiner Flucht, dicht an ihm vorbeieilend. Ein großer, mächtiger Hurone, der seine Kräfte bisher geschont hatte, war ihm auf den Fersen und drohte mit aufgehobenem Arm einen tödlichen Streich zu führen. Duncan streckte seinen Fuß vor, und dieser Stoß warf den ungestümen Wilden weit vor sein beabsichtigtes Opfer gestreckt auf die Erde hin. Mit Gedankenschnelle benützte der Verfolgte den Vorteil; er wandte sich, blitzte einem Meteore gleich vor Duncan vorbei, und im nächsten Augenblick, als dieser seine Besinnung wieder gewann und nach dem Gefangenen umschaute, sah er ihn ruhig gegen einen kleinen bemalten Pfosten vor dem Tor der Haupthütte gelehnt dastehen.
    Aus Furcht, die Rolle, die er bei dieser Rettung gespielt, möchte ihm selbst verderblich werden, verließ Duncan ohne Verzug seinen Platz und folgte dem Haufen, der sich unmutig und düster nach den Hütten zog, einer schaulustigen Volksmenge ähnlich, die vergeblich auf eine Hinrichtung

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