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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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Schreies verschont geblieben wären. Fragen Sie sich selbst, Heyward, können Töchter sich aus dem Sinne schlagen, welche Angst einen Vater peinigen muss, dessen Kinder in einer solchen Wildnis, er weiß nicht wo und wie, umherirren und von so vielen Gefahren umgeben sind?«
    »Er ist Soldat und weiß, was einem in den Wäldern alles begegnen kann.«
    »Aber er ist Vater, und die Natur verleugnet ihre Rechte nie.«
    »Wie nachsichtig er immer gegen all meine Torheiten gewesen ist! Mit welcher Zärtlichkeit er allen meinen Wünschen willfahrte!«, seufzte Alice. »Es war selbstsüchtig von uns, Schwester, dass wir unter solchen Gefahren auf unserem Besuche bestanden.«
    »Es war vielleicht unbesonnen von mir, dass ich im Augenblick solcher Bedrängnis so dringend um seine Einwilligung bat; ich wollte ihm aber zeigen, dass, wie auch andere in seiner Not ihn vernachlässigen mögen, seine Kinder wenigstens mit Treue an ihm hängen.«
    »Als er von Ihrer Ankunft im Fort Edward hörte«, sprach Heyward freundlich, »kämpfte es gewaltig in seinem Busen zwischen Furcht und Liebe; aber Letztere, durch eine so lange Trennung womöglich noch erhöht, gewann bald die Oberhand. ›Der Geist meiner hochsinnigen Cora treibt sie, Duncan‹, sprach er, ›ich will nicht dagegen sein.‹ Wollte Gott, dass er, der die Ehre unseres königlichen Gebieters hier zu schirmen hat, nur halb so viel Festigkeit besäße!«
    »Und sprach er nicht auch von mir, Heyward?«, fragte Alice mit der Eifersucht der Liebe. »Gewiss hat er seine kleine Elsie nicht ganz vergessen.«
    »Das wäre unmöglich«, versetzte der junge Mann, »er gebrauchte tausend Liebkosungswörter, die ich nachzusprechen mir nicht herausnehme, deren Gerechtigkeit ich aber von Herzen erkenne. Einmal sagte er fürwahr –«
    Duncan sprach nicht weiter: Denn während seine Blicke auf Alicens Augen geheftet waren, die sich mit der Innigkeit kindlicher Liebe zu ihm gewendet hatte, um seine Worte zu erhaschen, erfüllte derselbe starke, grässliche Schrei wie zuvor die Luft und machte ihn verstummen. Ein langes, atemloses Stillschweigen folgte, währenddessen sie einander anblickten, in ängstlicher Erwartung, dass der Ton sich wiederholen werde. Endlich hob sich langsam die Decke, und der Kundschafter stand in der Öffnung mit einer Miene, deren Festigkeit sichtlich vor einem Geheimnisse wich, welches sie mit einer Gefahr zu bedrohen schien, gegen die seine List und Erfahrung nicht ausreichen mochte.

7
– Sie schlafen nicht.
Auf jenen Klippen dort seh’ ich
Die schauerliche Rotte sitzen.
THOMAS GRAY
    »Es hieße einer zu unserer Rettung gegebenen Warnung nicht folgen«, sprach Falkenauge, »wenn wir länger in dem Verstecke blieben, während sich solche Töne in dem Walde hören lassen. Die zarten Frauen mögen beisammen bleiben; aber die Mohikaner und ich wollen auf dem Felsen Wache halten, wo uns, wie ich vermute, ein Major vom sechzigsten Regiment Gesellschaft zu leisten wünschen wird.«
    »Ist denn die Gefahr so dringend?«, fragte Cora.
    »Er, der so seltsame Laute schafft und sie dem Menschen zur Warnung gibt, kennt allein unsere Gefahr. Gottloses Auflehnen gegen seinen Willen wäre es, wollte ich bei solchen Warnungen in der Luft mich in eine Höhle verkriechen. Selbst die schwache Seele, die ihre Tage versingt, ist durch den Schrei aufgestört worden: Der Singmeister sagt, er sei bereit, in die Schlacht zu gehen. Wenn’s nur eine Schlacht wäre, so verstünden wir uns alle darauf und würden leicht zurechtkommen; ich ließ mir aber sagen, wenn solche Töne sich zwischen Himmel und Erde vernehmen ließen, so deut’ es auf eine andere Art von Krieg.«
    »Wenn all unsere Gründe zur Furcht, mein Freund, sich nur auf Übernatürliches beschränken, so dürfen wir uns darob nicht so sehr beunruhigen«, versetzte die unerschrockene Cora, »seid Ihr gewiss, dass unsere Feinde kein neues, sinnreiches Mittel gefunden haben, uns zu schrecken, um sich den Sieg zu erleichtern?«
    »Lady«, sprach der Kundschafter feierlich, »ich habe seit dreißig Jahren auf alle Töne in den Wäldern gehört, als ein Mann, dessen Leben und Tod von der Schärfe seines Ohrs abhängt. Kein Winseln des Pumas, kein Pfeifen der Spottdrossel, keine Erfindung der teuflischen Mingos kann mich berücken! Ich hörte die Wälder wehklagen wie sterbliche Menschen in großen Nöten; oft habe ich der Musik des Windes gelauscht, wie er in den verschlungenen Ästen der Bäume sauste; habe den Blitzstrahl

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