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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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geworden, dass die gewohnte Kriegsführung hier nicht verfing. Der Gegner ließ sich nicht zur Feldschlacht zwingen, und ihn auszuhungern fehlten dem fränkischen Heer die Zeit und die Mittel.
    Gegen die Sachsen war der Kampf verhältnismäßig einfach gewesen: Die geordneten Formationen der Franken waren auf das Schlachtfeld marschiert, hatten die in wilden Haufen angreifenden Sachsenkrieger abprallen lassen, in einem weiten Umfassungsmanöver auf Gelände abgedrängt, auf dem die Panzerreiter in das Geschehen eingreifen konnten – und dann hatten die Fußsoldaten zugesehen, wie die Scara francisca die sächsischen Krieger in mehreren brutalen Wellen in den Boden getrampelt und ausgelöscht hatte. Selbst bei Belagerungen war es den fränkischen Comites leichtgefallen, dem Gegner ihre bevorzugte Taktik aufzudrängen. In den Trutzburgen der Sachsen hatte es immer wenigstens einen Edeling gegeben, dem die Spottgesänge der Belagerer so sehr auf die Nerven gegangen waren, dass er seine Hirdmen zusammengerufen und einen Ausfall gewagt hatte. Andere Edelinge waren diesem Beispiel gefolgt, und aus der Belagerung war wiederum eine Feldschlacht mit dem bewährten Wechselspiel zwischen Fußsoldaten und Reiterei geworden.
    Die Vasconen hingegen hatten sich eine ganz andere Strategie zugelegt. Sie waren ein altes Volk, das es gewöhnt war, ihre Kultur am Fuß des Pirenéus-Gebirges gegen fremde Eroberer zu behaupten. Sie konnten dabei eine lange Erfolgsgeschichte aufweisen – von den Kelten über die Römer zu den Goten, den Franken und zuletzt den Mauren. Jeder einzelne dieser Feinde hatte ihr Land auf die eine oder andere Weise besetzt – beherrscht jedoch hatte es keiner von ihnen, weil die Vasconen keinen Herrn über sich anerkannten und jeder Fremde als Feind betrachtet wurde. Ihre Taktik war die der Zermürbung und des Zuschlagens aus dem Hinterhalt. Sie bestanden aus vielen Stämmen, deren Anführer sich in Krisenzeiten in einem Rat zusammenfanden, der rasch entschied und noch schneller handelte. Iruña war die größte Stadt ihres Territoriums, von allen Stämmen gleichermaßen als Hauptstadt anerkannt.
    Es musste den vasconischen Stammesführern völlig klar sein, dass die Franken sich nicht lange mit Iruña aufhalten konnten. Ihre Ausfälle unternahmen sie mit Fußsoldaten und riskierten lieber, dass die Männer umsonst die Stadt verließen und vor dem Zusammenstoß mit den Franken wieder umkehrten, statt Verluste in Kauf zu nehmen. Fast alle im fränkischen Heer waren mittlerweile überzeugt, dass sich nur wenige kampffähige Krieger in Iruña aufhielten und die Scharführer der Vasconen deshalb so sehr darauf achteten, möglichst wenige Männer zu verlieren. Karl hatte versucht, die Vasconen mit einem Schildwall herauszulocken – Hunderte von Fußsoldaten, die Schulter an Schulter standen, ihre Schilde in der Linken, Spathae und Angonen in der Rechten, eine Mauer aus buntbemaltem Holz und tödlichem Stahl. Einen Schildwall aufzubauen entsprach einer Aufforderung, die Kräfte zu messen, eine Einladung an den Gegner, mit einem eigenen Schildwall anzurücken. Taktik verfing hier nicht; Reiterei konnte in einen Kampf im Schildwall nicht eingreifen; Bogenschüsse aus der Distanz waren sinnlos. Der Kampf in einem Schildwall war ein Drücken und Schieben von ineinander verzahnten Reihen, Schild gegen Schild, ein rohes, simples Messen, wessen Krieger die größeren Kräfte und die besseren Nerven hatten.
    »Die Vasconen würden sich schon aus Iruña rauslocken lassen«, sagte Remi und grinste die Decani der Panzerreiter an, »wenn ihr nicht wärt. Ihr seid schuld.«
    »Ach«, machte einer der Zehnerführer.
    »Einen Schildwall zu ignorieren ist ehrlos«, erklärte Remi. »Und ich wette, das geht denen da drin gehörig gegen den Strich. Was man so hört, sind die Vasconen so stolz wie ein junger Ehemann nach der Hochzeitsnacht. Aber sie wissen genau, wenn sie rauskommen und unseren Schildwall angreifen und den Kürzeren ziehen, dass ihnen kein Rückzug möglich ist, weil ihr sie einfach niederreitet, sobald sie sich von unseren Kriegern gelöst haben.«
    Die Decani nickten nachdenklich. »Weil sie nämlich genau wie die Sachsen keine eigene Reiterei haben, die Narren«, sagte einer. Er seufzte lächelnd. »Der Krieg wird langweilig, wenn man so gut ist, dass einem der Feind nichts entgegensetzen kann.«
    Die anderen Männer stöhnten spöttisch über die Aufschneiderei. Roland, dem Remis unschuldiger Vergleich einen

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