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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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flüsterte ihm in das Ohr:
    »Die Huronen sind Hunde. Vor dem Anblick des Blutes eines Feigen erzittert ein Krieger nicht. Das ›graue Haupt‹ und der Sagamore sind in Sicherheit, und Falkenauges Büchse schläft nicht. Geh’ – Uncas und die ›offene Hand‹ sind sich jetzt fremd. Es ist genug!«
    Heyward hätte gerne noch mehr gehört, aber ein sanfter Druck des Freundes schob ihn nach der Türe hin und mahnte ihn an die Gefahr, die mit einer Entdeckung ihres Verkehres verbunden sein müsste. Langsam und wiederstrebend fügte er sich in die Notwendigkeit, verließ die Hütte und trat unter die Menge, welche in der Nähe verweilte. Die erlöschenden Feuer der Lichtung warfen ein düsteres, ungewisses Licht auf die dunklen Gestalten, welche stillschweigend hin und her schritten; von Zeit zu Zeit drang ein hellerer Schein, stärker als gewöhnlich, in die Hütte, und ließ Uncas Gestalt immer noch in derselben aufrechten Stellung, neben ihm die Leiche des Huronen, erblicken.
    Ein Trupp Krieger trat wieder herein und trug jene leblosen Überreste in den benachbarten Wald. Nach diesem Auftritte wanderte Duncan, unbefragt und unbeachtet, den Häusern entlang, bemüht, eine Spur von jener aufzufinden, für welche er sich in solche Gefahr begeben hatte. Bei der jetzigen Stimmung der Wilden wäre es ihm leicht gewesen, zu entfliehen und seine Freunde wiederzufinden, hätte ihm ein solcher Gedanke kommen können. Aber außer der nimmer ruhenden Angst um Alice hielt ihn auch die neue, wenngleich minder quälende Sorge um Uncas an dem Orte fest. Er streifte daher von Hütte zu Hütte weiter, doch immer nur um aufs Neue enttäuscht zu werden, bis er im ganzen Dorfe die Runde gemacht hatte. Endlich gab er eine Nachforschung auf, die so fruchtlos blieb, und kehrte nach der Beratungshütte zurück, entschlossen, David aufzusuchen und zu befragen, um seinen Zweifeln ein Ende zu machen. Als Duncan das Gebäude erreicht hatte, das Gerichtsstätte und Hinrichtungsort zugleich geworden, fand er, dass die Aufregung bereits verschwunden war. Die Krieger hatten sich wieder versammelt und rauchten ruhig ihre Pfeifen, während sie sich über die Hauptvorfälle auf ihrem letzten Zuge nach der Quelle des Horican ernsthaft unterhielten. Obgleich Duncans Rückkehr sie an seinen vorgeblichen Stand und die verdächtigen Umstände seines Besuchs erinnern musste, so blieb sie doch ohne sichtbaren Eindruck. Ja die kaum entschwundene schreckliche Szene begünstigte sogar seine Zwecke, und er durfte nur in sein Inneres blicken, um sich von der Notwendigkeit einer schnellen Benützung dieses unerwarteten Vorteils zu überzeugen.
    Ohne sichtbares Zögern trat er in die Hütte und nahm seinen Sitz mit einem Ernste ein, der zum Benehmen seiner Gastfreunde ungemein gut stimmte. Ein flüchtiger, aber forschender Blick genügte ihm, darzutun, dass Uncas an seinem früheren Platze geblieben war, David aber nicht wieder erschienen sei. Jener war keiner anderen Bewachung unterworfen als den aufmerksamen Blicken eines jungen Huronen, der ihm zur Seite stand. Ein bewaffneter Krieger lehnte überdies an dem Pfosten, der eine Seite des engen Torweges bildete. In jeder anderen Hinsicht schien der Gefangene frei zu sein, nur war er von aller Teilnahme an der Unterhaltung ausgeschlossen und glich mehr einer schön geformten Bildsäule als einem Manne, der Leben und Willen in sich trug.
    Heyward hatte vor zu kurzer Zeit ein schreckliches Beispiel von dem schnellen Strafverfahren eines Volkes erlebt, in dessen Hände er gegeben war, um sich durch übertriebene Keckheit einer Gefahr auszusetzen. Er hätte daher gerne statt aller Unterhaltung in schweigendem Nachsinnen verharrt, da eine Entdeckung seines wahren Charakters so augenblicklich verderblich für ihn hätte werden können. Zum Unglück aber für diesen klugen Entschluss schienen die Anwesenden anders gestimmt. Er hatte den Platz noch nicht lange inne, den er klugerweise etwas im Schatten eingenommen hatte, als ein zweiter älterer Krieger, der Französisch sprach, sich an ihn wandte.
    »Mein Kanadavater vergisst seine Kinder nicht«, sagte der Häuptling, »ich danke ihm. Ein böser Geist lebt in der Frau eines meiner jungen Männer. Kann der kundige Fremde ihn hinwegschrecken?«
    Heyward besaß einige Kenntnis von den Gaukeleien, die unter den Indianern gegen vermeintliches Besessensein im Schwange waren. Er sah mit einem Blicke, dass dieser Umstand vielleicht für seine eigenen Zwecke ausgebeutet werden

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