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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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Pferde, als ich an ihnen vorüberging, sich zusammendrückten, als ob sie Wölfe witterten, und ein Wolf ist ein Tier, das gerne um einen indianischen Hinterhalt streicht und auf den Abfall von dem Wilde, das sie erlegen, zu lauern pflegt.«
    »Ihr vergesst den Rehbock da zu Euren Füßen! Oder verdanken wir ihren Besuch nicht dem toten Füllen? Ha, was ist das für ein Geräusch?«
    »Arme Mirjam!«, murmelte der Fremde, »dein Füllen ward verdammt, eine Beute der raubsüchtigen Bestien zu werden.« Dann erhob er plötzlich unter dem ewigen Getöse der Wogen seine Stimme und sang laut:
Ägyptens Erstgeborne schlug er
Vom Menschen und vom Vieh zumal!
Ägypten, Wunder zu dir sandt’ er
Auf Pharao und seine Diener all!
    »Der Tod des Füllen liegt seinem Eigentümer schwer auf dem Herzen«, sprach der Kundschafter; »es ist immer ein gutes Zeichen, wenn man noch etwas auf seine stummen Freunde hält. Seine Religion lässt ihn glauben: Was geschehen soll, müsse doch geschehen, und bei dieser Überzeugung wird es schwer, ihm darzutun, dass es vernünftig ist, ein vierfüßiges Tier zu töten, um das Leben von Menschen zu retten. Ihr habt vielleicht recht«, fuhr er fort, indem er auf Heywards letzte Bemerkung zurückkam; »umso mehr Grund für uns, dass wir uns unsere Fleischstücke abschneiden und das Gerippe den Fluss hinabtreiben lassen, sonst heult das ganze Pack um die Klippen uns in die Ohren und missgönnt uns jeden Bissen, den wir zum Munde bringen. Zudem sind die Irokesen, obgleich sie die Delawaren-Sprache so wenig als ein Buch verstehen, gescheit genug, die Ursache von einem Wolfsgeheul zu enträtseln.«
    Während dieser Bemerkungen war der Kundschafter beschäftigt, einige notwendige Gerätschaften zusammenzunehmen, und ging, als er fertig war, schweigend an der Gruppe der Reisenden vorbei, begleitet von den Mohikanern, welche seine Absichten mit instinktiver Bereitwilligkeit zu begreifen schienen. Einer nach dem andern von den Dreien verschwand hinter der finsteren Wand eines senkrechten Felsens, der sich einige Fuß vom Wasserrande entfernt zu einer Höhe von einigen Ellen erhob.

6
Ein Lied, das lieblich einst in Zion tönt, –
Er wählt eine Weis’ mit klugem Sinn,
Und »lobt den Herrn!« spricht er mit feierlicher Mien’.
ROBERT BURNS
    Heyward und seine weiblichen Begleiter sahen diese geheimnisvolle Bewegung mit innerer Unruhe; denn, wenn auch das Betragen des Weißen bis jetzt ganz untadelhaft war, so konnte doch sein roher Aufzug, sein derbes Betragen und seine mannigfachen Vorurteile, zusammengehalten mit dem Charakter seiner schweigsamen Genossen, in den Gemütern solcher, welche eben erst durch indianische Verräterei in Not gekommen waren, Grund zu Misstrauen erregen.
    Der Fremde allein achtete nicht auf das, was um ihn her vorging. Er saß auf dem Vorsprung eines Felsens und gab keine anderen Lebenszeichen als häufige, schwere Seufzer, welche Kämpfe in seinem Inneren bekundeten. Gedämpfte Männerstimmen ließen sich jetzt vernehmen, als ob sie in den Eingeweiden der Erde einander zuriefen, ein plötzlicher Lichtstrahl schoss auf die außen Weilenden und enthüllte das so hoch geschätzte Geheimnis des Ortes.
    An dem entfernteren Ende einer engen, tiefen Höhle in dem Felsen, deren Lage durch die Perspektive und die Beschaffenheit des Lichtes, in dem sie gesehen ward, wohl noch vergrößert erschien, saß der Kundschafter, einen Fichtenbrand haltend. Der helle Schein des Feuers fiel auf sein derbes, verwittertes Gesicht und seinen Jagdanzug, und verlieh einen Anschein romantischer Wildheit dem Äußern eines Mannes, der, in dem ruhigeren Lichte des Tages nur durch seinen seltsamen Anzug, die eiserne Gedrungenheit seiner Gestalt und die sonderbare Mischung von lebhaftem, allezeit wachem Scharfblick und entschiedener Einfalt, die abwechslungsweise seine Züge beherrschten, sich ausgezeichnet hätte. Unweit von ihm, aber etwas im Vordergrund, stand Uncas, dessen ganze Person in vollem Lichte erschien. Die Reisenden betrachteten aufmerksam die aufrechte, schlanke Gestalt des jungen Mohikaners, anmutig und ungezwungen in Haltung und Bewegungen. Obgleich sein Leib mehr als gewöhnlich verdeckt war durch ein grünes, mit Fransen besetztes Jagdhemd, dem des Weißen gleich, so ließ doch sein schwarzes, funkelndes Auge, furchtlos und ruhig, wenngleich furchtbar; der kühne Umriss seiner hohen, stolzen Züge, in ihrem reinen, natürlichen Rot; seine würdevolle, hohe Stirn, mit all den schönen

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