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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Waffenbrüder.
    »Es fällt alles auseinander«, sagte Ganelon schließlich.
    »Irgendwie kommt mir das bekannt vor«, seufzte Turpin. »Bevor die Reichsversammlung begann, hat Piligrim etwas Ähnliches gesagt.«
    »Piligrim hat einen weisen Entschluss gefasst.«
    »Was? Abzudanken? Sich aus dem Kreis der Paladine zurückzuziehen? Er hat es getan, weil er alt ist, nicht aus Prinzip.«
    Ganelon warf einen weiteren Stein ins Wasser. Das perfekte Abbild des Himmels, im moorigen Wasser gespiegelt, zersplitterte. »Wir werden gegen die Mauren in den Krieg ziehen, obwohl es ein Wahnsinn ist, weil wir nicht genug vorbereitet sind. Karl kann noch so viele Kriegerscharen irgendwo versteckt haben und unterwegs aufsammeln, er wird nie das gesamte Frankenheer in so kurzer Zeit auf die Beine stellen können. Du weißt, dass er schon in ein paar Tagen von hier aufbrechen will?«
    Turpin nickte.
    Ganelon warf einen weiteren Stein. Das Wasser spritzte auf von der Wut, mit der der Paladin ihn geschleudert hatte. »Noch vor Kurzem hat er mir persönlich ins Gesicht gesagt, dass wir nicht vor nächstem Sommer losmarschieren würden, und dass bis dahin mit göttlicher Fügung noch vieles geschehen könne, was den Krieg unnötig mache. Pah!«
    »Er sagte, die Geheimhaltung war ihm so wichtig, dass er sich nicht einmal uns anvertrauen wollte.«
    »Diesem verfluchten Benediktinerabt hat er alles anvertraut, da bin ich mir sicher. Und nicht mal auf Augenhöhe, sondern vor ihm kniend und im Takt des Hymnus leiernd!«
    »Du tust ihm unrecht«, seufzte Turpin und wusste, dass er es war, der in diesem Moment Ganelon unrecht tat.
    Erneut senkte sich Schweigen über die beiden Männer. Turpin fühlte, was nur selten vorkam, Sprachlosigkeit. Er wusste nicht, was er hätte sagen sollen, das alles erträglicher machte. Ganelon war von der Situation am meisten betroffen: als Ehemann einer Frau, die ihrem ersten Gatten hinterhertrauerte und Ganelon die Schuld an der Tragödie gab, die ihre Familie heimgesucht hatte; als Schwager des Königs, der ihm eigentlich hätte näherstehen sollen als der alte Styrmi; als Stiefvater des Mannes, den Karl allen anderen Kriegern einschließlich ihm vorzog; und zuletzt als der loyale Franke, dem die Sicherheit und der Fortbestand des Reichs mehr am Herzen lagen als der eigene Ruhm auf dem Schlachtfeld und der dabei zuweilen weiter, nachhaltiger und politischer dachte als selbst der König. Es war Ganelon gewesen, der von Anfang an vor jedem Abenteuer mit den Mauren gewarnt hatte, weil er vorhersah, dass diese ihre Zerwürfnisse vergessen würden, sobald ein in ihren Augen ungläubiges Volk sie angriff. Und hatten die Mauren nicht einen endlosen Vorrat an Kriegern in ihrer Heimat zur Verfügung, wenn sie sich an den Kalifen in Madīnat as-Salām wandten? Der Kalif mochte die Mauren von al-Andalus als Abtrünnige sehen, aber er würde ihnen helfen, wenn der wahre Glaube attackiert wurde. Aber es hatte zuvor schon niemand auf Ganelons Warnungen gehört, und jetzt tat es erst recht keiner.
    Ganelon stand in jeder Beziehung mit dem Rücken zur Wand, und er war verzweifelt. Alles, was geschah, musste in seinen Augen schrecklich falsch sein, und der Fortgang der Dinge häufte Demütigung auf Demütigung über Karls Schwager. Turpin betrachtete seinen Freund von der Seite. Er war besorgter um ihn als je zuvor.
    BURG RONCEVAUX

    Arima und ihre Reisegruppe waren noch etwa eine Stunde vom Scheitel des Passes von Roncevaux entfernt. Die Kundschafter, die soeben von der Erkundung des nächsten Straßenstücks zurückgekommen waren, hatten Meldung gemacht. Unvermittelt ließ Arima alle halten. Der Decanus der Zehnerschar leichter Reiter, die sie begleitete, schloss zu ihr auf.
    »Was ist los, Herrin?«
    Arima starrte in den dämmrig werdenden Abendhimmel. Die klare Bergluft ließ die Farben des Firmaments strahlen, als stünde man unter der Wölbung eines riesigen, kostbaren Kelchs aus türkisfarbenem Glas. In einiger Entfernung sah sie die schwarzen Umrisse kreisender Vögel vor der abendlichen Farbenpracht. Arima glaubte ein fernes Krächzen zu hören. Ab und zu schwebten einige der Vögel in enger werdenden Spiralen zum Boden und verschwanden hinter den Baumwipfeln.
    »Hier stimmt was nicht«, sagte sie. Ihre Erinnerung versuchte, ihr ein Bild zu zeigen, aber sie bekam es nicht zu fassen. Ihr war, als hätte sie das, worauf sie blickte, schon einmal gesehen.
    Der Decanus seufzte hörbar. Arima wusste, dass sie ihm während der

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