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Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Der letzte Mohikaner: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Fenimore Cooper
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zeigen.«
    »Unsere Waffen?«
    »Sie sollen Ihnen bleiben; niemand kann sie besser führen.«
    »Unser Auszug, die Übergabe des Platzes?«
    »Alles soll auf die ehrenvollste Weise für Sie vor sich gehen.«
    Duncan wandte sich jetzt zu seinem Kommandanten, um ihm diese Punkte mitzuteilen. Der Greis hörte ihn mit Erstaunen an und war von einem so ungewöhnlichen und unerwarteten Edelmut tief ergriffen.
    »Gehen Sie, Duncan«, sprach er, »gehen Sie mit diesem Marquis, der ein echter Marquis ist, gehen Sie mit ihm in sein Zelt und bringen alles in Ordnung. Zwei Dinge habe ich in meinem Alter erlebt, die ich nie für möglich gehalten hätte. Ein Engländer ist so feig, seinem Waffenbruder Hilfe zu versagen, und ein Franzose hat zu viel Ehrgefühl, um seinen Vorteil auszubeuten.« Mit diesen Worten ließ der Veteran sein Haupt wieder auf die Brust sinken und kehrte langsamen Schrittes nach dem Fort zurück, wo seine Niedergeschlagenheit die bestürzte Besatzung üble Botschaft erwarten ließ.
    Dieser unerwartete Schlag hatte Munros stolzen Sinn so niedergebeugt, dass er sich nie mehr erholte. Von dem Augenblicke an war in seinem entschiedenen Charakter eine Veränderung vorgegangen, die ihn bald mit in das Grab begleiten sollte. Duncan blieb zurück, um die Bedingungen der Kapitulation festzusetzen. Man sah ihn um die erste Nachtwache in das Fort zurückkehren und unmittelbar nach einer kurzen Besprechung mit dem Kommandanten dasselbe wieder verlassen. Es ward jetzt öffentlich bekannt gemacht, dass die Feindseligkeiten aufzuhören hätten. Munro hatte eine Kapitulation unterzeichnet, laut welcher der Platz mit dem anbrechenden Morgen dem Feinde übergeben werden, die Besatzung aber ihre Waffen, ihre Fahnen und ihr Gepäck, folglich nach militärischen Begriffen ihre Ehre, behalten sollte.

17
Lasst weben uns. Den Faden dreht geschwind.
Webt das Geweb. Das Werk ist schon zu End’.
THOMAS GRAY
    Die feindlichen Heere, welche in den Wildnissen des Horican gelagert waren, brachten die Nacht des neunten Augusts 1757 ungefähr auf dieselbe Weise zu, wie wenn sie auf dem schönsten Schlachtfelde Europas zusammengetroffen wären. Während die Besiegten still, verdrossen und niedergeschlagen waren, triumphierten die Sieger. Aber Trauer wie Freude haben ihre Grenzen, und lange vor der Morgenwache wurde die Stille der endlosen Wälder nur noch durch den Jubelruf eines lustigen jungen Franzosen bei einem entfernten Pikett oder durch ein drohendes Anrufen aus dem Fort unterbrochen, das jede Annäherung von feindlichen Fußtritten vor der festgesetzten Zeit verbot. Selbst diese gelegentlich laut werdenden drohenden Töne verstummten in der unheimlichen Stunde, die dem Anbruch des Tages vorangeht, und auch ein Lauscher hätte vergeblich auf irgendein Zeichen gehorcht, das die Anwesenheit der an den Ufern des Heiligen Sees schlummernden Streitkräfte verkündigt hätte.
    Während dieser Augenblicke tiefer Stille wurde der Vorhang vor dem Eingange eines geräumigen Zeltes in dem französischen Lager beiseite geschoben, und ein Mann schlüpfte unter demselben in die freie Luft hervor. Er war in einen Mantel gehüllt, der ihn gegen die kalten Dünste der Wälder schützen, aber auch seine ganze Gestalt verbergen sollte. Ungehindert ließ ihn der Grenadier, welcher den schlummernden französischen Befehlshaber zu bewachen hatte, vorüber, und die Schildwache machte nur das gewöhnliche Zeichen militärischer Ehrerbietung, als er flüchtigen Schritts durch die kleine Zeltstadt in der Richtung von William Henry forteilte. So oft der Unbekannte auf eine der zahlreichen Schildwachen auf seinem Wege stieß, war seine Antwort kurz und, wie es schien, befriedigend, denn man ließ ihn überall ohne weitere Nachforschung vorüber. Mit Ausnahme solcher oft wiederholten, aber kurzen Unterbrechungen störte ihn auf seiner stillen Wanderung von der Mitte des Lagers bis zu den äußersten Vorposten nichts. Als er sich dem Soldaten näherte, der zunächst an den feindlichen Festungswerken Wache hielt, ward er mit dem gewöhnlichen Rufe empfangen:
    »Wer da?«
    »Frankreich«, war die Antwort.
    »Die Losung?«
    »Der Sieg!«, sprach der andere, ihm so nahe tretend, dass er ihm seine Antwort zuflüstern konnte.
    »Gut«, versetzte die Schildwache, die Muskete wieder auf die Schulter nehmend, »Ihr geht frühe spazieren, Herr!«
    »Man muss wachsam sein, mein Kind«, bemerkte der andere, indem er eine Falte seines Mantels fallen ließ und beim

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