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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Winters
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tot.
    »Wo ist Derek?«, frage ich, und er schnaubt zornig, sagt: »Du Arschloch«, und holt mit der anderen Hand aus, der waffenlosen Hand, und schlägt mir mit der geballten Faust gegen die Schläfe. Sofort verschwimmt die Welt vor meinen Augen, ich krümme mich, und er schlägt mich erneut, ein Aufwärtshaken auf den Mund, und ich pralle an die Mauer des Platzes zurück, mein Kopf knallt gegen die Ziegel. Die Schusswaffe ist sofort wieder an Ort und Stelle, gräbt sich in meine Rippen, und jetzt dreht sich die Welt und verschwimmt, Regen rinnt um meine Augenklappe herum und strömt mir übers Gesicht, Blut sickert mir von der Oberlippe in den Mund, mein Pulsschlag dröhnt mir im Kopf.
    Er kommt ganz nah heran und zischt mir ins Ohr. »Derek Skeve ist tot, und du weißt, dass er tot ist, weil du ihn umgebracht hast.«
    »Ich habe ihn nicht …« Mein Mund füllt sich mit Blut, ich spucke es aus. »Nein.«
    »Aha, na schön, dann hast du ihn umbringen lassen . Das ist ein ziemlich unerhebliches technisches Detail.«
    »Ich schwör’s Ihnen, ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden.«
    Aber komischerweise denke ich, als die Welt langsam aufhört, sich zu drehen, und das wütende Gesicht des Schnurrbartmanns zusammen mit der kalten Trostlosigkeit des Platzes hinter ihm wieder scharf wird, dass ich es in gewissem Sinn doch wusste. Wenn man mich gefragt hätte, so hätte ich wahrscheinlich gesagt, dass Skeve tot ist. Aber ich hatte eigentlich gar keine Zeit, darüber nachzudenken. Herrgott, man wacht eines Tages auf, und alle sind tot. Ich drehe den Kopf und spucke einen weiteren schwarzen Strahl Blut aus.
    »Hör zu, mein Freund«, sage ich und versuche, meiner Stimme einen ruhigen Klang zu verleihen. »Ich schwöre dir – nein, warte, schau mich an. Schaust du mich bitte an?« Er hebt ruckartig den Kopf, seine Augen sind groß und ängstlich, die Lippen unter dem schweren Schnurrbart zucken, und für eine Sekunde sind wir so etwas wie ein groteskes Liebespaar, wir schauen uns auf diesem kalten, nassen Platz in die Augen, mit dem Lauf einer Schusswaffe zwischen uns.
    »Ich weiß nicht, wo Nico ist. Ich weiß nicht, wo Skeve ist. Aber ich könnte dir vielleicht helfen, wenn du mir erzählst, was du weißt.«
    Er denkt darüber nach, sein angsterfüllter innerer Widerstreit spiegelt sich in seinen großen, traurigen Auge n, sein Mund ist leicht geöffnet, er atmet schwer. Und dann sagt er plötzlich und zu laut: »Du lügst. Du weißt es. Nico hat gesagt, ihr Bruder hätte da so einen Plan, einen geheimen Polizistenplan …«
    »Was?«
    »Derek da rauszuholen …«
    »Was?«
    »Nico sagt, ihr Bruder hätte so einen Plan, er würde ihr einen Wagen besorgen …«
    »Langsam … Moment …«
    Der Regen prasselt.
    »Und dann wird Derek erschossen, ich komme nur mit knapper Not raus, und als ich draußen bin, ist sie nirgends.«
    »Ich weiß nichts von alledem.«
    »Doch, du weißt es.«
    Ein kaltes, metallisches Klicken, als er den Sicherungshebel umlegt. Ich schreie zweimal auf und klatsche in die Hände, der Schnurrbartmann sagt: »Hey …«, dann ertönt ein wildes Kläffen von der zur Straße gelegenen Seite des Platzes, er dreht den Kopf dorthin, ich hebe die Hände und stoße sie ihm hart ins Gesicht, und er taumelt zurück und landet auf dem Hintern. »Scheiße«, sagt er vom Boden her, und ich ziehe meine Waffe und ziele genau auf seinen dicken Rumpf, aber die plötzliche Bewegung hat mich aus dem Gleichgewicht gebracht, es ist dunkel, mein Gesicht ist patschnass, ich sehe wieder doppelt, und ich ziele offenbar auf den Falschen, denn der Tritt kommt aus dem Nichts – er holt mit den Füßen weit aus und erwischt mich an der Ferse, und ich falle wie eine mit Seilen umgestürzte Statue. Ich rolle mich herum, schaue mich wild auf dem Platz um. Nichts. Stille. Regen.
    »Mist.« Ich setze mich auf, hole mein Taschentuch heraus und drücke es mir an die Lippe. Houdini kommt herbei und bleibt vor mir stehen, tänzelt hin und her, knurrt zärtlich, und ich strecke die Hand aus und lasse ihn daran schnuppern.
    »Er lügt«, erkläre ich dem Hund. Weshalb hätte Nico so eine abstruse Geschichte über mich erzählen sollen, dass ich einen Plan für einen Gefängnisausbruch hätte? Woher sollte sie einen Wagen kriegen?
    Das Problem ist, Leute wie dieser Kerl haben nicht genug Grips, um zu lügen. Leute, die wirklich glauben, dass die Regierung der Vereinigten Staaten im Verlauf des letzten halben Jahrzehnts heimlich ein Gewirr

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