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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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betrachteten sie Maguas Besuch als etwas ganz Unverfängliches, obgleich jeder Anwesende vollkommen überzeugt war, es liege ihm eine versteckte Absicht zugrunde, die sicher von Wichtigkeit für sie selbst sei. Nachdem aller Esslust befriedigt war, entfernten die Squaws die hölzernen Teller und Kürbisflaschen, und beide Parteien schickten sich an, die Waffen ihres Scharfsinns auf eine Hauptprobe zu stellen.
    »Ist das Antlitz meines großen Kanadavaters wieder seinen Kindern, den Huronen zugewendet?«, fragte der Sprecher der Delawaren.
    »Wann war es anders?«, entgegnete Magua. »Er nennt mein Volk vielgeliebt.«
    Der Delaware gab mit einer Verbeugung zu, was er als falsch erkennen musste, und fuhr fort:
    »Die Tomahawks Eurer jungen Krieger sind sehr rot geworden?«
    »So ist es; aber sie sind jetzt blank und stumpf: Denn die Yengeese sind tot und die Delawaren unsere Nachbarn.«
    Der Delaware erwiderte diese friedeverkündende Artigkeit mit einer Bewegung der Hand und schwieg. Magua, als würde er erst durch die Anspielung auf das Blutbad wieder daran erinnert, fragte:
    »Macht die Gefangene meinen Brüdern Beschwerde?«
    »Sie ist willkommen.«
    »Der Pfad zwischen den Huronen und den Delawaren ist kurz und offen; sendet sie an meine Squaws, wenn sie meinem Bruder lästig fällt.«
    »Sie ist willkommen«, erwiderte der Häuptling der anderen Nation mit größerem Nachdruck.
    Magua, in leichter Verwirrung, blieb einige Minuten still, anscheinend in völliger Gleichgültigkeit darüber, dass sein erster Versuch, Cora wiederzugewinnen, scheiterte.
    »Lassen meine jungen Krieger den Delawaren Raum auf den Bergen für ihre Jagden?«, fuhr er endlich fort.
    »Die Lenapen sind Herren ihrer eigenen Berge!«, versetzte der andere etwas stolz.
    »Es ist gut. Gerechtigkeit ist die Lenkerin der Rothäute! Warum sollten sie gegeneinander ihre Tomahawks schärfen und ihre Messer wetzen? Sind nicht der Blassgesichter mehr als der Schwalben in der Blütezeit?«
    »Gut!«, riefen zwei oder drei seiner Zuhörer zu gleicher Zeit.
    Magua wartete ein wenig, bis seine Worte die Delawaren etwas milder gestimmt hatten, und fügte dann hinzu:
    »Sind nicht fremde Mokassins in den Wäldern gewesen? Haben meine Brüder nicht die Fußtritte weißer Männer getroffen?«
    »Möge unser Kanadavater kommen«, antwortete der andere ausweichend, »seine Kinder sind bereit, ihn zu sehen.«
    »Wenn der große Häuptling kommt, so geschieht es, mit den Indianern in ihren Wigwams zu rauchen. Die Huronen sagen ebenso: Er ist willkommen. Aber die Yengeese haben lange Arme und Beine, die nie ermüden! Meinen jungen Männern träumte, sie hätten die Spur der Yengeese nahe an dem Lager der Delawaren gesehen!«
    »Sie werden die Lenapen nicht schlafend finden.«
    »Es ist gut. Der Krieger, dessen Auge offen ist, kann seinen Feind sehen«, sagte Magua, und suchte einen anderen Boden zu gewinnen, als er sich außerstande sah, die Vorsicht seines Gegenmannes zu durchdringen.
    »Ich habe meinem Bruder Geschenke gebracht. Seine Nation wollte nicht den Kriegspfad gehen, weil sie es nicht für geeignet hielt, aber ihre Freunde haben seiner Wohnungen gedacht!«
    Als der schlaue Häuptling auf diese Weise seine freigebige Absicht verkündet hatte, stand er auf und breitete mit würdevollem Ernste vor den geblendeten Augen seiner Wirte die Geschenke aus. Sie bestanden hauptsächlich in Schmuckwaren von geringem Werte, den erschlagenen Frauen von William Henry abgenommen. Die Verteilung dieser Kleinigkeiten machte der Klugheit des Huronen nicht weniger Ehre als ihre Auswahl. Während er das Wertvollere den zwei ausgezeichnetsten Häuptlingen übergab, von denen einer sein Wirt war, würzte er seine Gaben an die Geringeren mit so gut angebrachten treffenden Schmeichelreden, dass auch sie sich nicht beklagen durften. Kurz, bei der ganzen Zeremonie wusste er Freigebigkeit und Schmeichelei so glücklich zu verbinden, dass der Geber in den Augen der Empfänger alsbald die Wirkung einer Großmut erkannte, die er so geschickt an Lobsprüche geknüpft hatte.
    Dieser wohlberechnete Kunstgriff von Seiten Maguas blieb nicht ohne augenblickliche Resultate. Der Ernst der Delawaren ging in einen Ausdruck von Herzlichkeit über; und Maguas Wirt insbesondere wiederholte, seinen reichlichen Anteil an der Beute einige Augenblicke mit besonderem Wohlgefallen betrachtend, mit großem Nachdruck die Worte:
    »Mein Bruder ist ein weiser Häuptling. Er ist willkommen!«
    »Die Huronen

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