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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Winters
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und ziehe meinen Freund heraus; lehne ihn gegen meinen Körper und gehe mit ihm, dreibeinig wie zwei Säufer, die sich gegenseitig stützen, an der Barriere des Abfallcontainers vorbei, durch diesen Nebeneingang hinein und durch den kleinen Flur, direkt zum Männerklo. Lege den Riegel vor. Nehme meinen Gürtel ab …
    Als ich ins Somerset komme, nickt mir Ruth-Ann zur Begrüßung zu und schenkt mir Kaffee ein. Aus der Küche erklingt Dylans »Hazel«, Maurice singt lauthals mit. Ich schiebe die Speisekarte beiseite und umgebe mich mit blauen Büchern. Liste die Fakten auf, die ich bisher habe, stelle sie noch mal anders zusammen.
    Peter Zell ist vor fünf Tagen gestorben.
    Er hat im Versicherungswesen gearbeitet.
    Er hatte Freude an der Mathematik.
    Er war besessen von dem herannahenden Asteroiden, hat Informationen gesammelt, ihn am Himmel verfolgt und alles über ihn in Erfahrung gebracht, was er konnte. Diese Informationen hat er aus Gründen, die ich noch nicht kenne, in einer Schachtel mit der Aufschrift »12,375« aufbewahrt.
    Sein Gesicht. Er starb mit blauen Flecken im Gesicht, unter dem rechten Auge.
    Er stand seinen Angehörigen nicht nahe.
    Anscheinend hatte er nur einen einzigen Freund, einen Mann namens J.T. Toussaint, den er als Kind geliebt und mit dem er dann aus nur ihm selbst bekannten Gründen wieder Kontakt aufgenommen hat.
    Ich sitze eine Stunde lang vor meinem Abendessen, lese immer wieder meine Notizen, murmle vor mich hin, wedle die trägen Zigarettenwolken weg, die von Nachbartischen herüberwehen. Irgendwann kommt Maurice aus der Küche, weiße Schürze, die Hände in den Hüften, und schaut mit strenger Missbilligung auf meinen Teller.
    »Was ist los, Henry?«, sagt er. »Ist ein Marienkäfer in deinen Eiern, oder was?«
    »Bin einfach nicht hungrig, schätze ich. Nichts für ungut.«
    »Tja, also, ich hasse es, Essen wegzuwerfen«, sagt Maurice, wobei sich ein hohes Kichern in seine Stimme schleicht, und ich schaue hoch, weil ich spüre, dass gleich eine Pointe kommt. »Aber es ist ja kein Weltuntergang.«
    Maurice biegt sich vor Lachen und stolpert in die Küche zurück.
    Ich hole meine Brieftasche heraus, zähle langsam drei Zehner für die Rechnung und glatte Tausend als Trinkgeld ab. Das Somerset muss sich an die Preiskontrollen halten, sonst wird es geschlossen, also versuche ich immer, beim Bezahlen alles richtig zu machen.
    Dann sammle ich meine blauen Bücher ein und stecke sie in die Innentasche meines Blazers.
    Im Grunde weiß ich gar nichts.

4
    »Hey, Palace?«
    »Ja?« Ich blinzle, räuspere mich, ziehe die Luft ein. »Wer ist da?«
    Meine Augen finden die Uhr. Fünf Uhr zweiundvierzig. Sonntagmorgen. Es ist, als hätte die Welt beschlossen, dass ich es lieber so machen sollte wie Victor France, raus aus den Federn, keine Zeit zu verschwenden. Der Adventskalender … des Weltuntergangs .
    »Hier ist Trish McConnell, Detective Palace. Tut mir leid, dass ich Sie geweckt habe.«
    »Ist schon in Ordnung.« Ich gähne und strecke meine Gliedmaßen. Schon seit Tagen habe ich nicht mehr mit Officer McConnell gesprochen. »Was ist los?«
    »Es ist nur … wie gesagt, tut mir wirklich leid, wenn ich störe. Aber ich habe das Handy Ihres Opfers.«
    Zehn Minuten später ist sie bei mir – Kleinstadt, kein Verkehr –, und wir sitzen an meinem klapprigen Küchentisch, der jedes Mal wackelt, wenn einer von uns seinen Kaffeebecher hochhebt oder absetzt.
    »Mir ging der Tatort nicht aus dem Kopf«, sagt McConnell, von der Mütze bis zu den Schuhen in Uniform. Der dünne graue Streifen zieht sich am Bein ihrer blauen Hose hinab. Ihre Miene ist starr und konzentriert, eine Frau, die eine Geschichte zu erzählen hat. »Konnte nicht aufhören, darüber nachzudenken.«
    »Ja«, sage ich leise. »Ich auch nicht.«
    »Das kam mir da alles irgendwie komisch vor, wenn Sie wissen, was ich meine.«
    »Weiß ich.«
    »Vor allem, dass sein Handy fehlte. Jeder hat ein Handy. Immer. Selbst jetzt. Richtig?«
    »Richtig.« Bloß Denny Dotseths Frau nicht.
    » Also .« McConnell hält inne, hebt des dramatischen Effekts wegen einen Finger, und ein verschmitztes Lächeln zupft an ihren Mundwinkeln. »Vor zwei Tagen habe ich meine Nachtschicht im Sektor sieben schon halb hinter mir, da kommt mir ein Geistesblitz. Jemand hat ihm das Handy geklaut.«
    Ich nicke weise und versuche, den Eindruck zu erwecken, als hätte ich diese Möglichkeit auch schon erwogen, sie jedoch aus irgendeinem höheren

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