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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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Unschuld und Vertrauen anblickend, »geben Sie mir die heilige Gegenwart und die Einwilligung meines ehrwürdigen Vaters, bevor Sie weiter in mich dringen.«
    »Mehr durfte und weniger konnte ich nicht sagen«, war der Jüngling im Begriff zu antworten, als ihn ein leichter Schlag auf seine Schulter unterbrach. Er sprang auf, wandte sich gegen den Eindringling, und seine Blicke fielen auf die dunkle Gestalt und das boshafte Gesicht Maguas. Das gedämpfte Lachen aus der Kehle des Wilden tönte in einem solchen Augenblick für Duncan wie der höllische Hohn eines Dämons. Wäre er dem ungestümen, heftigen Drange des Augenblicks gefolgt, so hätte er sich auf den Huronen geworfen, und sein Schicksal dem Ausgang eines Kampfes um Leben und Tod anvertraut. Da er aber keine Waffen hatte und nicht wusste, welche Hilfe dem listigen Feind noch zu Gebote stehe – da er zudem für die Sicherheit eines Wesens zu wachen hatte, das eben jetzt seinem Herzen teurer als je geworden war, gab er diesen verzweifelten Entschluss ebenso schnell auf, als er ihn gefasst hatte.
    »Was hast du vor?«, fragte Alice, ihre Hände sanft auf ihrer Brust kreuzend, während sie damit kämpfte, die tödliche Angst für Heyward in dem fernehaltenden und kalten Benehmen zu verbergen, womit sie ihren Sieger bei jedem Besuche zu empfangen pflegte.
    Der triumphierende Indianer hatte seine strenge Haltung wieder angenommen, zog sich aber vor den drohenden Blicken aus dem feurigen Auge des jungen Mannes vorsichtig zurück. Er betrachtete beide Gefangene eine Weile mit festem Blick, trat dann beiseite und wälzte ein Stück Holz vor eine andere Tür, als die, durch welche Duncan eingetreten war. Dieser begriff jetzt die Art des Überfalls, und da er sich unrettbar verloren glaubte, zog er Alice an seine Brust, und stand bereit, sich einem Schicksal zu unterwerfen, das ihm sehr nahe ging, da er es in solcher Gesellschaft erleiden sollte. Magua sann aber nicht auf augenblickliche Gewalttat: Seine ersten Maßnahmen gingen nur dahin, sich seines neuen Gefangenen zu versichern, ja, er warf nicht einmal einen Blick weiter auf die regungslosen Gestalten in der Mitte der Höhle, bis jede Möglichkeit, durch die geheime Pforte zu entfliehen, die er benützt hatte, abgeschnitten war. Heyward blieb ein aufmerksamer Beobachter aller seiner Bewegungen, ruhig dastehend, indem er die zarte Gestalt Alicens an sein Herz gedrückt hielt, zu stolz und zu hoffnungslos, einen so oft überwundenen Feind um Schonung anzuflehen. Als Magua seine Vorkehrungen getroffen, näherte er sich den Gefangenen und sagte in englischer Sprache:
    »Die Blassgesichter fangen die schlauen Biber; die Rothäute aber wissen, wie man die Yengeese fängt.«
    »Hurone, tue, was du kannst!«, rief der aufgereizte Heyward, vergessend, dass er jetzt zwei Leben aufs Spiel setzte. »Ich verachte dich wie deine Rache!«
    »Wird der weiße Mann auch am Pfahle so sprechen?«, fragte Magua, seine Worte mit einem Hohnlächeln begleitend, das zeigte, wie wenig Glauben er in diesen Entschluss des anderen habe.
    »Hier, dir dem Einzelnen ins Gesicht und in Gegenwart deines Stammes!«
    »Le Renard Subtil ist ein großer Häuptling!«, erwiderte der Indianer, »er wird seine jungen Leute herbeiholen, damit sie sehen, wie standhaft ein Blassgesicht Martern verlachen kann.«
    Mit diesen Worten wandte er sich ab und war im Begriff, durch den Gang, durch welchen Duncan gekommen war, sich zu entfernen, als ein Brummen sein Ohr traf und ihn etwas zögern ließ. Die Gestalt des Bären erschien jetzt unter der Türe, setzte sich nieder und wiegte sich wieder mit gewohnter Beweglichkeit. Magua betrachtete ihn, wie der Vater der kranken Frau, einen Augenblick scharf, als wollte er sich über seine wahre Natur ins Bild setzen. Über den gewöhnlichen Aberglauben seines Stammes weit erhaben, unterschied er bald die wohlbekannte Maske des Beschwörers und wollte in kalter Verachtung an ihm vorübergehen. Doch ein lauteres und drohenderes Brummen desselben veranlasste ihn noch einmal stillzustehen; endlich aber schien er entschlossen, sich durch die Possen nicht länger aufhalten zu lassen und ging festen Schrittes weiter. Der kunstfertige Bär, welcher vorgetreten war, zog sich langsam vor ihm zurück, bis an den Eingang, wo er sich auf seine Hinterbeine stellte und nach der Weise seines Vorbildes in der Tierwelt mit den Tatzen in der Luft herum schlug.
    »Narr!«, rief der Häuptling auf Huronisch, »geh, spiele mit Kindern und

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