Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
in Suleimans Stimme. Der harte Zug, der um seinen Mund erschienen war, zeigte, dass er Afdzas Aussage ernst nahm.
»Das Verdienst gehört diesem Mann zu gleichen Teilen.« Afdza wies auf Chlodwig. »Vielleicht möchtet Ihr ihn belohnen.«
»Was schlägst du vor?«
Afdza lächelte, obwohl ihm nicht nach Lächeln zumute war. »Im Haus des Verräters sitzen drei Sklavinnen in einem Schwitzraum fest. Da dessen Besitz nun Eurer ist und ich das Gesicht unseres Freundes hier noch in Erinnerung habe, als er die drei zum ersten Mal sah, könntet Ihr erwägen, sie ihm zu schenken.«
»Sind sie einer edlen Tat wie der seinen würdig?«
»Süßes Konfekt, Herr«, sagte Afdza und verbreiterte sein Grinsen. Die Zeit brannte ihm unter den Nägeln, aber es war wichtig, überlegen und gelassen zu wirken, damit Suleiman der Bitte nachgab, die Afdza an ihn richten wollte. Und damit er nicht wahrnahm, welche Befürchtungen Afdza tatsächlich hegte. Er kannte seinen Herrn; Suleiman neigte wie Karl dazu, impulsiv zu handeln. Aber keiner wusste besser als Afdza, dass al-Andalus noch nicht so weit war.
»Und wer ist der Verräter?«
Afdza öffnete die linke Faust und ließ das, was er darin gehalten hatte, auf das Shatranjbrett fallen. Es war Abu Taurs Ring mit seinem Siegel darauf. Ein wässriger Blutstropfen rollte an ihm herab und tropfte auf das Brett.
»Hm«, machte Suleiman, der sich über den Ring gebeugt hatte und ihn zweifellos erkannte. »Wo ist der Rest von ihm?«
»Müsste mittlerweile damit fertig sein, das Bad in seinem Haus vollzubluten, Herr.«
Suleiman nickte langsam. Er holte ein Tuch hervor und entfernte den Ring, um ihn mit eleganter Geste in die Obstschale neben dem Shatranjbrett zu legen. Afdza erkannte die Besorgnis unter der gelassenen Maske des Statthalters.
»Herr, ich bitte um Erlaubnis, die Männer verfolgen zu dürfen, mit denen Abu Taur gemeinsame Sache machte«, sagte er.
»Es gibt noch mehr Verräter?«
Afdza schilderte in knappen Worten, was Abu Taur ihm gestanden hatte.
»Der gute Abu Taur«, seufzte Suleiman. »Aber es geschieht mir recht. Als ich ihm vertraute, habe ich gegen meine eigene Philosophie gehandelt. Ein Mann sollte immer auf seine innerste Überzeugung hören, Sidi.«
Meine Überzeugung sagt mir, dass ich so rasch wie möglich zu Arima aufbrechen sollte, dachte Afdza, aber er zwang sich zur Ruhe.
Suleiman wandte sich an Chlodwig und wechselte in die fränkische Sprache. »Kannst du mich verstehen?«
»Ja, Herr.«
»Ich habe eine Philosophie«, sagte Suleiman. »Von all den Stimmen, auf die ein Mann im Lauf seines Lebens hört, wird die seines Blutes stets die eindringlichste sein. So wie ein Feigenbaum, der immer Feigen hervorbringt, egal in welchen Boden man ihn verpflanzt, so wird ein Mann der Stimme seiner Blutlinie folgen, egal wo er lebt oder wie er aufgewachsen ist.«
»Du meinst, Herr«, sagte Chlodwig, »ein Sachse wird, wenn es darauf ankommt, immer wie ein Sachse denken und ein Maure wie ein Maure?«
Suleiman nickte lächelnd und wandte sich wieder an Afdza. »Es sieht so aus, als hättest du dir einen klugen Knecht ausgesucht, Sidi. Die Qualität eines Herrschers erkennt man an der Qualität seiner Untertanen, nicht wahr?«
»So sagt man, Herr«, antwortete Afdza.
»Abu Taurs Großvater war vor dreißig Jahren in die Ermordung von Kalif Al-Walid verwickelt«, fuhr Suleiman fort. »Er machte dabei gemeinsame Sache mit Ibrahim, Al-Walids Vetter, und spielte diesen zugleich gegen Statthalter Marwan ibn Muhammad aus, der genauso wie Ibrahim der neue Kalif werden wollte. Marwan besiegte Ibrahim und ließ dann Abu Taurs Großvater sicherheitshalber hinrichten, da er ihm nicht traute. Der Verrat hat sich für Abu Taurs Großvater nicht gelohnt. Und nun ist Abu Taur seinem Vorbild gefolgt, weil die Stimme des Verräterbluts lauter in ihm erklang als das Echo seiner Treueschwüre. Du siehst, warum ich mich selbst verurteile – ich hätte es wissen müssen.«
»Niemand kann wissen, was ein Mann am Ende tun wird, Herr.«
»Oh, ich denke, das kann man. So wie ich zum Beispiel weiß, dass du die Bedrohung aus dem Weg räumen und das tun wirst, was du dabei für richtig hältst, Sidi.«
»Ihr könnt Euch auf mich verlassen, Herr.«
»Nimm so viele Soldaten mit, wie du brauchst.«
»Ich brauche keinen, Herr.«
Suleiman lächelte. »Allah yisallimak!«
»Gott schütze auch dich, Herr«, erwiderte Afdza und schritt mit Chlodwig zum Ausgang des Saals. An der Tür rief
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