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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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könne, und es hätte ihm daher eben jetzt wohl nicht leicht ein erwünschterer Vorschlag gemacht werden können. Da er aber von der Notwendigkeit überzeugt war, die Würde seines vorgeblichen Charakters zu bewahren, so unterdrückte er seine Gefühle und antwortete in einem entsprechend geheimnisvollen Tone:
    »Der Geister sind verschiedene: Die einen weichen der Macht der Weisheit, die anderen sind zu mächtig für sie.«
    »Mein Bruder ist ein großer Arzt«, sprach der schlaue Wilde, »will er es versuchen?«
    Eine Gebärde der Zustimmung war die Antwort. Der Hurone war mit der Zusage zufrieden, nahm seine Pfeife wieder auf und wartete auf einen schicklichen Augenblick zum Aufbruch. Der ungeduldige Heyward verwünschte innerlich die ruhige Sitte der Wilden, die dem Scheine so viel Opfer brachte, nahm aber klugerweise dieselbe Gleichgültigkeit wie der Häuptling an, der wirklich ein naher Verwandter der gequälten Frau war. Minute um Minute schwand, und der Aufschub dünkte den angehenden Scharlatan stundenlang, da legte endlich der Hurone seine Pfeife beiseite und zog seinen Mantel über die Brust, als sei er im Begriff, ihn nach der Wohnung der Kranken zu führen. In diesem Augenblicke aber verdunkelte die mächtige Gestalt eines Kriegers das Licht des Torwegs, und er setzte sich, stillschweigend durch die aufmerksame Gruppe hinschreitend, auf das andere Ende des niederen Haufens Gestrüpp, welcher Duncan trug. Dieser warf einen ungeduldigen Blick auf seinen Nachbarn, und ein unwillkürlicher Schauder überlief ihn, als er sich in so unmittelbarer Berührung mit Magua fand.
    Die plötzliche Rückkehr dieses arglistigen und gefürchteten Häuptlings ließ den Huronen seinen Weg aufschieben. Mehrere Pfeifen, die bereits ausgelöscht waren, wurden wieder angezündet, während der neue Ankömmling, ohne ein Wort zu sprechen, seinen Tomahawk aus dem Gürtel zog, den Kopf an dem oberen Ende desselben füllte und die Dünste des Krautes durch den hohlen Schaft mit einer Gleichgültigkeit einsog, als wäre er nicht zwei ermüdende Tage auf einer langen und anstrengenden Jagd ausgewesen. Zehn Minuten, welche Duncan ebensoviele Menschenalter schienen, mochten auf diese Weise verflossen sein, und sämtliche Krieger waren in eine weiße Rauchwolke eingehüllt, ehe einer von ihnen sprach.
    »Willkommen!« rief endlich einer, »hat mein Freund den Elch gefunden?«
    »Die jungen Krieger schwanken unter ihren Lasten«, versetzte Magua, »das schwankende Rohr gehe auf den Jagdpfad; er wird sie treffen.«
    Eine tiefe, feierliche Stille folgte dem Klange des verbotenen Namens. Die Pfeife fiel aus jedes Mund, als ob alle im nämlichen Augenblicke etwas Unreines eingesogen hätten. Der Rauch wirbelte in kleinen Säulen über ihre Köpfe empor und zog sich schneckenförmig und schnell durch die Öffnung am Dache der Hütte, den Platz unter sich von seinem Dunste reinigend, sodass die dunklen Gesichter wieder deutlich sichtbar wurden. Die Blicke der meisten Krieger waren auf die Erde geheftet, und nur wenige Jüngere, minder Begabte in der Versammlung, ließen ihre wilden, blitzenden Augäpfel auf einen Greis mit weißen Haaren rollen, der zwischen zwei der geehrtesten Häuptlinge des Stammes saß. Es lag übrigens nichts in dem Äußeren und dem Anzug dieses Indianers, das ihn zu solcher Auszeichnung hätte berechtigen können. Seine Miene drückte eher Niedergeschlagenheit aus, als dass sie sich durch die den Eingeborenen eigene Haltung bemerklich machte, und seine Kleidung war die gewöhnliche eines Indianers der niederen Klassen. Wie bei den meisten um ihn her war auch sein Blick eine Weile zur Erde gerichtet; als er aber endlich einmal seine Augen verstohlen beiseite sehen ließ und gewahrte, dass er der Gegenstand allgemeiner Aufmerksamkeit geworden war, stand er auf und erhob mitten in der allgemeinen Stille seine Stimme:
    »Es war eine Lüge«, sprach er, »ich hatte keinen Sohn. Er, der mit diesem Namen genannt wurde, ist vergessen; sein Blut war blass und kam nicht aus den Adern eines Huronen; die verruchten Chippewas hatten mein Weib betört. Der große Geist hat gesagt: Wiss-en-tushs Geschlecht soll enden – glücklich der, welcher weiß, dass das Verderben in seinem Geschlecht mit ihm stirbt! Ich habe gesprochen.«
    Der Redner, dessen Sohn der feigherzige junge Indianer gewesen war, blickte umher, als wollte er in den Augen der Zuhörer Beifall über seinen Stoizismus lesen. Aber die strengen Sitten seines Volkes

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