Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
Vom Netzwerk:
weisen und tapferen Nation die Sprache des ›großen Monarchen‹, deren er sich gegen seine Kinder bedient, verstehe. Schwer würde es ihm auf das Herz fallen, müsste er denken, dass seine roten Krieger ihm so wenig Ehrfurcht bezeigen!«
    Eine lange und ängstliche Pause erfolgte, keine Bewegung eines Gliedes, kein Ausdruck eines Auges ließ die Wirkung erraten, die seine Bemerkung hervorgebracht hatte. Duncan, welcher wusste, dass Stillschweigen bei seinen Wirten eine Tugend bedeutete, benützte gerne diese Sitte, unterdessen seine Gedanken zu ordnen. Endlich antwortete derselbe Krieger, der sich vorher an ihn gewandt hatte, mit der trockenen Frage in kanadischer Mundart:
    »Wenn unser großer Vater mit seinem Volke spricht, geschieht es in der Sprache der Huronen?«
    »Er kennt keinen Unterschied unter seinen Kindern, mag die Farbe ihrer Haut rot, schwarz oder weiß sein«, antwortete Duncan, ausweichend, »obgleich er besonderes Wohlgefallen an den Huronen hat!«
    »Wie wird er aber sprechen«, fragte der schlaue Häuptling, »wenn die Läufer ihm die Skalps zählen, die vor fünf Nächten noch auf den Köpfen der Yengeese (Engländer) wuchsen?«
    »Sie waren seine Feinde«, sprach Duncan, unwillkürlich schaudernd, »und ohne Zweifel wird er sagen: Es ist gut – meine Huronen sind sehr tapfer.«
    »Unser Kanadavater denkt nicht so. Statt vorwärts zu schauen und seine Indianer zu belohnen, sind seine Augen rückwärts gewendet. Er sieht die toten Yengeese, aber keine Huronen. Was kann dies bedeuten?«
    »Ein großer Häuptling wie er hat mehr Gedanken als Zungen. Er schaut sich um, zu sehen, ob ihm keine Feinde auf der Fährte seien.«
    »Das Kanu eines toten Kriegers schwimmt nicht mehr auf dem Horican«, entgegnete düster der Wilde. »Seine Ohren sind den Delawaren offen, welche nicht unsere Freunde sind, und sie füllen sie mit Lügen.«
    »Es kann nicht sein. Seht, er hat mich, da mir die Kunst, Kranke zu heilen, eigen ist, geheißen, zu seinen Kindern, den roten Huronen an den großen Seen zu gehen, um zu fragen, ob welche krank seien.«
    Eine zweite Pause folgte dieser Ankündigung des Berufs, den sich Duncan gegeben hatte. Aller Augen hefteten sich zu gleicher Zeit auf ihn, als wollten sie die Wahrheit oder Falschheit seiner Aussage erkunden, und mit so kühnem Scharfblick, dass der Gegenstand ihrer Ausforschung zittern musste. Er wurde jedoch von dem früheren Sprecher beruhigt.
    »Bemalen die kunstfertigen Männer in Kanada sich die Haut?«, fragte der Hurone kaltblütig weiter, »sie rühmten sich doch sonst ihres blassen Gesichtes!«
    »Wenn ein Indianerhäuptling zu seinen weißen Vätern kommt«, versetzte Duncan mit großer Festigkeit, »so legt er seine Büffelkleidung ab, um das Hemd zu tragen, das ihm angeboten wird. Meine Brüder haben mir diese Farben gegeben, und ich trage sie.«
    Ein halblautes Gemurmel des Beifalls verkündigte, dass diese Artigkeit für den Stamm günstig aufgenommen wurde. Der ältliche Häuptling machte eine Gebärde der Zufriedenheit, in welche die meisten seiner Genossen einstimmten, ihre Hand ausreckend mit einem kurzen Ausrufe des Wohlgefallens. Duncan atmete wieder freier, in der Meinung, das Schwerste sei vorüber, und da er sich bereits auf eine einfache und glaubwürdige Erzählung zur Stütze seines angeblichen Berufes vorbereitet hatte, so fand seine Hoffnung auf endliches Gelingen neue Nahrung.
    Nach einem kurzen Stillschweigen erhob sich ein anderer Krieger, als wollte er seine Gedanken vorher ordnen, um auf die eben gegebene Erklärung des Gastes gebührenden Bescheid zu erteilen, und schickte sich zum Sprechen an. Schon bewegten sich seine Lippen, da erschollen dumpfe, aber schreckhafte Laute aus dem Walde, denen unmittelbar ein helltönendes, schrilles Geschrei von solcher Dauer folgte, dass es dem kläglichen langen Geheul eines Wolfes glich. Diese plötzliche und furchtbare Unterbrechung schreckte Duncan von seinem Sitze auf und ließ ihn über dem Eindrucke dieser grässlichen Töne alles Übrige vergessen. In demselben Augenblick verließen alle Krieger zugleich die Hütte, und die Luft außerhalb erfüllten laute Ausbrüche von Geschrei, die jene schrecklichen, immer noch aus den Blätterhallen des Waldes schallenden Laute beinahe übertönten. Unfähig, sich länger zu halten, eilte auch der Jüngling aus der Hütte und fand sich plötzlich mitten unter einem unordentlichen Haufen, der beinahe alles, was in den Grenzen des Lagers Leben hatte, in

Weitere Kostenlose Bücher