Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
Vom Netzwerk:
der ermatteten Wanderer von dem gefallenen Laube, über das sie schritten, erhoben, schwebte seine dunkle Gestalt durch die vorderen Baumstämme hin, sein Auge blieb unbeweglich vorwärts gerichtet, während die leichte Feder auf seinem Schopfe in einem Luftzuge flatterte, der allein durch seine schnelle Bewegung hervorgebracht wurde.
    Aber all diese Sorgfalt und Eile galt einem bestimmten Ziele. Nachdem sie durch ein tiefes Tal gekommen waren, durch welches ein rauschender Bach in Krümmungen dahinfloss, stieg er plötzlich einen Hügel hinan, der so steil und unwegsam war, dass die Schwestern, um zu folgen, absteigen mussten. Als sie den Gipfel erreicht, befanden sie sich auf einer Fläche, auf der nur wenige Bäume standen. Unter einem derselben hatten sich Maguas dunkle Gestalt niedergeworfen, als wollte er jene Ruhe suchen, deren alle so sehr bedürftig waren.

11
– Verflucht sei mein Stamm,
Wofern ich ihm verzeihe.
WILLIAM SHAKESPEARE
    Der Indianer hatte für seinen Zweck einen jener steilen pyramidenförmigen Hügel ausersehen, welche eine große Ähnlichkeit mit künstlichen Erdauswürfen haben und in den Tälern Amerikas so häufig gefunden werden. Der fragliche Hügel war hoch und abschüssig, sein Gipfel, wie gewöhnlich abgeplattet, eine Seite davon aber weniger regelmäßig, als es sonst wohl der Fall ist. Der Ort hatte für einen Ruheplatz keine anderen Vorteile als seine Höhe und Form, welche eine Verteidigung leicht und einen Überfall beinahe unmöglich machten. Da Heyward jedoch nicht weiter auf eine Befreiung hoffte, welche Zeit und Entfernung gleich unwahrscheinlich machten, so betrachtete er diese geringfügigen Eigentümlichkeiten mit gleichgültigem Auge, und war allein darauf bedacht, seine schwächeren Begleiter zu trösten und ihnen Mut einzusprechen. Die Pferde ließ man die Zweige der auf dem Hügel sparsam wachsenden Bäume und Gesträuche abweiden, während die Reste des Mundvorrates unter dem Schatten einer Buche, die mit ihren waagerechten Ästen sie gleich einem Dache überragte, ausgebreitet wurden.
    Trotz ihres eilfertigen Marsches hatte einer der Indianer Gelegenheit gefunden, ein verirrtes Hirschkalb mit einem Pfeile zu erlegen, und die vorzüglicheren Teile des Tieres geduldig auf den Schultern nach dem Ruheplatz getragen. Ohne Hilfe und Kenntnis der Kochkunst schickte er sich sogleich mit seinen Genossen an, diese schwer verdauliche Speise hinunterzuschlingen. Magua allein hielt sich entfernt, ohne an dem widerlichen Mahle teilzunehmen, und schien in tiefes Nachdenken versunken. Diese Enthaltsamkeit, so auffallend bei einem Indianer, wenn er Mittel hat, seine Esslust zu befriedigen, zog endlich Heywards Aufmerksamkeit auf sich. Er gab sich der Hoffnung hin, der Hurone denke darüber nach, wie er die Wachsamkeit seiner Gefährten am ehesten täuschen könne, um sich in den Besitz der versprochenen Geschenke zu setzen. Mit dem Gedanken, diese Pläne durch seinen eigenen Rat zu unterstützen und die Versuchung noch zu verstärken, verließ er die Buche und kam wie von ungefähr auf die Stelle zu, wo Le Renard saß.
    »Hat nicht Magua die Sonne lange genug im Gesicht gehabt, um aller Gefahr von den Kanadiern entronnen zu sein?«, fragte er, als ob er über das gute Einverständnis zwischen ihnen nicht länger im Zweifel wäre; »und wird der Häuptling von William Henry nicht mehr erfreut sein, wenn er seine Töchter wieder sieht, ehe noch eine zweite Nacht sein Herz gegen ihren Verlust verhärtet und ihn mit seinen Geschenken weniger freigebig gemacht haben wird?« –
    »Lieben die Blassgesichter ihre Kinder weniger am Morgen als am Abend?«, fragte der Indianer kalt.
    »Keineswegs«, erwiderte Heyward, besorgt, seinen Fehler zu verbessern, wenn er einen gemacht, »der weiße Mann vergisst oft den Begräbnisplatz seiner Väter; er gedenkt zuweilen nicht mehr derer, die er lieben sollte und zu lieben versprochen hat; aber die Zärtlichkeit eines Vaters für sein Kind darf nie ersterben.«
    »Und ist das Herz des weißköpfigen Häuptlings sanft, wird er lange an die Kinder denken, die seine Squaws ihm gegeben haben? Er ist so hart gegen seine Krieger, und seine Augen sind aus Stein gebildet!«
    »Er ist streng gegen die Trägen und Bösen, aber gegen die Nüchternen und Verdienstvollen ist er ein gerechter und gütiger Führer. Ich habe schon viele liebevolle und zärtliche Eltern gesehen, aber noch keinen Mann, dessen Herz gegen sein Kind zärtlicher gesinnt gewesen wäre. Du

Weitere Kostenlose Bücher