Der letzte Polizist: Roman (German Edition)
Kopf, ist natürlich, dass jemand es irgendwie schafft, zu überleben und mit dem Neuaufbau zu beginnen, und dass die Menschheit unter den Sternen neu erblüht.
Ich bin vor ein paar Wochen einmal mit Nico und Dere k hingegangen, am ersten Montag im März. Ehrlich gesagt, meine Begeisterung hielt sich in Grenzen.
Ob Peter wohl am selben Abend dort war? Vielleicht allein, vielleicht mit J.T . Toussaint.
Jede Wette.
»Detective Culverson?«
»Ja?«
»Wie zuverlässig sind die Schneeketten der Impalas?«
»Wie zuverlässig sie sind? Was meinst du?«
»Die Ketten. An den Wagen. Die sind doch gut, oder? Sie bleiben dran, jedenfalls meistens?«
Culverson zuckt die Achseln, in die Zeitung vertieft. »Glaub schon.«
Ich sitze an meinem Schreibtisch, habe die blauen Bücher vor mir zu einem ordentlichen Rechteck ausgelegt und versuche, meine Schwester zu vergessen, mit meinem Leben weiterzumachen. Ein Fall, in dem Ermittlungen angestellt werden müssen. Ein Mann ist tot.
»Die sind echt spitze«, ruft McGully von seinem Schreibtisch aus und unterstreicht diese Aussage mit dem lauten Aufschlag der Vorderbeine seines Stuhls auf dem Boden, als er sich vorbeugt. Er hat sich bei The Works unten ein Pastrami-Sandwich geholt und eine Serviette als Lätzchen wie eine Picknickdecke auf seinem Bauch ausgebreitet. »Die gehen ums Verrecken nicht ab, außer wenn du sie falsch montierst. Was ist passiert? Ins Schleudern geraten?«
»Ja. Gestern Nachmittag. Bin gegen einen Baum gefahren.«
McGully beißt in sein Sandwich. Culverson sagt leise: »Du meine Güte«, aber er meint nicht den Unfall, sondern etwas in der Zeitung. Andreas’ Schreibtisch ist leer. Der Heizkörper unter dem Fenster rasselt und rülpst Hitzewellen aus. Draußen auf dem Fenstersims liegt ein langsam wachsendes Riff aus Neuschnee.
»Sind aber ein bisschen knifflig zu montieren, die Scheißdinger, und man muss sie richtig festzurren.« M cGully grinst, Senf am Kinn. »Mach dich deswegen nic ht fertig.«
»Jep. Aber wissen Sie, ich benutze sie schon ’ne ganze Weile. Ich bin einen Winter lang Streife gefahren.«
»Ja, aber hast du deinen Wagen letzten Winter selbst gewartet?«
»Nein.«
Culverson legt währenddessen die Zeitung weg und schaut aus dem Fenster. Ich stehe auf und fange an, auf und ab zu gehen. »Jemand hätte sie ziemlich leicht lösen können, oder? Wenn er gewollt hätte.«
McGully schnaubt und verdrückt einen großen Bissen von seinem Sandwich. »Hier in der Garage?«
»Nein, draußen. Während ich irgendwo gestanden habe.«
»Du meinst …« – er starrt mich an und senkt in gespieltem Ernst die Stimme – »… jemand, der dich ermorden will?«
»Na ja, ich meine … klar.«
»Indem er deine Schneeketten löst?« McGully bricht in schallendes Gelächter aus. Pastrami-Brocken spritzen ihm aus dem Rachen, prallen von der Serviette ab und landen auf dem Schreibtisch. »Entschuldige, mein Junge, glaubst du, du bist in ’nem Spionagefilm?«
»Nein.«
»Bist du der Präsident?«
»Nein.«
Es hat Mordanschläge auf den Präsidenten gegeben – eine der Ausdrucksformen des Irrsinns auf gesamtstaatlicher Ebene in diesen letzten drei Monaten –, das ist hier der Witz.
Ich schaue zu Culverson hinüber, aber der ist immer noch ganz in Gedanken, den Blick auf den treibenden Schnee gerichtet.
»Also, dann nichts für ungut, mein Junge«, sagt McGully, »aber ich glaube nicht, dass dich jemand ermorden will. Niemand interessiert sich für dich.«
»Okay.«
»Ist nicht persönlich gemeint. Niemand interessiert sich für irgendwas.«
Culverson steht abrupt auf und wirft seine Zeitung in den Papierkorb.
»Welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?« McGully verrenkt sich den Kopf.
»Die Pakistanis. Sie wollen ihm mit Atomwaffen auf den Pelz rücken.«
»Wem?«
»Dem Asteroiden. Sie haben eine Erklärung veröffentlicht. Sie können es nicht den westlichen Imperialisten überlassen, das Überleben ihres stolzen und souveränen Volkes zu gewährleisten, und so weiter, und so fort.«
»Die Pakistanis, hm?«, sagt McGully. »Im Ernst? Ich dachte, die Arschgeigen, deretwegen man sich in der Beziehung Sorgen machen müsste, säßen im Iran.«
»Nein, die Iraner haben Uran, aber keine Raketen. Sie können es nicht abfeuern.«
»Und die Pakistanis können es?«
»Die haben Raketen.«
Ich denke über meine Schneeketten nach, spüre das Schlingern der Straße, die sich unter mir wegdreht, erinnere mich an den Schauder und den
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