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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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über den Symbionten, der Wunden heilte und vielleicht auch vor Infektionen schützte. War sie deshalb von biologischer Kontamination bedroht?
    »Die Entfernung beträgt … fünfzig Kilometer.«
    »Das ist absurd!«, entfuhr es Xavius. »Wir sind seit einer ganzen Weile auf dem Fluss unterwegs. Die Distanz zu dem Minerva-Stützpunkt müsste sich verändert haben.«
    Laurania ließ den Navigator sinken. »Ich fürchte, das Gerät ist defekt.«
    Xavius schaute über den Fluss zwischen den beiden hoch aufragenden dunklen Wänden des Waldes, während die Worte langsam ihre Wirkung in ihm entfalteten. Laurania nahm neben ihm Platz und schlang die Arme um die Knie. Das improvisierte Floß drehte sich langsam, während es in der Mitte des Midon trieb.
    »Kennen Sie sich hier aus?«, fragte Xavius, obwohl er die Antwort ahnte. »Können Sie uns zu Minerva bringen?«
    »Pribylla kannte sich hier aus. Ich stamme wie sie von Bluestone, bin aber nur selten im Wald unterwegs gewesen, und immer nur für kurze Zeit. Mit einem präparierten Kommunikator könnte ich vielleicht geschützte Signale senden, in der Hoffnung, dass sie von einem unserer Stützpunkte empfangen werden.«
    Das brachte Xavius auf eine Idee. »Ich könnte Ihnen einen Teil meines Schwarms übertragen. Den Teil, mit dem sich Kommunikationsverbindungen herstellen lassen.«
    Laurania schüttelte sofort den Kopf. »Ich will Ihre Maschinen nicht!«, sagte sie voller Abscheu. »Und außerdem, ich wüsste gar nicht, wie man mit ihnen umgeht.«
    »Ich könnte ein Signal senden. Allerdings ein ungeschütztes.« Das war keine gute Idee, wusste er, und Laurania bestätigte es.
    »Die Soldaten des Enduriums würden es empfangen. Innerhalb weniger Minuten wäre ein Kanonenboot hier.«
    Xavius blickte zum heller werdenden Himmel empor. Einige letzte Sterne zeigten sich, hier und dort ein paar Wolkenschleier und sonst nichts. Aber dort oben, in der Umlaufbahn, gab es aufmerksame Augen und Ohren.
    »Ich frage mich ohnehin, wieso man uns bisher in Ruhe gelassen hat«, fuhr Laurania fort. »Ich meine, dieser Maschinenspion …«
    »Der Lokalisator.«
    »Ja. Er hat bestimmt etwas gesendet, bevor Sie ihn zerstört haben. Die Kommunikationsspezialisten des Enduriums müssten in der Lage gewesen sein, die Signale anzupeilen.«
    »Vielleicht hat uns dieser Fluss schnell genug fortgetragen.« Xavius erinnerte sich an die Stromschnellen.
    »Mag sein. Aber was ist mit Infrarotdetektoren und Orbitalüberwachung? Der Lokalisator hat dem Endurium zweifellos mitgeteilt, wo wir uns befanden, und als Fluchtweg kam nur der Fluss infrage. Was liegt näher, als den Fokus automatischer Detektoren auf den Midon zu richten?« Laurania zeigte nach oben. »Die Soldaten wissen, wo sie nach uns suchen müssen. Man sollte meinen, dass uns selbst die vielen Biosignaturen des Waldes nicht vor Entdeckung schützen können.«
    »Also?«
    »Ich schließe daraus, dass man uns absichtlich in Ruhe lässt. Das Endurium weiß nicht, dass wir ohne Ziel unterwegs sind. Vermutlich hoffen die Beobachter, dass wir einen Minerva-Stützpunkt erreichen. Oder dass von dort aus Hilfe für uns eintrifft.« Laurania seufzte leise. »Ich fürchte, das ist unsere einzige Hoffnung. Wir überwachen die Kommunikation von Bluestone. Es wäre durchaus möglich, dass eine unserer Basen die Signale des Lokalisators ebenfalls empfangen hat. Möglicherweise ist Hilfe unterwegs.«
    »Und wenn sie eintrifft, schnappt die Falle zu?«
    »Darauf könnte es hinauslaufen«, sagte Laurania. Sie stützte das Kinn aufs Knie und blickte über den Fluss.
    »Klingt ziemlich hoffnungslos.«
    Ein flüchtiges Lächeln huschte über Lauranias Lippen. »›Erlosch einer Hoffnung Schimmer, lass nur der Zeit ihren Lauf; begrabene Hoffnung steht immer als Weisheit wieder auf.‹«
    »Wie bitte?«, fragte Xavius verwirrt.
    »Es bedeutet, dass es immer Hoffnung gibt. Sie haben mich nie gefragt, welche Funktion ich bei Minerva innehabe, Xavis.«
    Xavis. Sie sprach ihn mit dem Vornamen an. Wie seltsam. Er blinzelte.
    »Ich gehöre zu den Kustoden«, sagte Laurania. »Wir versuchen zu bewahren, was einst auf der Erde existierte.«
    »Das Endurium …«, begann Xavius.
    »Ich meine all die Dinge, die es im Endurium nicht mehr gibt, oder die dort nur noch verstümmelt existieren. Kunst. Literatur. Was Sie eben gehört haben, waren die Worte eines Dichters, der knapp zweihundert Jahre vor dem Kollaps auf der Erde lebte. Und bitte fragen Sie jetzt nicht: Was nützt

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