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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Winters
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vom Schreibtisch weg und dreht sich ganz um. »Hey.«
    »Wissen Sie, was ich jetzt mache?«, sage ich, während ich zusehe, wie die schlammige Flüssigkeit zum Tischrand strömt. »Ich denke: O nein! Der Kaffee wird auf den Boden tropfen! Ich mache mir solche Sorgen! Lassen Sie uns weiter drüber reden!«
    Und dann ergießt sich der Kaffee in einem Sturzbach über den Rand des Schreibtischs, spritzt auf Andreas’ Schuhe und macht eine Pfütze auf den Boden.
    »Oh, nun schauen Sie sich das an«, sage ich. »Es ist trotzdem passiert.«
    Alles ist noch genauso wie vorher.
    Die Hundehütte, die Dornbüsche und die Eiche, die an den Dachrand gelehnte Leiter. Da ist der kleine weiße Hund, Houdini, der nervös um die Beine der Leiter wuselt, und da ist der große J.T. Toussaint, der dort oben Dachschindeln befestigt und sich in derselben braunen Arbeitshose und den schwarzen Stiefeln über seine Arbeit beugt. Er blickt auf, als er den Kies in der Auffahrt knirschen hört, und ich erhasche einen ganz kurzen Eindruck von einem scheuen Tier, das von der Ankunft der Jäger in seinem Nest überrascht wird.
    Ich bin als Erster aus dem Wagen, richte mich auf, ziehe den Saum meiner Anzugjacke nach unten und beschirme die Augen mit einer Hand gegen die Wintersonne, während ich die andere mit offener Handfläche zum Gruß erhebe.
    »Guten Morgen, Mr. Toussaint«, rufe ich. »Ich habe nur noch ein paar Fragen.«
    »Was?« Er kommt aus seiner gebückten Haltung hoch, findet sein Gleichgewicht und steht in voller Größe auf dem Dach. Die Sonne, genau hinter ihm und um ihn herum, verleiht ihm einen seltsamen blassgrauen Heiligenschein. Hinter mir klappen die anderen Türen auf, McGully und Culverson steigen aus, und Toussaint zuckt zusammen, weicht einen Schritt dachaufwärts zurück und stolpert.
    Er hebt die Hände, um sich zu fangen, und ich höre, wie McGully »Kanone!« ruft, drehe mich zu ihm um und sage: »Was – nein«, weil es keine ist, »das ist bloß eine Fugenpistole!«
    Aber McGully und Culverson haben bereits ihre Dienstwaffen erhoben, zwei SIG Sauer P229. »Stehen bleiben, Arschloch«, schreit McGully, aber Toussaint kann nicht stehen bleiben, seine Stiefel haben den Halt auf dem schrägen Schindeldach verloren, er sucht verzweifelt nach Halt, mit rudernden Armen und großen Augen, McGully schreit immer noch – und ich schreie jetzt auch, »Nein, nein, nicht … nein!«, und drehe den Kopf hin und her, denn ich will nicht, dass er stirbt. Ich will seine Geschichte hören.
    Toussaint macht auf dem Absatz kehrt und versucht, zum Dachfirst zu fliehen; McGully schießt, vom Kamin spritzen ein paar Ziegelsplitter weg, und Toussaint dreht sich um und stürzt vom Haus auf die Rasenfläche.
    »Hier drin riecht’s nach Hundescheiße.«
    »Konzentrieren wir uns auf das Materielle, Detective McGully.«
    »Okay. Es stimmt aber, oder? Hier drin stinkt’s.«
    »Bitte, Detective.«
    J.T. Toussaint macht Anstalten, etwas zu sagen, vielleicht stöhnt er auch bloß, und McGully befiehlt ihm, die Schnauze zu halten, und er hält sie. Er liegt bäuchlings auf dem Boden des Wohnzimmers, ein riesiger Körper auf dem schmutzigen Teppich, das Gesicht im Flor begraben, aus einer Wunde an der Stirn blutend, wo er sich auf dem Weg nach unten den Kopf am Dach angeschlagen hat. McGully sitzt auf seinem Rücken und raucht eine Zigarre. Detective Culverson steht am Kaminsims, ich gehe auf und ab, alle warten, es ist meine Show.
    »Okay. Unterhalten wir uns ein bisschen«, sage ich, und dann durchläuft mich ein langer Schauer; mein Körper schüttelt die Reste des Adrenalinrauschs ab, den Kick der Schüsse, des Sturmlaufs durch den schlammigen Schnee.
    Komm runter, Palace. Immer mit der Ruhe.
    »Mr. Toussaint, mir scheint, bei unserem letzten Gespräch haben Sie ein paar Details ausgelassen, was Ihre Beziehung zu Peter Zell betrifft.«
    »Ja«, sagt McGully kurz und rutscht ein bisschen herum, sodass sich sein volles Gewicht in Toussaints Kreuz gräbt. »Arschloch.«
    »Detective?«, sage ich leise und gebe ihm zu verstehen – ohne es vor dem Verdächtigen laut auszusprechen –, dass er sich ein wenig zurückhalten soll. McGully verdreht die Augen.
    »Wir haben was eingeworfen«, sagt Toussaint. »Okay? Wir haben uns zugedröhnt. Ich und Petey, wir waren ein paarmal high.«
    »Ein paarmal«, sage ich.
    »Ja. Okay?«
    Ich nicke langsam. »Und warum haben Sie mich angelogen, J.T. ?«
    »Warum er dich angelogen hat?« McGully starrt mich an.

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