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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Winters
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falls er es jemals tun würde, dann in diesem McDonald’s. Auf der Main Street. Ich dachte, es wäre ein Scherz, wissen Sie. Aber … es war wohl keiner, hm?«
    »Nein, Ma’am. Offenbar nicht.«
    Na also, Detective McGully. Tragische Geschichte, aber wieso macht ihn das zum Mordopfer? Die Antwort ist: gar nicht.
    Der elegante Gürtel, der Pick-up, nichts davon spielt eine Rolle. Als sich sein Drogenexperiment als katastrophaler Fehlschlag erwiesen hatte – als er bei seinem einzigen waghalsigen Akt des Diebstahls und Vertrauensbruchs ertappt worden war – belastet von dieser Scham und den anhaltenden schmerzhaften Symptomen des Entzugs – angesichts all dessen und des bevorstehenden Endes der Zeit –, da stellte der Versicherungsmathematiker Peter Zell eine weitere sorgfältige Berechnung an, nahm eine weitere Risiko-Ertrags-Analyse vor, und dann ging er hin und brachte sich um.
    Bamm!
    »Detective?«
    »Jep.«
    »Sie schreiben ja gar nicht.«
    Erik Littlejohn sieht mich beinahe misstrauisch an, als würde ich etwas verbergen.
    Ich habe Kopfschmerzen. Der Raum verschwimmt; zwei Sophias, zwei Eriks. Wie hat Dr. Wilton das noch gleich genannt? Diplopie.
    »Sie schreiben nicht mehr auf, was wir sagen.«
    »Nein, ich bin nur …« Ich schlucke, stehe auf. »Der Fall ist abgeschlossen. Tut mir leid, dass ich Sie belästigt habe.«
    Fünf, sechs Stunden später, keine Ahnung. Es ist mitten in der Nacht.
    Andreas und ich sind draußen im Freien, wir sind aus dem Penuche’s geflohen, der Kellerbar in der Phenix Street, geflohen vor dem Lärm, dem Rauch und dem grässlichen Spelunkendunst, und wir stehen auf dem schmutzigen, auskragenden Bürgersteig. Ursprünglich hatte keiner von uns beiden auf ein Bier hierherkommen wollen. Andreas war von McGully buchstäblich vom Schreibtisch weggezerrt worden, um die Lösung meines Falls zu feiern – eines Falls, den ich nicht gelöst hatte und der eigentlich nie ein Fall gewesen war. Jedenfalls ist es schrecklich da unten, der frische Zigarettenrauch vermischt sich mit dem abgestandenen, der Fernseher plärrt, Menschen drängen sich um die mit Graffiti verzierten tragenden Säulen, die dafür sorgen, dass der ganze Laden nicht in sich zusammenbricht. Außerdem hat auch noch irgendein Klugscheißer die Jukebox mit Ironie gespickt: Elvis Costello, »Waiting for the End of the World«, Tom Waits, »The Earth Died Screaming«, und natürlich dieser Song von R.E.M ., immer und immer wieder.
    Es schneit hier draußen, dicke, schmutzige Batzen, die schräg herunterkommen und von den Ziegelwänden abprallen. Ich schiebe die Hände in die Taschen, lege den Kopf in den Nacken und schaue mit meinem einen noch funktionierenden Auge zum Himmel hinauf.
    »Hören Sie«, sage ich zu Andreas.
    »Ja?«
    Ich zögere. Mir ist das zuwider. Andreas klopft sich eine Camel aus der Schachtel, ich sehe zu, wie sich Schneeklumpen in seinem nassen Mopp von Haaren verlieren.
    »Es tut mir leid«, sage ich, als er sie angezündet hat.
    »Was?«
    »Das vorhin. Dass ich Ihren Kaffee verschüttet habe.«
    Er grinst unmerklich, zieht an seiner Zigarette.
    »Vergiss es«, sagt er.
    »Ich …«
    »Im Ernst, Henry. Wen interessiert’s?«
    Ein paar Jugendliche kommen aus dem Treppenhaus, das von der Bar nach oben führt, sie lachen wie verrückt, aufgestylt in einer bizarren präapokalyptischen Mode: ein Teenie-Mädchen in einem smaragdgrünen Ballkleid mit Diadem, ihr Freund von Kopf bis Fuß in Gothic-Schwarz. Eine weitere Gestalt von unbestimmtem Geschlecht, Baggy Shorts über karierten Strumpfhosen, breite rote Clown-Hosenträger. Musik weht zur offenen Tür heraus, es hört sich an wie U2, und verklingt dann wieder, als die Tür zufällt.
    »In der Zeitung steht, die Pakistanis wollen das Ding sprengen«, sagt Andreas.
    »Ja, hab ich gehört.«
    Ich versuche mich zu erinnern, wie der Weltuntergangssong von U2 heißt. Ich wende mich von den Jugendlichen ab und schaue auf die Straße.
    »Ja. Sie sagen, sie wissen jetzt, wie es geht, sie kriegen es hin. Aber wir sagen, sie dürfen nicht.«
    »Ach ja?«
    »Es gab eine Pressekonferenz. Der Außenminister, der Verteidigungsminister. Und noch jemand. Sie haben gesagt, wenn sie’s versuchen, greifen wir sie mit Atomwaffen an, bevor sie den Asteroiden mit Atomwaffen angreifen können. Warum sollten wir so was sagen?«
    »Keine Ahnung.« Ich fühle mich leer. Mir ist kalt. Andreas ist anstrengend.
    »Klingt doch total verrückt .«
    Mein Auge schmerzt, meine Wange.

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