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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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sich begnügt, Montcalm durch seine Abgesandten mit indianischer Kürze zu verkünden, ihre Streitäxte seien stumpf: Es bedürfe Zeit, sie wieder zu schärfen. Der staatskluge Befehlshaber von Kanada hielt es für geratener, nachzugeben, um einen untätigen Freund zu erhalten, als ihn durch Maßregeln einer übel angewandten Strenge zum offenen Feinde zu machen.
    An dem Morgen, an welchem Magua seinen schweigsamen Trupp auf die vorher beschriebene Weise von der Biberkolonie nach dem Walde führte, beschien die über dem Delawarenlager aufgehende Sonne ein geschäftiges Volk, eifrig in Anspruch genommen von den gewöhnlichen Vorbereitungen für den Mittag. Die Weiber rannten von Hütte zu Hütte, die einen ihren Morgenimbiss bereitend, andere eifrig daran, ihren Anzug zu vervollständigen, die meisten aber in hastigem Flüstern mit ihren Freundinnen.
    Die Krieger standen untätig in Gruppen beisammen, mehr nachdenklich als gesprächig, und wenn je ein paar Worte fielen, so geschah es im Tone von Männern, die ihre Meinung zuvor gehörig erwogen haben. Die Jagdgeräte lagen in Massen zwischen den Hütten, aber niemand schickte sich an, sie zu benützen. Hier und da prüfte ein Krieger seine Waffen mit einer Aufmerksamkeit, wie sie selten vorkommt, wenn man keinem anderen Feinde als dem Tiere des Waldes begegnen will. Gelegentlich hefteten sich die Augen einer ganzen Gruppe auf eine große, stille Hütte mitten im Dorfe, als ob sie den Gegenstand ihrer gemeinsamen Gedanken in sich schlöße.
    Während dieser Szene erschien plötzlich an dem äußersten Ende des Felsengrundes, der die Fläche des Dorfes bildete, die Gestalt eines Mannes. Er war unbewaffnet, und seine Bemalung war eher darauf berechnet, den natürlichen Ausdruck seiner strengen Züge zu mildern als zu erhöhen. Sobald er von den Delawaren gesehen werden konnte, blieb er stehen und machte ein Zeichen der Freundschaft, indem er den Arm gen Himmel emporwarf und dann bedeutungsvoll auf die Brust sinken ließ. Die Bewohner des Dorfes erwiderten seinen Gruß mit einem leisen Gemurmel des Willkomms, und munterten ihn durch ähnliche Zeichen freundlicher Gesinnung auf, näher zu kommen. Ermutigt durch diese Zusicherung verließ die dunkle Gestalt den Rand der natürlichen Felsenterrasse, wo sie einen Augenblick verweilt hatte, in dunklen Umrissen gegen den sich rötenden Morgenhimmel gezeichnet, und trat würdevoll mitten in den Umkreis der Hütten. Während der Mann sich näherte, hörte man nichts als das Klirren der kleinen silbernen Zierrate, die Hals und Arm schmückten, und das Klingen der Glöckchen, die seine hirschledernen Mokassins umgaben. Mit aufmerksamer Achtung grüßte er die Männer, an denen er vorüberging, ohne die Weiber zu beachten, als hielte er ihre Gunst in der Angelegenheit, die ihn herführte, für durchaus unwichtig. Als er die Gruppe erreicht hatte, die augenscheinlich, nach der Hoheit der Mienen zu schließen, die angesehensten Häuptlinge vereinigte, hielt der Fremde inne, und die Delawaren erkannten nun in der rüstigen, hohen Gestalt vor ihnen den wohlbekannten Huronenhäuptling Le Renard Subtil.
    Der Empfang war ernst, schweigsam, gemessen. Die vorne stehenden Krieger traten beiseite, ihrem bewährtesten Redner Bahn öffnend, einem Manne, aller Sprachen mächtig, die unter den nördlichen Ureinwohnern gepflegt wurden.
    »Der weise Hurone ist willkommen«, begann der Delaware in der Sprache der Maquas; »er ist gekommen, Succatusch mit seinen Brüdern von den Seen zu essen.«
    »Er ist gekommen«, wiederholte Magua, sein Haupt mit der Würde eines morgenländischen Fürsten neigend.
    Der Häuptling reckte den Arm aus, nahm den anderen bei der Hand und neue Freundschaftsbezeigungen wurden gewechselt. Dann lud der Delaware den Gast ein, in seine eigene Hütte zu treten und sein Morgenmahl zu teilen. Die Einladung wurde angenommen, die beiden Krieger, von drei oder vier älteren Männern begleitet, entfernten sich langsam, indes die übrigen Delawaren vor Begierde brannten, den Grund eines so ungewöhnlichen Besuches kennen zu lernen, und doch weder durch Zeichen, noch durch Worte die geringste Ungeduld verraten mochten.
    Während des kurzen und mäßigen Mahles spann sich die Unterhaltung äußerst umsichtig fort, und berührte allein die Ereignisse der Jagd, auf welcher Magua vor kurzem begriffen gewesen war. Selbst Männer von der feinsten Bildung hätten sich nicht besser denn seine Wirte das Ansehen zu geben vermocht, als

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