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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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lieben ihre Freunde, die Delawaren«, versetzte Magua. »Warum sollten sie nicht? Dieselbe Sonne hat sie gefärbt, und ihre gerechten Männer werden nach dem Tode in denselben Jagdgründen jagen. Die Rothäute sollten Freunde sein und mit offenen Augen auf die weißen Männer schauen. Hat mein Bruder keinen Kundschafter in den Wäldern aufgespürt?«
    Der Delaware, dessen Name Hartherz bedeutete, eine Benennung, welche die Franzosen in Le Coeur Dur übersetzt hatten, vergaß seines festen, hartnäckigen Sinnes, der ihm wahrscheinlich einen so bezeichnenden Namen verschafft haben mochte. Seine Miene verlor merklich an Ernst und er brachte es über sich, deutlicher zu antworten.
    »Fremde Mokassins sind um mein Lager gewesen; ihre Spur reichte bis an meine Hütte.«
    »Hat mein Bruder die Hunde hinausgejagt?«, fragte Magua, ohne auf die frühere Zweideutigkeit in der Antwort des Häuptlings zu achten.
    »Das ging nicht an. Der Fremde ist den Kindern der Lenapen stets willkommen.«
    »Der Fremde, aber nicht der Spion!«
    »Schicken die Yengeese ihre Weiber als Spione? Sagte nicht der Huronenhäuptling, er habe Weiber in der Schlacht zu Gefangenen gemacht?«
    »Er hat keine Lüge gesprochen. Die Yengeese haben ihre Kundschafter ausgesendet. Sie sind in meinen Wigwams gewesen, haben aber keinen Willkomm gefunden: Dann flohen sie zu den Delawaren – denn, sagen sie, die Delawaren sind unsere Freunde; ihre Gemüter sind unserem Kanadavater entfremdet!«
    Diese Wendung, die in das Herz traf, zeigte den Meister und hätte Magua in gebildeteren Kreisen der Gesellschaft den Ruf eines geschickten Diplomaten verdient. Der neuerliche Abfall ihres Stammes hatte den Delawaren, wie sie selbst wohl wussten, viele Vorwürfe von Seiten ihrer französischen Verbündeten zugezogen, und sie mussten jetzt fühlen, dass ihre künftigen Schritte mit Eifersucht und Misstrauen bewacht werden würden. Es bedurfte keiner tiefen Einsicht in Ursache und Wirkung, um vorauszusehen, dass eine solche Lage der Dinge ihren künftigen Bewegungen höchst nachteilig werden konnte. Ihre entfernten Dörfer, ihre Jagdreviere und hunderte von Weibern und Kindern, selbst ein wesentlicher Teil ihrer Streitkräfte, befanden sich augenblicklich innerhalb der Grenzen des französischen Gebiets. So wurde diese beunruhigende Kunde, wie Magua beabsichtigte, mit offenbarer Missbilligung, wo nicht mit Bestürzung aufgenommen.
    »Mein Vater blicke in mein Gesicht«, sprach Le Coeur Dur, »er wird keinen Wechsel finden. Es ist wahr, meine jungen Krieger gingen nicht auf dem Kriegspfade; sie hatten Träume, die es ihnen verwehrten. Aber sie lieben und verehren den großen, weißen Häuptling.«
    »Wird er so denken, wenn er hört, dass sein größter Feind in dem Lager seiner Kinder genährt wird? – Wenn man ihm erzählt, dass ein blutdürstiger Yengeese an eurem Feuer raucht? Dass das Blassgesicht, welches so viele seiner Freunde erschlagen hat, bei den Delawaren aus- und eingeht? Geht – mein großer Kanadavater ist kein Tor!«
    »Wo ist der Yengeese, den die Delawaren fürchten?«, entgegnete der andere, »wer hat meine jungen Männer erschlagen? Wer ist der Todfeind meines großen Vaters?«
    »La Longue Carabine!«
    Die Delawarenkrieger schraken bei dem wohlbekannten Namen auf und verrieten durch ihr Erstaunen, wie sie jetzt erst erfuhren, dass ein unter den indianischen Verbündeten Frankreichs so vielgerühmter Krieger sich in ihrer Gewalt befinde.
    »Was meint mein Bruder?«, fragte Le Coeur Dur in einem Tone der Überraschung, der weit über die sonstige Gleichgültigkeit seines Volkes ging.
    »Ein Hurone lügt nie!«, entgegnete Magua kalt, sein Haupt an die Wand der Hütte lehnend und sein leichtes Gewand über die sonnengebräunte Brust ziehend. »Wenn die Delawaren ihre Gefangenen zählen, so werden sie einen finden, dessen Haut weder rot noch blass ist.«
    Eine lange Pause des Nachdenkens folgte. Der Häuptling beriet sich zur Seite mit seinen Gefährten, und Boten wurden ausgesandt, um noch andere ausgezeichnete Männer des Stammes herbeizuholen.
    Ein Krieger nach dem anderen kam heran und wurde mit der wichtigen Nachricht, welche Magua eben mitgeteilt hatte, bekannt gemacht. Alle nahmen sie mit einem Ausdruck der Verwunderung und dem gewöhnlichen leisen, tiefen Kehllaut auf. Die Neuigkeit lief von Mund zu Mund, bis das ganze Lager in mächtiger Aufregung war. Die Frauen stellten ihre Arbeiten ein, um die wenigen Silben, welche den beratenden Kriegern

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