Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
derselben doch regelmäßig wiederkehrende Wechsel und in ihnen eine Reihenfolge von Gedanken zutage gebracht haben.
Ein Mädchen, durch ihren Rang und ihre Eigenschaften hierzu besonders auserlesen, begann mit bescheidenen Anspielungen auf die Verdienste des gefallenen Kriegers, und schmückte ihre Ausdrucksweise mit jenen morgenländischen Bildern, welche die Indianer ohne Zweifel von den äußersten Enden des anderen Festlandes mit herübergebracht haben, und die an sich schon ein Gelenk in der Verbindungskette der Geschichte der zwei Welten bilden. Sie nannte ihn den Puma seines Stammes und schilderte ihn als einen, dessen Mokassin keine Spur auf dem Taue zurücklasse; dessen Sprung dem des jungen Hirschkalbes gleiche; dessen Auge glänzender als ein Stern im finsterer Nacht sei, und dessen Stimme in der Schlacht so laut klinge als der Donner des Manitu. Sie erinnerte ihn an die Mutter, die ihn geboren, und verweilte namentlich bei dem Glücke, das diese im Besitze eines solchen Sohnes empfinden müsse. Sie bat ihn, ihr zu sagen, wenn er sie in der Welt der Geister treffe, dass die Delawarenmädchen über dem Grabe ihres Kindes Tränen vergossen und sie eine Gesegnete genannt hätten.
Ihr folgten andere, welche in einer noch milderen, innigeren Weise mit der ihrem Geschlechte eigenen zarten Empfindsamkeit das fremde Mädchen besangen. Sie sei so nahe an Uncas Tode dieser Erde entrückt worden, dass der Wille des großen Manitu mit beiden sich deutlich offenbare und nicht missverstanden werden könne. Sie ermahnten ihn, freundlich gegen sie zu sein und Nachsicht mit ihr zu haben, wenn sie die Fertigkeiten nicht besitze, die einem Krieger wie ihm für seine Bequemlichkeit so nötig seien. Sie verweilten bei ihrer unvergleichlichen Schönheit und ihrem entschlossenen Edelsinn, ohne einen Gedanken von Neid, wie etwa Engel an noch höheren Wesen ihre Freude finden mögen. Sie fügten bei, dass diese reichen Gaben kleinere Mängel der Erziehung mehr als ersetzen würden.
Nach ihnen redeten andere, in wohlbedachter Folge, in der Sprache der Zärtlichkeit und Liebe zu dem Mädchen selbst. Sie ermunterten sie, fröhlichen Sinnes zu sein und nichts für ihre künftige Wohlfahrt zu fürchten. Ein Jäger werde ihr Gefährte sein, der ihre kleinsten Bedürfnisse zu befriedigen wisse: Ein Krieger ihr zur Seite stehen, der sie gegen jegliche Gefahr zu schützen vermöge. Ihr Pfad, verhießen sie, werde anmutig und ihre Bürde leicht sein. Sie warnten sie vor vergeblicher Sehnsucht nach den Freunden ihrer Jugend, nach den Landen, wo ihre Väter geweilt hätten, mit der Versicherung, die gesegneten Jagdgefilde der Lenapen enthielten so anmutige Täler, so klare Ströme und so liebliche Blumen als der Himmel der Blassgesichter. Sie rieten ihr, aufmerksam für die Bedürfnisse ihres Gefährten zu sein, und nie zu vergessen, welchen Unterschied Manitu so weislich zwischen ihnen festgelegt habe. Dann besangen sie, ihre Stimmen stärker erhebend, die Sinnesweise des Mohikaners. Sie nannten ihn edel, männlich, großmütig; alles vereinte er, was einem Krieger zieme – was ein Mädchen lieben könne. Sie kleideten ihre Gedanken in die entferntesten, gesuchtesten Bilder, und gaben zu verstehen, dass es ihnen in der kurzen Zeit ihres Zusammenseins gelungen sei, seine geheime Neigung mit der ihrem Geschlechte eigenen schnellen Auffassungsgabe richtig zu erspähen. Die Delawarenmädchen hätten in seinen Augen keine Gnade gefunden. Er sei von einem Stamme, dessen Glieder einst Herren der Gestade des Salzsees gewesen, und seine Wünsche hätten ihn zurück nach einem Volke geleitet, das um die Gräber seiner Väter wohne. Warum sollte ein solcher innerer Zug nicht begünstigt werden? Aber sie gehöre einem reineren und reicheren Blute an, als andere ihrer Nation, wie jedes Auge leicht erkennen werde; dass sie den Gefahren und Wagnissen des Lebens in den Wäldern gewachsen sei, habe ihr Benehmen gezeigt. Und jetzt«, fuhren sie fort, »habe ›der Weise der Erde‹ sie an einen Ort versetzt, wo sie ebenbürtige Geister finden und sie immer glücklich sein werde.«
In einem zweiten Übergang wechselten sie abermals Ton und Gegenstand und gingen zu der Jungfrau über, die in der nahegelegenen Wohnung weinte. Sie verglichen sie mit den Flocken des Schnees: So rein, so weiß, so glänzend, so leicht schmelzbar in der heftigen Sommerhitze, so leicht dem Gefrieren ausgesetzt in dem Froste des Winters war sie. Sie zweifelten nicht an ihrer
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