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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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in die Tiefen des Waldes entfernte, als ob die Raubtiere, von plötzlichem Schrecken ergriffen, ihre Beute freiwillig im Stiche ließen. Uncas kam mit instinktmäßiger Eile zurück, und die drei Waldbewohner hielten wieder leise ihre ernstliche Beratung.
    »Es ging uns wie den Jägern, welche die Richtungspunkte am Himmel verloren und vor denen sich die Sonne den ganzen Tag verborgen hatte«, sprach Falkenauge, von seinen Gefährten sich abwendend.
    »Jetzt fangen wir wieder an, die Kennzeichen unseres Weges zu gewahren, und die Pfade sind von Dornen gereinigt. Setzt euch in den Schatten, welchen der Mond von jenem Ufer her wirft – er ist dunkler als der von den Fichten – und lasst uns erwarten, was dem Herrn gefallen wird, über uns zu verfügen. Wir wollen einander nur noch zuflüstern, und vielleicht wäre es noch besser, wenn jeder eine Weile sich nur mit seinen eigenen Gedanken unterhielte.«
    In dem Tone des Kundschafters lag hoher Ernst, aber ohne länger ein Zeichen unmännlicher Furcht zu verraten. Offenbar war seine augenblickliche Schwäche mit der Erklärung des Wunders, das seine eigene Erfahrung nicht ergründen konnte, verschwunden, und wenn er auch die Gefahr ihrer jetzigen Lage wohl erkannte, so war er doch bereit, ihr mit der ganzen Energie seines entschlossenen Charakters Trotz zu bieten. Dies Gefühl schienen auch die Eingeborenen zu teilen: Sie setzten sich so, dass sie beide Ufer überschauen konnten, während sie selbst der Beobachtung aus der Ferne entzogen waren. Unter solchen Umständen verlangte die gewöhnliche Klugheit Heywards und seiner Begleiter, eine Vorsicht nachzuahmen, die aus einer so verständigen Quelle floss. Der junge Mann holte aus der Höhle ein Bündel Sassafras, legte es in die Felsenspalte, welche sich zwischen beiden Höhlen befand, und hieß die Schwestern sich darauf niederlassen, die so durch die Felsen vor jederlei Geschoss geschützt waren, während man ihre Besorgnisse durch die Versicherung beschwichtigte, dass keine Gefahr ohne vorherige Warnung herannahen könne. Heyward selbst stellte sich in ihre Nähe, sodass er mit ihnen sprechen konnte, ohne seine Stimme auf eine gefährliche Höhe zu erheben, während David, dem Beispiele der Waldmänner folgend, seine Person in den Spalten der Felsen auf eine Weise unterbrachte, dass seine unförmlichen Gliedmaßen dem Auge nicht länger anstößig waren.
    So vergingen mehrere Stunden ohne weitere Unterbrechung. Der Mond erreichte seinen Zenit und goss sein mildes Licht auf die lieblichen Gesichter der Schwestern, die einander in den Armen eingeschlummert waren. Duncan warf den weiten Schal Coras über ein Schauspiel, das er so gerne betrachtete, und suchte dann für sein eigenes Haupt ein Kissen auf dem Felsen. David begann Töne hören zu lassen, die während des Wachens seine zarten Organe verletzt haben würden; kurz alle, außer Falkenauge und den Mohikanern, versanken, vom Schlafe überwältigt, in einen Zustand der Bewusstlosigkeit. Aber die Wachsamkeit ihrer unermüdeten Beschützer schlummerte nie. Unbeweglich, wie der Fels, von dem sie einen Teil zu bilden schienen, lagen sie da, während ihre Augen unablässig an dem dunklen Rande der Bäume umherschweiften, welche die nahen Ufer des engen Stromes begrenzten. Kein Laut entschlüpfte ihnen, und die schärfste Beobachtung konnte nicht entdecken, dass sie atmeten. Offenbar stützte sich diese außerordentliche Vorsicht auf eine Erfahrung, die keine List ihrer Feinde berücken konnte, und dauerte so lange ohne scheinbaren Erfolg, bis der Mond untergegangen war, und ein blasser Lichtstreif über den Gipfeln der Bäume an einer Krümmung des Flusses weiter unten den Anbruch des Tages verkündigte. Jetzt rührte sich Falkenauge zum ersten Mal. Er kroch auf dem Felsen heran und rüttelte Duncan aus seinem tiefen Schlafe auf.
    »Jetzt ist es Zeit, dass wir aufbrechen«, flüsterte er, »weckt Eure Frauen und haltet euch bereit, in das Kanu zu steigen, wenn ich es an den Landungsplatz bringe!«
    »Habt Ihr eine ruhig Nacht gehabt?«, fragte Heyward. »Bei mir hatte, glaub’ ich, der Schlaf übers Wachen gewonnen.«
    »Alles ist still wie die Mitternacht. Schweigt, aber seid flink bei der Hand.«
    Jetzt war Duncan völlig wach und hob sogleich den Schal über den schlafenden Mädchen weg. Bei dieser Bewegung fuhr Cora mit der Hand empor, als wollte sie ihn zurückstoßen, während Alice mit ihrer sanften, zarten Stimme flüsterte: »Nein, nein, lieber Vater, wir

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